US-Präsident Donald Trump sprach schon lange von hohen Zöllen auf Chip-Importe und nennt jetzt deren Höhe: 100 Prozent. Unternehmen mit US-Investitionen sollen verschont bleiben.
Donald Trump hat mit Zöllen von 100 Prozent auf Chip-Importe in die USA gedroht - und gleich einen Weg aufgezeigt, wie man sie umgehen kann. Unternehmen müssten sich für Investitionen in den Vereinigten Staaten entscheiden, um davon ausgenommen zu werden, wie der US-Präsident bei einem Auftritt mit Apple-Chef Tim Cook sagte.
Trump nannte die Ausnahme eine »gute Nachricht für Unternehmen wie Apple«. Cook kündigte kurz davor an, die Investitionen in den USA um 100 Milliarden Dollar zu erhöhen. Mit dem Geld soll in den kommenden vier Jahren vor allem die Produktion von Bauteilen ausgebaut werden. Apple hatte im Februar bereits US-Investitionen von 500 Milliarden Dollar verkündet.
Halbleiter-Zölle ohne Ausnahmen für große Anbieter dürften quer durch die Bank die Preise für Elektronik in den USA erhöhen - denn die weitaus meisten Chips werden in Asien produziert. Vor allem die Halbleiter für das iPhone und andere Smartphones kommen fast ausschließlich aus Taiwan vom Auftragsfertiger TSMC. Dieser kündigte aber bereits Investitionen von 165 Milliarden Dollar in US-Fabriken für einige Halbleiter an.
Branchenbeobachter sahen in Trumps Ankündigung unterm Strich eine gute Nachricht für viele große Anbieter, die sich dank Investitionszusagen Hoffnungen machen können, nicht betroffen zu sein. Trump hatte bereits seit längerer Zeit Chip-Zölle in Aussicht gestellt - und es wurde auch nicht ausgeschlossen, dass sie einfach alle Halbleiter treffen, die nicht in den USA produziert werden.
In den USA und Europa versucht man schon seit Jahren, mehr Halbleiterfertigung wieder in den Westen zu holen. Der vorherige US-Präsident Joe Biden - und im Nachgang auch die EU-Kommission - setzten dafür auf milliardenschwere Subventionen.
Trump bezeichnet das als Geldverschwendung und sieht Zölle als den besseren Weg. Der Bau einer Chipfabrik verschlingt Milliarden Dollar und dauert Jahre. Die Abwanderung der Industrie nach Asien wurde mit jahrzehntelangen Subventionen der dortigen Regierungen befeuert.
Apple kündigte an, dass der Konzern in den kommenden Jahren 20.000 Mitarbeiter in den USA neu einstellen werde, vor allem in Forschung und Entwicklung. Die Investitionen sollen auch bisherigen US-Zulieferern wie dem Glaskonzern Corning zugutekommen. So sollen künftig alle iPhones und Apple-Uhren weltweit mit Glas aus den USA bestückt werden. Aus der Corning-Fabrik im Bundesstaat Kentucky kam schon das Spezialglas für das erste iPhone 2007.
Cook brachte dem US-Präsidenten auch ein Souvenir mit: Eine runde Scheibe Corning-Glas mit Apple-Logo und einer Inschrift. Der Ständer dafür komme aus dem Bundesstaat Utah - »und es ist 24-Karat-Gold«, sagte der Apple-Chef. Trump hat ein Faible für Gold und ließ auch Wände im Oval Office im Weißen Haus mit Gold-Deko verzieren.
Cook gelang es derweil ganz offensichtlich, Trump davon zu überzeugen, dass das iPhone vorerst nicht in den USA gefertigt wird. Aktuell wird die Mehrheit der in den USA verkauften iPhones aus Indien geliefert - und Trump forderte stattdessen eine US-Produktion. Nun zeigte er sich einsichtig: Apple lasse viele Bauteile in den USA herstellen - und die Produktionslinien befänden sich woanders. Und schon auf Basis von Cooks Investitionszusagen verkündete Trump: »Apple kommt nach Amerika zurück.«
Branchenexperten betonen, dass dies aus vielen Gründen kaum möglich sei. Denn der Großteil der Lieferketten der Elektronik-Industrie verlagerte sich über Jahrzehnte nach Asien. Cook betonte schon vor Jahren zudem, dass man in den USA - anders als in Ländern wie China - nicht genügend Fachkräfte finden würde. Ein Analyst schätzte, dass ein in den USA produziertes iPhone rund 3.500 Dollar kosten müsste.
Apple ließ ursprünglich iPhones und andere Geräte in riesigen Fabrikstädten in China bauen. Nach Lieferengpässen durch chinesische Lockdown-Maßnahmen in der Corona-Pandemie wurde in den vergangenen Jahren auch die Produktion in Indien und Vietnam ausgebaut. In den USA verkaufte Apple-Geräte wie iPads und Mac-Computer kommen aktuell aus Vietnam.
