Schnelle FMCW-Radarsysteme mit integrierter Signalverarbeitung können die Entfernung, die Radialgeschwindigkeit und den Winkel mehrerer Objekte in einer Szenerie messen – und dies mehrere Male pro Sekunde. Dies erleichtert die übergeordnete Auswertung einschließlich der Identifikation und Verfolgung mehrerer Fahrzeuge.
In Verkehrsüberwachungs-Anwendungen bietet das 77-GHz-Frequenzband eine Bandbreite zur Frequenzmodulation von bis zu 1 GHz, im 24-GHz-Band ist die Bandbreite dagegen auf 200 MHz beschränkt. Das Resultat ist eine verbesserte Entfernungsauflösung – mit 15 cm fünfmal besser als der mit 24-GHz-Radarsystemen mögliche Wert.
Die Geschwindigkeitsauflösung ist eine Funktion der Chirpzeit und der Trägerfrequenz. Ein 77-GHz-Radar ermöglicht deshalb bei gleicher Chirpzeit eine um den Faktor drei höhere Geschwindigkeitsauflösung als ein 24-GHz-Radar. Mit den Verarbeitungs- und Speicherressourcen des Radarsensor-SoCs IWR1642 ist eine Geschwindigkeits-auflösung von 1 km/h oder besser erzielbar.
Die Konfiguration der Radar-Sender und -Empfänger des IWR1642 hängt von der Konfiguration des Sendesignals, der Konfiguration und Leistungsfähigkeit des HF-Transceivers, dem Antennen¬array, dem verfügbaren Speicher und der Verarbeitungsleistung ab. Diese Konfiguration hat Einfluss auf wichtige Eigenschaften des Radarsystems, wie etwa die Entfernungs- und Geschwindigkeitsauflösung, die maximale Entfernung und Geschwindigkeit sowie die Winkelauflösung.
Bei der Entwicklung eines Chirp-Radarsystems für eine Verkehrsüberwachungs-Anwendung wird zunächst die Geometrie der Szenerie, der Erfassungsbereich in horizontaler (Azimut) und vertikaler Richtung (Elevation) sowie die interessierenden Entfernungen betrachtet.
Als Beispiel wird eine Kreuzung mit vier Fahrspuren je Richtung gewählt, mit einem mittig darüber angeordneten Radarsensor (Bild 5). Auf der Basis bestimmter Annahmen hinsichtlich der Breite und Anordnung der Fahrspuren, Mittelstreifen, Fußgängerüberwege und Haltelinien sowie der Platzierung der Sensoren ergibt sich, dass ein Azimut-Erfassungsbereich von mindestens 25 ° die Haltelinie und das davorliegende Straßenstück abdeckt, insgesamt wenigstens 60 m Straße.
Für diese Anwendung wird angenommen, dass die Antennenanordnung den Azimut-Erfassungsbereich mit zwei Sende- und vier Empfangsantennen zur Abschätzung des Azimutwinkels abdeckt und in der Elevations-Achse der Erfassungsbereich nur 15 ° beträgt, ohne Verarbeitung des Elevationswinkels (Bild 6).
Das IWR1642 EVM hat einen wesentlich breiteren Azimut-Erfassungsbereich von 120 ° und einen etwas größeren Elevations-Erfassungsbereich von 22 °, erreicht aber für das Detektieren von Fahrzeugen einen hinreichend großen Antennengewinn, der eine Fahrzeugerkennung in Entfernungen von mehr als 60 m erlaubt. Es eignet sich also als Grundlage für das Anwendungsbeispiel. Die Konfigurierbarkeit des Radarsensor-SoCs IWR1642 ermöglicht eine Anpassung an verschiedene Verkehrsüberwachungs-Anwendungen.
Sobald die Geometrie der Kreuzung und die Antennenanordnung festgelegt sind, erfolgt die Konfiguration der Chirp-Signale anhand einiger angestrebter Leistungsparameter und mit Kompromissen zwischen diesen Parametern unter Berücksichtigung der Transceiver-Fähigkeiten des IWR1642.
Insbesondere sollte die maximale Entfernung als Ausgangspunkt gewählt werden. Dazu zwei Beispiele:
In beiden Fällen werden nach Festlegung der maximalen Distanz die Entfernungsauflösung und die maximale Geschwindigkeit so aufeinander abgestimmt, dass sich die bestmögliche Entfernungsauflösung ergibt und gleichzeitig die Anforderungen an die maximale Geschwindigkeit erfüllt werden. Durch Anheben der Geschwindigkeitsauflösung auf die praktikable Grenze des internen Speichers für den Radar-Datenwürfel wird auch die effektive Reichweite des Transceivers erhöht. Die Konfiguration der Chirp-Signale für das Anwendungsbeispiel beginnt mit den in Tabelle 2 gezeigten Eingangsparametern.
