Für die effiziente Energieversorgung auf Basis von grünem Wasserstoff müssen Erzeuger und Speicher für die Energieversorgung von Haushalten, Unternehmen und Infrastrukturen effizient in ein Gesamtsystem eingebunden werden. Das funktioniert nur über die direkte Gleichstrom-Kopplung.
Wie sich dies in der Praxis umsetzen lässt, wird im Projekt »MarrakEsH« (Modulare, regenerative und autarke Energieversorgung mit H2-Technik) erforscht. Hier arbeiten sechs Partner aus Forschung und Industrie an der Entwicklung und praktischen Erprobung neuer Technologien für die autarke Energieerzeugung und -speicherung mit grünem Wasserstoff. Die Laufzeit des Projekts erstreckt sich von Oktober 2023 bis September 2026.
Im Zentrum steht dabei die direkte DC-Kopplung. Denn mit ihrer Hilfe lässt sich die Effizienz und Leistungsdichte des Gesamtsystems bestehend aus der Energieversorgung mit grünem Wasserstoff plus der Einbindung verschiedener Energieerzeuger und -speicher, wie PV-Anlagen, Batterien und Brennstoffzellen, deutlich erhöhen. Außerdem sinken gegenüber konventionellen Systemen, in denen der Energieaustausch über Wechselspannung erfolgt, die Kosten deutlich. Weil die neue Technik der Gleichstromnetze – ermöglicht durch die Fortschritte in der Halbleitertechnik, insbesondere der Leistungselektronik – für die industrielle Produktion und in Gebäuden so viele Vorteile bringt und ein wesentliches Element der Energiewende bildet, veranstaltet die Markt&Technik dazu einen dedizierten Kongress:
DC-Konferenz: Gleichstromnetze für die Industrie |
---|
Die Markt&Technik veranstaltet am 23. Oktober im Holiday Inn München die »DC-Konferenz: Gleichstromnetze für die Industrie«, powered by ODCA. Die im November 2022 gegründete (Open Direct Current Alliance) hat sich zum Ziel gesetzt, die DC-Microgrids aufgrund ihrer vielen Vorteile schnell in die industrielle Produktion zu bringen. Auf der DC-Konferenz können sich die Teilnehmer anhand von Vorträgen aus der Praxis ein Bild davon machen, welche Komponenten für den Aufbau eines Gleichstromnetzes in der Produktion erhältlich sind, wie sich Gleichstromnetze schon heute in der Praxis aufbauen lassen, aber auch wo gegenwärtig noch Hürden liegen und wie sie überwunden werden können. |
Damit die DC-Kopplung in der Praxis umgesetzt werden kann, müssen effektive DC/DC-Wandler zur Verfügung stehen, die es bisher noch nicht gibt. Deshalb wird im Rahmen von »MarrakEsH« ein DC/DC-Wandler auf Basis moderner Galliumnitrid-Leistungshalbleiter mit einer Schalfrequenz von bis zu 2 MHz entwickelt.
Diese und weitere Herausforderungen bearbeitet im Projekt »MarrakEsH« ein Konsortium, dem folgende Unternehmen und Organisationen angehören: GKN HYDROGEN, Proton Motor Fuel Cell, Würth Elektronik eiSos, Infineon Technologies, der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und dem Fraunhofer IEE.
GKN HYDROGEN übernimmt federführend die Integration auf Gesamtsystemebene und ermöglicht hierdurch die Industrialisierbarkeit. Das Unternehmen erwartet durch die neuartige Wandlerarchitektur eine deutliche Effizienzsteigerung für das Gesamtsystem. Darüber hinaus optimiert GKN HYDROGEN eine neuartige Metallhydrid-basierte Wasserstoff-Speicher-Einheit, in dem die Speicherkapazität erhöht und die Kosten gesenkt werden. Der Metallhydrid-basierte H2-Speicher kann durch höhere Betriebstemperaturen effektiver entladen werden. »Durch das Projekt erhalten wir weitere, wichtige Erkenntnisse zum Verhalten unserer Speicher. Im Sinne unserer Philosophie, der kontinuierlichen Verbesserung fließen diese Erkenntnisse direkt in die Entwicklung neuer Wasserstoff- und Energiespeicherlösungen ein und sind somit Teil unserer Entwicklungsstrategie«, so Gottfried Rier, CTO der GKN Hydrogen.