»Ich bin sehr skeptisch«, sagte Analyst Patrick Moorhead im US-Sender CNBC auf die Frage, ob Apple nun einen bedeutenden Teil der Wertschöpfungskette in die USA verlagern wird. Der langjährige Branchenanalyst und heutige Investor Gene Munster sah in der Ankündigung einen Deal: »Trump bekommt die Schlagzeile, und Cook bekommt die Zölle erlassen«.
Auch bei Reuters war zu lesen, dass es für Unternehmen wie Apple, die sich dazu verpflichtet haben, in den USA zu produzieren, »es keine Abgabe geben wird«, wie Trump gegenüber Reportern im Oval Office erklärte. Er warnte aber auch davor: Unternehmen sollten nicht versuchen, sich aus Zusagen zum Bau von US-Fabriken herauszuwinden. »Wenn sie sagen, sie bauen – und dann bauen sie nicht –, dann rechnen wir das zusammen, und zu einem späteren Zeitpunkt stellen wir ihnen die Rechnung. Sie müssen dann zahlen. Das ist garantiert«, so Trump weiter.
Reuters betont außerdem, dass diese Aussagen keine offizielle Zollankündigung darstellen, und dass vieles unklar bleibt – insbesondere, wie Unternehmen und Länder weltweit betroffen sein werden.
Die Reaktionen auf Trumps Aussagen kamen sofort – besonders von betroffenen Ländern und Wirtschaftsverbänden. So erklärte der oberste Handelsbeauftragte Südkoreas, dass die großen Chip-Hersteller Samsung Electronics und SK Hynix nicht von 100 Prozent Strafzöllen betroffen sein werden und Südkorea im Rahmen eines Handelsabkommens zwischen Washington und Seoul die günstigsten Abgaben auf Halbleiter erhalten werde.
Am anderen Ende des Spektrums sagte der Präsident der philippinischen Halbleiterindustrie, Dan Lachica, Trumps Plan sei »verheerend« für sein Land.
In Malaysia warnte Handelsminister Tengku Zafrul Aziz das Parlament, sein Land riskiere »den Verlust eines wichtigen Marktes in den Vereinigten Staaten, wenn seine Produkte durch die Einführung dieser Zölle an Wettbewerbsfähigkeit verlieren«.
Bei Reuters heißt es weiter, dass voraussichtlich auch TSMC relativ unbeschadet davonkommt, da die Foundry bereits über Fabs in den Vereinigten Staaten verfügt. Und weiter: »Kunden wie Nvidia werden wahrscheinlich keine zusätzlichen Zollkosten tragen müssen.« Außerdem plant Nvidia Investitionen in Höhe von mehreren Hundert Milliarden Dollar in Halbleiter und Elektronik »Made in USA« innerhalb der nächsten vier Jahre. Ein Nvidia-Sprecher lehnte eine Stellungnahme ab.
»Große, finanzstarke Unternehmen, die sich US-Standorte leisten können, werden am meisten profitieren. Es ist ein Überlebenskampf der Größten«, sagte Brian Jacobsen, Chefökonom bei Annex Wealth Management.
Der US-Kongress hatte 2022 ein Subventionsprogramm in Höhe von 52,7 Mrd. Dollar für die Halbleiterfertigung und -forschung beschlossen. Das Handelsministerium unter Präsident Joe Biden konnte 2023 alle fünf führenden Halbleiterunternehmen davon überzeugen, Werke in den USA zu bauen. Nach Angaben des Ministeriums wurden im letzten Jahr etwa 12 Prozent der weltweit produzierten Halbleiter in den USA gefertigt, 1990 waren es noch 40 Prozent.
»In den USA wird aktuell so massiv in Chipproduktion investiert, dass große Teile der Branche von Zöllen verschont bleiben werden«, erklärte Martin Chorzempa vom Peterson Institute for International Economics. Er merkte aber auch an, dass Halbleiter von chinesischen Herstellern wie SMIC oder Huawei wahrscheinlich nicht ausgenommen würden – sie würden ohnehin meist in, in China gefertigte Geräte eingebaut, die dann in die USA gelangen. »Ohne Zölle auf Komponenten selbst könnte sich dadurch wenig ändern«, sagte er.
Die EU teilte mit, man habe sich mit den USA auf einen einheitlichen Zollsatz von 15 Prozent für die meisten EU-Exporte geeinigt – darunter Autos, Chips und Pharmazeutika. Japan wiederum erklärte, dass die USA zugesichert haben, dass es keine höheren Zölle für japanische Halbleiter geben werde als für andere Länder.
Die Aktien asiatischer Halbleiterhersteller mit großen USA-Investitionsplänen stiegen am Donnerstag, wobei TSMC und Samsung um 4,4 bzw. 2 Prozent zulegten. Der Silizium-Wafer-Hersteller GlobalWafers, der ein Werk in Texas hat, sprang um 10 Prozent nach oben.
Samsung und TSMC lehnte eine Stellungnahme zu Trumps Äußerungen ab. GlobalWafers wiederum teilte mit, man habe proaktiv Kostensenkungsmaßnahmen umgesetzt und sehe gute Chancen, dass es seine Wettbewerbsfähigkeit aufrechterhalten könne.