Mit der Antennenanordnung des IWR1642 EVM und den Parametern für mittelgroße Entfernung wäre zu erwarten, dass kleine Autos bis zu der durch die Chirp-Pulse bestimmten Grenze von 70 m erkennbar sind, wogegen mit den Parametern für größere Entfernung zu erwarten wäre, Autos in bis zu 135 m Entfernung zu erkennen.
Das Beispiel mit mittlerer Entfernung nutzt die MIMO-Technik im Zeitmultiplex-Verfahren. In diesem Fall sind die beiden Sendeantennen in einem Abstand angeordnet, der der doppelten Wellenlänge des Trägersignals entspricht, und die Aussendung der Chirp-Pulse alterniert während einer Signalperiode zwischen beiden Antennen.
Deshalb hat das von jeder Antenne ausgesendete Signal die doppelte Chirp-Pulsperiodendauer und die halbe Anzahl von Chirp-Pulsen wie ohne MIMO-Technik. Hierdurch ergibt sich eine effektive Verdopplung der Winkelauflösung des Detektors, allerdings halbiert sich im Gegenzug die direkt messbare Maximalgeschwindigkeit. Wie zuvor erwähnt, lässt sich die Maximalentfernung durch zusätzliche Signalverarbeitung erhöhen.
Bild 7 zeigt eine Momentaufnahme der Konfiguration entsprechend Tabelle 2 für mittlere Entfernungen. Darin nähern sich zwei Fahrzeuge dem Sensor, eines in ca. 40 m, das andere in ca. 60 m Entfernung. Beide Fahrzeuge werden problemlos vom Radarsensor-SoC erkannt.
Im IWR1642 EVM ist eine Signalverarbeitung als DSP-Code auf dem DSP-Kern C674x implementiert (Bild 8), die eine Verkehrsüberwachungs-Anwendung auf der Basis der Parameter von Tabelle 2 ermöglicht. Sie besteht aus den folgenden Blöcken:
Hat der DSP die Verarbeitung der Chirp-Pulssignalperiode beendet, werden die Resultate formatiert und in einen geteilten Speicher (HS-RAM) geschrieben, von wo aus sie vom Mikrocontroller R4F per UART (Universal Asynchronous Receiver/Transmitter) zur Visualisierung an den Host übertragen werden können.
In Tabelle 3 sind der Zeitbedarf zur Berechnung, die verfügbare Zeit und die Auslastung des DSPs zusammengefasst. Nach dem Senden der Chirp-Pulse in der 40-ms-Chirp-Signalperiode bleiben noch 33 ms (Pause) übrig. Jede vierte Chirp-Signalperiode enthält Clustering und Tracking, sodass diese Chirp-Signalperiode das kürzeste Pausenintervall zur Signalverarbeitung bietet. Die Zeit für die Bearbeitung einer typischen Chirp-Pulsfolge mit 250 detektierten Punkten, zehn Clustern und sieben aktiven Tracks ist 22,73 ms. Somit sind 69 % der verfügbaren Rechenzeit verbraucht. 31 % der verfügbaren Rechenzeit stehen damit für weitere Verarbeitungen im DSP zur Verfügung.
Die Signalverarbeitung ist ausschließlich auf dem DSP implementiert. Tabelle 4 skizziert die dem DSP zur Verfügung stehenden, spezifischen physischen Speicher, ihre Auslastung und den Umfang des übrigen Speichers, nachdem der Interface-Code für die Entwicklungssoftware (mmWave Software Development Kit) und der Anwendungscode geladen wurden.
Insgesamt nutzt TI das Programm- und Daten-RAM (Level 1) in vollem Umfang für die schnelle Verarbeitung und den Cache. 2 KB an schnellem lokalem Speicher (Level 2) und 416 KB Speicher (Level 3) bleiben frei, ebenso wie 29 KB des geteilten Speichers (Handshake-Speicher, HS-RAM), der vom DSP und vom Mikrocontrollerkern aus zugänglich ist.
Da im Mikrocontroller keine Signalverarbeitung erfolgt, sind der gesamte lokale Speicher und die komplette Verarbeitungsleistung des Mikrocon¬trollerkerns für zusätzliche übergeordnete Verarbeitungsaufgaben und Managementfunktionen frei, wie etwa ergänzende Tracking-Logik, Objektklassifizierung, Verkehrsstatistiken, E/A-Funktionen und Sensorsteuerung
Keegan Garcia
ist als Marketingmanager bei Texas Instruments für die Mil¬limeterwellen-Radarsensor-SoCs verantwortlich. Er hat in der Vergangenheit Erfahrungen in Anwendungen mit Mehrkern-DSPs von TI gesammelt, vor allem mit Schnittstellen für hohe Datenraten wie DDR3, SerDes und PLL-Applikationen. Garcia studierte Elektrotechnik (Bachelor) an der University of Central Florida und an der North Carolina State University (Master).
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