Bei Hochspannungs- und Isolationsprüfungen kann die kapazitive Wirkung des Prüflings zu großen Messabweichungen führen. Um die Isolationsqualität korrekt zu bewerten ist zwischen Wirkstrom und Gesamtstrom zu unterscheiden. Doch wie gelingen nun Präzise, normgerechte Durchschlagfestigkeitsprüfungen?
In unserer technisierten Welt ist der Mensch ständig umgeben von elektrischen Geräten und mitunter potenziell gefährlichen Spannungen und Strömen. Beispiele sind Batterien in der E-Mobilität, PV-Anlagen, Leitungen/Kabel, Haushaltsgeräte, Netzteile sowie im beruflichen Umfeld industrielle Anlagen, Installationen, Maschinen etc. Umso wichtiger sind für all diese Geräte entsprechende, umfassende Sicherheitsprüfungen, um Risiken zu minimieren und den sicheren Betrieb dieser Geräte zu gewährleisten. Ein Spezialist für Testgeräte zu verschiedenen Sicherheitsprüfungen ist der französische Hersteller Sefelec (Teil der Eaton-Gruppe). Einige Beispiele, die zum Teil auch in Normen beschrieben werden, sind Prüfung des Schutzleiterwiderstands, des Isolationswiderstands, Hochspannungsprüfung (Spannungsfestigkeitsprüfung/dielektrische Prüfung), Prüfung des Ableitstroms und andere.
Die Prüfung der Durchschlagsfestigkeit dient dazu, die Isolierelemente von Bauteilen und verschiedenen Unterbaugruppen von elektrischen Ausrüstungen zu prüfen und zu kontrollieren, ob die Kriechstrecken – entweder zwischen den Punkten oder zwischen den Punkten und Masse – der verwendeten Technologie entsprechend angemessen bemessen sind.
Das Prinzip der Hochspannungsprüfung besteht darin, zwischen den definierten Punkten eine Spannung (Gleich- oder Wechselspannung) anzulegen und nach Stabilisierung der Spannung zu prüfen, ob durch Durchschlagphänomene oder Spannungsüberschläge (in der Luft oder in den isolierenden Materialien) der verursachte Kriechstrom nicht über dem zulässigen Nennwert liegt. Die Einstufung als Fehler wird durch Analyse von Form, Amplitude und Haltezeit des vom Generator an das zu prüfende Element gelieferten Stroms und durch Vergleich mit einem festgelegten Sollwert bestimmt.
Bei der Prüfung der Durchschlagfestigkeit (englisch Hipot-Test) unter Wechselspannung können Messprobleme aufgrund der kapazitiven Wirkung bestimmter zu prüfender Betriebsmittel auftreten, zum Beispiel ummantelte elektrische Kabel, Kondensatoren, Isoliermaterial oder Schutzausrüstungen und elektronische Betriebsmittel. Bei einem Kondensator ist dieser Effekt auf die Art und Funktion des zu prüfenden Bauteils zurückzuführen, bei anderen Betriebsmitteln auf deren Beschaffenheit.
Am Beispiel eines einadrigen Stromkabels lässt sich erkennen, dass es sich bei 50 oder 60 Hz konstruktionsbedingt wie ein Kondensator verhalten kann. Die Isolierung, aus der es besteht, trägt zur kapazitiven Störwirkung bei, die zwischen der Kabelader und ihrer äußeren Abschirmung entsteht. Diese Störkapazität wird in der Regel in linearen Größen ausgedrückt, wobei die verwendete Einheit ein Teil eines Farad pro Kilometer (µF/km) ist. Der Wert bei einem gleichwertigen Kondensator im Falle eines einadrigen geschirmten Kabels ist
C = (Ɛ0 * Ɛr) / (18 * ln (D/d))
wobei ε0 die elektrische Feldkonstante (8,85 * 10-12 F/m) und εr die relative Permittivität des Isolators ist, zum Beispiel 2,25 für Polyethylen.
Kabel oder Kabelbäume werden bei ihrer Herstellung zahlreichen Arbeitsschritten unterzogen, z. B. Crimpen von Steckern, Lasermarkierung, Biegen usw., wodurch sich die Qualität ihrer Isolierung verschlechtern kann. Sie müssen daher zur Validierung ihrer Verwendung Festigkeitstests unterzogen werden. Kabelbäume, die im Eisenbahnwesen und in der Luftfahrt verwendet werden, können mehrere hundert Meter lang sein und weisen daher auch einen erheblichen kapazitiven Effekt zwischen jedem Draht und seiner Umgebung auf. Dies führt unter Umständen zu größeren kapazitiven als resistiven Strömen. Daher ist es unerlässlich, die Messung der beiden Ströme zu trennen, um den Isolationswiderstand des Kabelbaums korrekt zu bestimmen.
Bei einer Durchschlagsprüfung geht es darum, den ohmschen Ableitstrom durch einen Isolator zu messen. Wie beschrieben kann aber auch ein kapazitiver Störeffekt auftreten, der einen Ableitstrom erzeugt. Dieser sollte bei der Charakterisierung der dielektrischen Qualität des zu prüfenden Betriebsmittels nicht berücksichtigt werden.
