In diesem Dilemma befinden sich viele Hersteller, so auch die Konkurrenz aus dem Stecker-Cluster Ostwestfalen-Lippe: Espelkamp, Sitz von Harting, wird selbst von der ostwestfälischen Konkurrenz liebevoll »Espelsibirsk« genannt, und von Blomberg, dem Hauptsitz von Steckverbinder- und Automatisierungsspezialist Phoenix Contact, fahren viele Mitarbeiter bis zu 50 Minuten, um von Bielefeld oder Paderborn in die Arbeit zu kommen. Denn recht viel mehr als eine überschaubare, wenngleich idyllische Altstadt mit wogenden Weizenfeldern und Pferdekoppeln drum herum gibt es eben auch in Blomberg nicht.
Auf dieses Dilemma hat die Würth-Führung proaktiv reagiert: Seit einiger Zeit gibt es einen Entwicklungsstandort in München-Garching. Bestimmte Stellenausschreibungen lauten nun: Am Standort Waldenburg oder München. Ach, und dann ständig zum Hauptsitz pendeln? »Nicht ständig. Und wir kommen auch gerne mal nach München«, wirbt Mathias Kalmbach.
Personalberater wie Renate Schuh-Eder wissen, dass nicht jeder Kandidat in diese typisch mittelständischen Strukturen hinein passt. Was im Übrigen auch keine Frage von »guter Arbeitgeber« oder »schlechter Arbeitgeber« sei: »Es gibt nicht gut oder schlecht. Es gibt nur passend oder nicht passend.«
Um dies heraus zu arbeiten, lassen Personalberater wie Schuh-Eder Consulting oder Adrian & Roth Personalberatung in Frage kommende Kandidaten gezielte Tests absolvieren, um ihre Stärken, Schwächen und auch Vorlieben herauszuarbeiten. Anhand dieses Profilings lasse sich erkennen, ob der Kandidat ein Konzern-Typ sei oder auch in mittelständischen Strukturen glücklich werden könnte.
Wie sehen die denn konkret aus, in der Verbindungstechnik? Schuh-Eder: »Das Produkt spielt dabei eigentlich keine Rolle. Mittelständler ticken ähnlich: familiäre Atmosphäre mit gelebten Traditionen und tendenziell kurze Entscheidungswegen. Gleichzeitig werden Entscheidungen von Inhabern manchmal auch mit einer gewissen Willkür getroffen. In der Regel hat man dafür eine höhere Arbeitsplatzsicherheit, da die Patriarchen in der Regel sehr verantwortungsvoll mit ihren Mitarbeitern umgehen. Natürlich kann das auch manchmal bedeuten, dass »starrere« Regeln und Prozesse in Bezug auf Arbeitszeiten, Homeoffice etc. vorherrschen – je nachdem wie die Einstellung des Inhabers dazu ist.«
Und die Arbeit selbst? »Ist meist breit und recht vielseitig aufgestellt. Über den Tellerrand hinaussehen und Verantwortung übernehmen ist angesagt! Ein Arbeiten im Konzern schaut definitiv anders aus, hier passt besser das Bild vom Rädchen im großen Uhrwerk«, ergänzt Schuh-Eder.