Haben Sie je hinterfragt, ob das SPICE-Modell des gewählten Operationsverstärkers auch mit den Datenblatt-Spezifikationen übereinstimmt? Mit der Testschaltung im dritten Teil können Eingangs-Offsetspannung und Gleichtaktspannung von SPICE-Modellen geprüft und mit dem Datenblatt verglichen werden.
Es ist kein Geheimnis, dass Operationsverstärker (OPV) mit einem Eingangsspannungsbereich, der bis zur Versorgungsspannung reicht (Rail-to-Rail), in vielen Anwendungen nach und nach die traditionellen, für höhere Betriebsspannungen ausgelegten Verstärker verdrängen. Dies gilt insbesondere auch in Bereichen, in denen eine hohe Genauigkeit des Verstärkers gefordert wird. OPVs mit Rail-to-Rail-Eingang sind überaus nützlich, da ihr linearer Eingangsspannungsbereich den gesamten Bereich der Versorgungsspannung abdeckt – oder sogar noch mehr.
Erreicht wird dieser große Bereich üblicherweise, indem anstatt eines Transistorenpaars im Eingang deren zwei zum Einsatz kommen. Allerdings muss sich der Entwickler auch auf diese Eingangsstufe einstellen.
Eine der Herausforderungen für Entwickler besteht in der Änderung der Eingangs-Offsetspannung (Uoff) des Operationsverstärkers, wenn die Eingangsstufe des Verstärkers von einem Transistorpaar zum anderen wechselt. Häufig wird dieses Phänomen als Übergabeverzerrung (Input Crossover Distortion) bezeichnet.
Uoff ist bei Präzisions-Operationsverstärkern ein wichtiges Kriterium und in vielen Schaltungen muss die Anfangs-Offsetspannung durch kalibrieren eliminiert werden, damit die gewünschte Leistungsfähigkeit eingehalten werden kann.
Jegliche Änderung von Uoff, gleich ob sie durch die Eingangs-Gleichtaktspannung (UGl), die Temperatur oder andere Variablen verursacht wird, ist in höchstem Maße unerwünscht, da sie die Genauigkeit eines gesamten Geräts zunichtemachen kann. Das Beispiel in Bild 14 zeigt, wie sich Uoff mit ansteigender UGl drastisch ändert.
Bei der SPICE-Simulation einer Verstärkerschaltung mit Rail-to-Rail-Eingang ist es deshalb ratsam, sich zu vergewissern, dass das simulierte Verhalten von Uoff als Funktion von UGl dem Verhalten des realen Bauelementes entspricht.
Um die Simulation in SPICE zu überprüfen, empfiehlt sich die Schaltung in Bild 15.
In dieser einfachen Schaltung wird der Operationsverstärker als Pufferverstärker mit Eins-Verstärkung konfiguriert, um zu vermeiden, dass der Verstärker übersteuert und die Ausgangsspannung begrenzt wird.
In der Simulation wird UGl verändert, um die daraus resultierenden Änderungen von Uoff zu ermitteln. Um Uoff als Funktion von UGl grafisch darzustellen, wird die DC-Übertragungsfunktion aufgenommen, während UGl über den gesamten Versorgungsspannungsbereich variiert und Uoff an den Eingangsanschlüssen des Operationsverstärkers gemessen wird (Bild 15).
Am Beispiel des OPA388 [9], ein neuer Präzisions-Verstärker von Texas Instruments ohne Übergabeverzerrung, wird diese Methode getestet und das Verhalten des OPVs gemessen.
In der Eingangsstufe des OPA388 kommt eine Ladungspumpe zum Einsatz, um mit nur einem Transistorpaar Rail-to-Rail-Eigenschaften zu erzielen. Auf diese Weise wird die bei traditionellen Operationsverstärkern mit Rail-to-Rail-Eingang zu beobachtende Übergangsverzerrung am Eingang vermieden (Bild 16).
Die simulierten Ergebnisse stimmen sehr gut mit dem Verhalten der drei getesteten Operationsverstärker im Datenblatt des OPA388 überein. Die Abweichung über den gesamten UGl-Bereich beträgt weniger als 1 µV.
Bild 17 zeigt die Ergebnisse einer Prüfung des OPV-Modells durch Simulation der Schaltung von Bild 15 mit dem SPICE-Modell des Operationsverstärker OPA2325 [10], ebenfalls ein Präzisionsverstärker ohne Übergangsverzerrungen von Texas Instruments.
Auch hier decken sich die simulierten Resultate sehr gut mit dem Verhalten der realen Bausteine.
Zwar hat es beim Simulationsmodell den Anschein, als sei die Offsetspannung der Simulation (Bild 17) größer als bei den realen Bauelementen. Dennoch weisen alle in diesem Diagramm gemessenen Exemplare des OPA2325 einen Uoff-Wert auf, der niedriger ist als der als typisch spezifizierte Wert von 40 µV. Das SPICE-Modell wurde so ausgelegt, dass es mit dem typischen Wert übereinstimmt.
Literatur
[9] OPAx388 Precision, Zero-Drift, Zero-Crossover, True Rail-to-Rail Input/Output, Operational Amplifiers. Texas Instruments, Datenblatt, Juli 2018, www.ti.com/lit/ds/symlink/opa388.pdf.
[10] OPA2325 Precision, 10-MHz, Low-Noise, Low-Power, RRIO, CMOS Operational Amplifier. Texas Instruments, Datenblatt, Juli 2018, www.ti.com/lit/ds/symlink/opa2325.pdf.
[12] Leon, E.; Barthel, R.; Alani, T.: Zero-crossover Amplifiers: Features and Benefits. Texas Instruments, Tech Note, Februar 2017, www.ti.com/lit/an/sboa181a/sboa181a.pdf.
[13] Wells, C.: Op Amps: Low Distortion Design 2. Texas Instruments, Video, TI Precision Labs, Dezember 2015, https://training.ti.com/ti-precision-labs-op-amps-low-distortion-design-2?cu=14685.
[14] Williams, I.: Op Amps: Input and Output Limitations. Texas Instruments, Video, TI Precision Labs, März 2015, https://training.ti.com/ti-precision-labs-op-amps-input-and-output-limitations-1.
Der Autor
Ian Williams, B. Sc.
ist Applikationsingenieur und SPICE-Modellentwickler für Präzisionsverstärker bei Texas Instruments in Tucson, Arizona, USA. Er erhielt seinen Bachelor in Elektrotechnik von der Universität von Texas in Dallas.
asktexas@ti.com