Zur Fehleridentifikation einfach eine Pille einwerfen – so klein wie ein Bonbon kann der wasserdichte IoT-Sensor die Eigenschaften von Flüssigkeiten auch im Körper zuverlässig messen. Das kann bei der Identifikation von Krankheiten helfen.
Klagen Patienten über Schmerzen im Bauchraum, führt meist kein Weg an einer aufwendigen und meist unangenehmen Magen- oder Darmspiegelung vorbei. In solchen Fällen kann die elektrochemische Impedanzspektroskopie Abhilfe schaffen. Forschende am Fraunhofer IZM in Kooperation mit Micro Systems Technologies (MST) und der Sensry GmbH haben eine Diagnose-Pille entwickelt, die Krankheitsursachen beim Menschen im inneren des Körpers detektiert.
Die Impedanzanalyse wird verwendet, um die Eigenschaften eines Objektes oder einer Flüssigkeit zu bestimmen. Dabei werden verschiedenen Frequenzen von einer Elektrode durch das Objekt zu einer anderen Elektrode geschickt. Das resultierende Spektrum zeigt einen charakteristischen Fingerabdruck des Mediums. Wenn sich das Spektrum ändert, kann das bedeuten, dass das ein Hinweis auf Korrosion oder eine Krankheit sein. Bisher waren die Geräte für diese Methode zu groß und nicht mobil genug.
Die neue Diagnose-Pille ist ein kompakter und modularer IoT-Sensor, der Impedanzen messen und drahtlos übertragen kann. Folglich ist er nicht nur wasserdicht, sondern auch biomedizinisch kompatibel.
Der Sensor besteht aus einem bioverträglichen Polymer und vereint auf gerade mal 11 mal 16 Quadratmillimetern die zwei notwendigen Elektroden mit zahlreichen Komponenten für die Analyse von Umgebungseigenschaften, darunter sechs Sensoren für die Messung unterschiedlichster Daten. Neben Temperatur, Druck und Luftfeuchtigkeit kann das kleine Medizin-System auch das eigene Beschleunigungsverhalten, die Rotation oder Umgebungsgeräusche erfassen. Licht und Farben können von einem integrierten Lichtsensor bestimmt werden.
Im Falle einer vermutetend Krankheit im Verdauungstrakt, kann der Sensor geschluckt werden und durchfließt dann das ganze System. Drahtlos werden in Echtzeit genaue Daten über den Zustand im Körperinneren an eine eigens entwickelte Software mit Webinterface für PC und Smartphone übertragen. Ist eine Stelle erreicht, an welcher der Druck oder das Flüssigkeitsspektrum von der Norm abweichen, ist das ein Indiz für die erfolgreiche Lokalisation der Problemursache. Zur erleichterten Einordnung der erhobenen Daten sind die Spektren einiger Flüssigkeiten bereits in der Software gespeichert.
Bei der Fertigung des Sensors stellte vor allem die starke Miniaturisierung der Bauteile eine große Herausforderung dar. Insbesondere die Verkleinerung des Spulendurchmessers auf 10 Millimeter für das drahtlose Laden war dabei eine Hürde. Durch ein ausgeklügeltes Systemdesign war es jedoch möglich, diese Herausforderung zu meistern. Zu Beginn des Projekts stellte die Sensry GmbH ihre Schaltpläne und die Firmware Kalisto als Grundlage für die Entwicklung des Sensors zur Verfügung.
Damit insgesamt über 70 passive und aktive Komponenten auf einer flexiblen und biokompatiblen Leiterplatte Platz finden, wurde diese aus einem Flüssigkristallpolymer konzipiert und von Dyconex vierlagig gefertigt. Dennoch ist sie gerade einmal 175 Mikrometer dünn und damit kaum dicker als ein menschliches Haar. Ein System-in-Package wurde auf einem sechslagigen Interposer hergestellt und bildet das Kernstück des Sensors, da dort das IoMT-System vereint ist. Für den drahtlosen Ladevorgang muss die Kapsel dank einer verbauten Induktionsspule nicht einmal geöffnet werden und kann drahtlos über Qi-Technologie geladen werden.
Drahtlose laden und Über eine Dockingstation für die Kalibrierung und Programmierung des Sensors ist aber auch ein klassischer DC-Ladeprozess möglich. Damit die sehr kleinen Komponenten beim Betrieb nicht zu heiß werden, ist der Sensor außerdem mit einem Epoxidharz gefüllt, das die Komponenten voneinander isoliert und die Wärme nach außen abführt. Am unteren Ende schließt sie mit einer 0,5 Millimeter dünnen vierlagigen Keramikplatte ab, welche in der MST-Gruppe, hergestellt wurde und auf welcher neben dem Drucksensor die Elektroden für die Impedanzspektroskopie montiert sind. Als Messedemonstrator zeigt der IoT-Sensor auf, wie durch intelligentes Systemdesign und Halbleiterpackaging Elektronik stark miniaturisiert werden kann, ohne Funktionalität zu verlieren. (uh)