Leserbriefe

»Autarkie wäre politischer Fehler«

19. März 2012, 9:33 Uhr | Heinz Arnold
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Fortsetzung des Artikels von Teil 14

Speicherfähigkeit ist ein Schlüssel zur Autarkie – und Freibeutertum in den Augen der Energiekonzerne

Ein Studienkollege kam als Physikabsolvent vom Vorstellungsgespräch im ABC-Konzern zurück und konnte sich gar nicht mehr einkriegen über das, was er dort zu hören bekam: Man suchte einen Photovoltaik-Beauftragten, der die staatlich geförderten Projekte betreuen sollte - auch wenn klar wäre, dass dabei nichts rauskommen könne. Immerhin hat sich diese Technologie in den folgenden 30 Jahren zu einem veritablen Wirtschaftszweig gemausert.

Seitdem muss ich immer schmunzeln, wenn ausgerechnet die Versorger Tipps zum Energiesparen verteilen und mit der Umlage für Erneuerbare Energien die intransparenten Preiserhöhungen rechtfertigen oder unter Androhung endzeitartiger Ausfallszenarien, wie von der Netzagentur beschworen, Investitionsförderung für den smarten Netzausbau abgreifen möchten bzw. mit smarten Zählern direkt auf das Kundenkonto zugreifen und wenn das erschöpft ist, den Strom ohne physischen Konflikt einfach fernabschalten so wie das bereits in den Slums von Schwellenländern gern praktiziert wird. Das Smart Metering könnte ja durchaus Sinn machen, wenn attraktive Niedriglast-Tarife angeboten würden, aber davon ist erst mal gar nicht die Rede - lieber zahlt man den Großverbrauchern noch für die gnädige Abnahme des übeschüssig erzeugten Stroms. Es könnte ja sein, dass man eine Schnäppchenjagdlawine bei den Endverbrauchern lostritt, deren Marktdynamik den Wettbewerb womöglich unwiderruflich anheizt und damit letztlich nur wieder die Renditen schmälert.

Hier wird ganz offensichtlich der Bock zum Gärtner. Der Interessenkonflikt ist doch offensichtlich: Je mehr Energie der Bürger einspart oder selbst erzeugen kann, desto weniger können die Energiekonzerne ihm in die Tasche greifen und ihre monopolistische Macht ausspielen, mit der auch Politiker erpressbar sind. Das Konzept solarer Selbstversorgung muss in deren Augen so eine Art Freibeutertum sein. Schade nur, dass man bei Sonnenschein eher weniger Energie braucht. Insofern wäre eine ausreichende Speicherfähigkeit für schattige Tage in der Tat ein Schlüssel zur Autarkie.

Wenn man bedenkt, dass fast ein Drittel der erzeugten Energie auf dem Weg zum Endverbraucher verloren geht, macht es um so mehr Sinn, die Energie vor Ort zu speichern. Dazu gibt es bereits hoffnungsvolle Ansätze wie elektrolytische Umwandlung von Wasser und Kohlendioxid zu Alkohol, der in den alten Öltanks eingekellert werden könnte, um damit zu heizen und zu fahren, ohne die Kühlklimmzüge und Verpuffungsrisiken der reinen Wasserstoff-Bevorratung oder um in einer Brennstoffzelle Strom zurückzugewinnen, der in einem Superakku oder Superkondensator etwa auf der Basis von Carbon-Nanotube-Aerogel gepuffert werden könnte, um kurzfristig auch höhere Leistungen abzurufen. In derartigen Technologien schlummert sicherlich mehr Potenzial zur Energiewende als im "Smart Metering" oder womöglich noch supraleitenden "Smart Grids". Wenn sich die Energieriesen als Erfüllungsgehilfen der Energiewende empfehlen, dann drängt sich der Verdacht auf, dass sie damit versuchen, das Pfründe-Heft so lange wie möglich in der Hand zu halten.

Hans Diesing

umc.diesing@yahoo.de




  1. »Autarkie wäre politischer Fehler«
  2. Erzeugung und Verbrauch regionalisieren!
  3. Alle Beteiligten müssen zusammen arbeiten
  4. Solarthermie völlig unterbewertet!
  5. Wir müssen alle Bausteine nutzen
  6. Speicher für elektrische Energie sind Unsinn
  7. Gegen die Monopolstruktur der Energiekonzerne!
  8. Die Steuerlast ist hoch, es besteht kein Interesse, sie zu senken
  9. Smart Grid nur eine Frage des Wollens!
  10. Niemand nennt die Kosten für Atomstrom
  11. Langfristig kommen Blockheizkraftwerke
  12. Intelligente Verbraucher plus Stromspeicher
  13. Nicht die Produktion der Last sondern die Last der Produktion anpassen!
  14. Nachbarn kaufen und verkaufen Strom untereinander
  15. Speicherfähigkeit ist ein Schlüssel zur Autarkie – und Freibeutertum in den Augen der Energiekonzerne
  16. Von einer Energiewende zu sprechen, ist vermessen und unsachlich
  17. Windgas ist die Lösung!
  18. Energiewende – nur durch Reduzierung des Energieverbrauchs
  19. Nur Deutschland traut sich – das ist gut!
  20. Erneuerbare Energiequellen nahe an den Verbrauchern!
  21. Ein langsamer, aber stetiger Umbau wäre besser
  22. Umstellung auf 70 Prozent regenerative Energie in 10 bis 20 Jahren möglich
  23. Innovationskraft der Ingenieure statt ideologische Parolen der Politiker

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