Für das optimale Zusammenspiel mit der Metallhydrid-basierten H2-Speicher-Einheit entwickelt Proton Motor Fuel Cell eine neue Generation von Brennstoffzellen. Die thermischen Verluste aus der Brennstoffzelle werden hier, im Gegensatz zu konventionellen Systemen, genutzt, um den Wasserstoff aus dem Metallhydrid des H2-Speichers zu lösen. »Durch diesen Ansatz lassen sich die einzelnen Teilsysteme eines solchen dezentralen Brennstoffzellen-Systems kleiner, leichter, effizienter und kostengünstiger herstellen, was eine dringende Voraussetzung für die Nutzung von Wasserstofftechnologien bei kleineren Leistungen darstellt«, erklärt Sebastian Goldner, CTO und COO von Proton.
An der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS) wird ein flexibles, intelligentes Energiemanagement entwickelt, um die Energieflüsse zwischen elektrischen Energieerzeugern, -speichern und -verbrauchern optimal zu steuern und zusätzlich eine effiziente Nutzung der Systemabwärme zu gewährleisten. »Durch innovative und effiziente Energiemanagement-Algorithmen wird eine optimierte und zuverlässige Betriebsführung bei volatiler regenerativer Primärenergie realisiert«, erläutert Prof. Tanja Clees, Professorin für Ingenieurwissenschaften, mit den Schwerpunkten Ingenieurinformatik, Modellbildung und Simulation.
Zum anderen wird die H-BRS ein skaliertes Labormuster des MHz-DC/DC- Wandlers entwickeln, der zur DC-Kopplung der unterschiedlichen Energieerzeuger und -speicher erforderlich ist.
Prof. Dr. Marco Jung, der die Professur für Elektromobilität und elektrische Infrastruktur mit dem Schwerpunkt Leistungselektronik innehat und die Abteilung Stromrichter und elektrische Antriebssysteme am Fraunhofer IEE leitet, sagt dazu: »Durch die frühzeitige Entwicklung und Untersuchung eines ersten skalierten Labormusters können Herausforderungen und Effekte, die durch die Schaltfrequenzen im MHz-Bereich auftreten, untersucht und bewertet werden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen fließen direkt in den entsprechenden Demonstrator ein, der am Fraunhofer IEE entwickelt wird.«
Das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE konzipiert im Rahmen des Projekts den Demonstrator eines DC/DC-Wandlers mit einer Schaltfrequenz von bis zu 2 MHz, der als Schnittstelle zur Anbindung von Brennstoffzelle und Elektrolyseur an das autarke Energieversorgungsystem dient. »Durch die angestrebte sehr hohe Schaltfrequenz wird es möglich, einen sehr kompakten DC/DC-Wandler zu realisieren. Durch die vergleichsweise hohe Systemleistung wird dies jedoch nur durch die Verwendung neuester Technologien in den Bereichen magnetischer Komponenten, Leistungshalbleiter und Controller zu erreichen sein«, erklärt hierzu Dr. Sebastian Sprunck, Gruppenleiter Bauelemente und Messsysteme am Fraunhofer IEE.
Würth Elektronik eiSos wird die magnetischen Komponenten entwickeln, die für die leistungselektronischen Wandler zur Anbindung der Energiequellen und ‑speicher benötigt werden. »Durch die Verwendung geeigneter magnetischer Materialien und optimiertem Design werden der Materialaufwand und die Verluste der passiven induktiven Komponenten insgesamt minimiert und dadurch ihre Effizienz und Wirtschaftlichkeit erhöht«, sagt Cem Som, VP Würth Electronics Midcom Europe. »Dies ist für die angestrebte Leistungsklasse und die notwendigen hohen Schaltfrequenzen besonders herausfordernd.«
Infineon Technologies übernimmt die Koordination des Projekts und wird die für die leistungselektronischen Wandler nötige Hochleistungs-Controller-Hardware sowie Leistungstransistoren aus Silizium und Galliumnitrid beisteuern. Im Rahmen des Projekts wird die Firmware der Controller entwickelt und so angepasst, dass sie den Betrieb der Wandler mit Schaltfrequenzen von bis zu 2 MHz ermöglicht. »Eine Hochleistungs-Controller-Hardware mit passender, flexibel für verschiedene Konfigurationen optimierter Firmware in Kombination mit verlustarmen Leistungsschaltern aus Galliumnitrid ermöglicht die Realisierung von sehr effizienten und extrem kompakten leistungselektronischen bidirektionalen Wandlern«, erklärt Dr. Christian Burrer, VP Application Marketing EPIC.