Interview / Kai Scharrmann, Hioki Europe

»Habt mehr Mut zur Digitalisierung!«

2. März 2023, 17:00 Uhr | Nicole Wörner
Kai Scharrmann, Hioki:
Kai Scharrmann, Hioki: »Studien besagen, dass Kunden, die sich online informieren, bereits zu 60 Prozent eine Kaufentscheidung getroffen haben, bevor sie überhaupt schauen, wo sie es kaufen können. Dieser Trend wird sich vermutlich in der Zukunft noch verschärfen.«
© Hioki Europe

Die Frage nach dem Für und Wider des direkten oder indirekten Vertriebs wird in der Messtechnik schon lange diskutiert. Doch erreicht man die Kunden damit wirklich? Nach Überzeugung von Kai Scharrmann, Hioki, kommt ein weiterer Vertriebskanal immer stärker auf, den es dringend zu adressieren gilt.

Markt&Technik: Als Hersteller von Messtechnik ist Hioki natürlich ein fester Begriff. Dennoch war Hioki lange Jahre nur wenig präsent auf dem europäischen Markt – bis es 2017 seine Europazentrale in Deutschland eröffnete. In einem Interview, das ich damals mit Hioki-Europe-Gründer Jim Shimizu und Manabu Watanabe, Geschäftsführer von Hioki Europe, führen durfte, sprachen die beiden Herren davon, dass Hioki lange Zeit die Nähe zum europäischen Markt gefehlt habe. Hat sich das mittlerweile geändert?

Kai Scharrmann, Vertriebsleiter Hioki Europe: Ein Blick auf unsere Umsatzzahlen in Europa zeigt, dass sich seither schon einiges bewegt hat. Dennoch: Hioki macht rund 80 Prozent seines Umsatzes nach wie vor in Asien, vor allem in Japan, Südkorea und China. Solange Europa mit diesem riesengroßen Markt lediglich fünf Prozent zum Gesamtumsatz beiträgt, wäre es vermessen zu sagen, wir hätten eine Nähe zum Markt. Aber wir sind auf einem guten Weg.

Im Gegensatz zu vielen Ihrer Mitbewerber vertreiben Sie Ihr Portfolio ausschließlich über Vertriebspartner, also über Katalogdistributoren und Fachhändler. Warum?

Auch hier geht es um die Nähe zum Markt. Wir wollen in kurzer Zeit sichtbar werden, schnell skalieren und unsere Produkte gut vermarktet bekommen – dabei kommt man um den indirekten Vertrieb nicht herum. Einen guten Direktvertrieb aufzubauen, dauert oft Jahre oder gar Jahrzehnte – es gibt traditionsreiche deutsche Messtechnik-Unternehmen, die etliche Jahre dafür gebraucht haben. Doch wir wissen natürlich, dass wir in Europa zu lange unsichtbar waren. Das aufzuholen geht nur über den indirekten Vertrieb.

Erreichen Sie damit alle Ihre potenziellen Kunden?

Diese Frage mit „ja“ zu beantworten, wäre eine gewagte Aussage. Aber auch hier sind wir auf dem richtigen Weg. Wir erleben immer wieder, dass Kunden verwundert sind, uns hier in Europa persönlich anzutreffen – während sie Hioki-Geräte immer noch in den USA oder in Japan kaufen. Es ist also unsere erste Aufgabe, die Kunden wissen zu lassen, dass sie die Produkte auch hier in Deutschland beziehen können. Dabei hilft die Zusammenarbeit mit einem Vertriebspartner wie beispielsweise Meilhaus sehr. Zudem sind wir in unserer Europazentrale nahe Frankfurt aktuell mit inzwischen über 20 Mitarbeitern für die Kunden im Einsatz. Und wir sprechen alle ganz viel Deutsch, da braucht niemand Berührungsängste zu haben. (lacht)

Sie erwähnen die – erst im Herbst 2022 geschlossene – Vertriebspartnerschaft mit Meilhaus. Was hat zu der Entscheidung geführt, Ihr Vertriebsnetz auszuweiten?

Der Grund, warum wir auf Meilhaus zugegangen sind, war die Kompetenz und die Art und Weise, wie das Unternehmen den Vertrieb angeht. Meilhaus ist ein etablierter Messtechnik-Vertriebspartner in Deutschland, mit einer für uns sehr interessanten Kundenbasis. Die Produktportfolios ergänzen sich, es gibt kaum Überlappungen. Das macht es besonders interessant für uns – beiderseits. Denn hier kommt es zum so genannten Cross Selling: Kunden sprechen mit uns über unsere Produkte, brauchen aber auch noch etwas anderes – was es dann im besten Fall im Meilhaus-Portfolio gibt.

Bei einem Fachhändler stehen Sie in direkter Konkurrenz zu den Produkten Ihrer Mitbewerber. Wie erlangen Sie hier die nötige Aufmerksamkeit? Provokativ gefragt, wie bringen Sie den Distributor dazu, das Hioki-Gerät und nicht das des Mitbewerbers anzubieten?

Das ist eine schwierige Frage. Wir haben schon erlebt, dass wir einen Lead für ein Hioki-Produkt an einen Vertriebspartner gegeben haben, um dann zu erfahren, dass das Konkurrenzprodukt verkauft wurde. Grundsätzlich haben wir damit kein Problem, denn es kann ja sein, dass der Vertriebspartner mit unserem UND einem Wettbewerberprodukt zum Kunden gegangen ist. Wenn der Kunde dann die Chance hat, zu entscheiden, welches Produkt er kaufen möchte, ist das für uns in Ordnung. Problematisch wird es, wenn der Vertriebspartner gar nicht unser Produkt, sondern NUR das des Mitbewerbers anbietet. Aber solche Fälle sind eher selten. Und das ist ja das Schöne im indirekten Vertrieb: Das Interesse des Distributors ist es – oder sollte es zumindest sein – die für den Kunden beste Lösung anzubieten. Das ist seine Kompetenz. Und für uns ist es dann wie so oft im Leben - mal gewinnt man, mal verliert man.

Sind Kunden eigentlich zufrieden mit einem Vertriebspartner? Oder möchten sie nicht eher den direkten Kontakt zum Hersteller?

Das A und O ist das Zusammenspiel zwischen Vertriebspartner und Hersteller. Wir müssen dem Kunden vermitteln, dass er ja auch mit dem Hersteller spricht, wenn er mit dem technischen Distributor redet. Und wo der Kunde uns explizit dabeihaben möchte, da gehen wir natürlich auch mit dem Vertriebspartner zusammen hin.

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