Der gemessene Gesamtstrom ist das Ergebnis der Vektorsumme der beiden Ströme: Resistiver Strom, genannt Wirkstrom und kapazitiver Strom, genannt Blindstrom. Das Anlegen einer AC-Durchschlagfestigkeitsprüfspannung an ein kapazitives Element wie ein Kabel erzeugt einen Blindstrom, der um 90° phasenverschoben zur angelegten Spannung ist. Der ohmsche Ableitstrom ist in Phase mit der Spannung.
Der Ableitstrom, der von den meisten Durchschlagfestigkeitsprüfgeräten gemessen wird, ist die Vektorsumme (Quadratwurzel aus der Summe der Quadrate) von Blindstrom (kapazitiver Strom) und Wirkstrom (resistiver Strom). Der resistive Strom hängt vom Isolationswiderstand und der an den Prüfling angelegten Spannung ab. Wenn die kapazitiven Ströme größer sind als die resistiven, ist es unerlässlich, die Messung der beiden Ströme zu trennen, um den Isolationswiderstand des zu prüfenden Betriebsmittels, z. B. eines Kabelbaums, korrekt zu bestimmen.
Aufgrund des Ungleichgewichts zwischen dem kapazitiven (hohen) und dem resistiven (niedrigen) Stromwert kann die Verdopplung des resistiven Stroms nur einen Anstieg des Gesamtstroms um 1 % bewirken und ist daher möglicherweise nicht erkennbar, wenn nicht jeder Strom separat gemessen wird.
Um nicht zwischen Blind- und Wirkströmen unterscheiden zu müssen, können Durchschlagfestigkeitsprüfungen mit einer Gleichspannung durchgeführt werden. Der Vorteil dieser Methode besteht darin, dass der Einfluss des Blindstroms nur während der Ladephase auftritt, während nach Erreichen der Spannung nur noch der mit dem Isolationswiderstand des Kabels verbundene resistive Strom fließt.
Es gibt jedoch einige Nachteile bei der Durchführung von DC-Durchschlagfestigkeitsprüfungen, von denen im Folgenden einige Beispiele genannt werden:
• Die Normen erlauben nicht immer eine Prüfung mit Gleichspannung.
• Die Gleichspannungen müssen höher sein als die Wechselspannungen (Verhältnis 1,414).
• Die Prüfungen werden mit nur einer Polarität durchgeführt und sind daher weniger belastend als bei Wechselstrom.
• Die Messgeräte müssen zwischen Ladestrom und Beharrungsstrom unterscheiden.
• Das Kabel oder Betriebsmittel muss nach der Prüfung entladen werden.
AC-Durchschlagfestigkeitsprüfungen sind daher vorteilhaft, wenn die Messgeräte in der Lage sind, zwischen resistiven und kapazitiven Strömen zu unterscheiden.
Die Serie Sefelec 5x mit Einzel- und Multifunktionsmessgeräten ermöglicht Prüfungen der AC- oder DC-Spannungsfestigkeit. Dank der Leistungsfähigkeit ihres Messkerns und ihres großen Touchscreens zeigen alle Modelle den Gesamtstrom und den Wirkstrom an. Es ist natürlich möglich, die IMAX-Erkennungsschwellen auf einen der beiden Ströme (Wirk- oder Gesamtstrom) einzustellen.
Die Modelle Sefelec 56/506 (Tester für dielektrische Durchschlagfestigkeit / Hipot-Tester) haben die Spannungsbereiche 100…6000 V DC bzw. 100…5000 V AC. Die Modelle Sefelec 56/506H (Dielektrik-Meter / Kombination Hipot- und Isolations-Tester) arbeiten mit einer Leistung von 50 VA, die Erkennungsschwelle kann im Bereich von 0,001…9,999 mA in 1-μA-Schritten eingestellt werden. Die Variante Sefelec 56/506 (elektrische Sicherheits-Tester / Kombination Hipot-, Isolations-Tester/Megaohm-Meter und Erddurchgangs-/Masse-Kontinuitäts-Tester) arbeitet mit einer Leistung von 500 VA, die Erkennungsschwelle kann von 0,01…110 mA in 10-μA-Schritten gewählt werden. Der Unterschied zwischen den 56- und 506-Varianten liegt in einigen technischen Daten wie Leistungsbereich und IMAX-Erkennungsschwellen für Wirk- und Gesamtstrom. Alle Varianten haben einen 7“/17,8-cm-Touchscreen sowie Ethernet, RS232, USB und SPS Standard-Schnittstellen. Sie bieten volle Konformität zur Sicherheitsnorm IEC 61010-2-034 für Isolations- und Durchschlagfestigkeits-Messgeräte. Zusätzliche Funktionen wie programmierbare Anstiegs-/Halte-/Abfallzeiten, Multi-Festigkeit oder Datenprotokollierung in festgelegten Abständen sind bei der Serie 5x ebenfalls verfügbar. Die Winpass-MX-Software ermöglicht die PC-basierte Steuerung des Geräts und die Erstellung individueller Berichte.
Die Autoren: Cédric Schlosser ist Vertriebs- und Serviceleiter / Sales and Service Manager der Sefelec GmbH, Ernst Bratz ist technischer Marketing Manager bei Meilhaus Elektronik