AUTOSAR Adaptive im Fokus

Das Rechenzentrum im Fahrzeug

1. Oktober 2018, 16:08 Uhr | Von Mirko Tischer
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Domain Controller und Gateways

Einige moderne Fahrzeuge haben eine Domänen-zentrierte E/E-Architektur, die Fahrzeugfunktionen jeweils nach ihrer logischen Zugehörigkeit zu einer Domäne wie Infotainment, Body Controller und Antriebsstrang gruppiert. Für jede Domäne gibt es ein eigenes Domänensteuergerät (Domain Controller). Untereinander sind diese über Ethernet verbunden. Sie koordinieren jeweils weitere – ihnen zugeordnete – Steuergeräte, die den Zugriff auf Sensoren und Aktoren ermöglichen. Fahrzeugbusse, wie CAN oder LIN, stellen die Verbindung zum jeweiligen Domänensteuergerät her. Ein weiteres Steuergerät, eine sogenannte Connectivity-Unit, stellt mittels Off-Board-Diagnose, Bluetooth und Mobilfunk die Verbindung zur Außenwelt her.

Mit dem Einsatz von AUTOSAR Adaptive ändert sich die grundlegende Fahrzeugarchitektur (Bild 3) nicht schlagartig. Am auffälligsten sind der durchgängige Einsatz von Ethernet im Fahrzeug und der damit verbundene Einsatz von Switches, die jeweils eine kollisionsfreie Punkt-zu-Punkt-Verbindung zwischen Steuergeräten herstellen.

Fahrzeugarchitektur mit AUTOSAR Adaptive und Classic
Bild 3. Fahrzeugarchitektur mit AUTOSAR Adaptive und Classic.
© Vector Informatik

Für eine optimierte Verkabelung sind diese Switches integriert und nicht als separate Steuergeräte angelegt. Weiterhin wird es mehrere Hochleistungsrechner geben, die sich über eine Vielzahl von performanten Schnittstellen mit Radar/Lidar-Sensoren, Kameras, Displays oder weiteren Steuergeräten verbinden. Hierzu gehören vor allem Steuergeräte, die den Zugriff zur Sensor- und Aktorebene gewährleisten sowie Gateways, die hochfrequent und zeitkritisch Daten zwischen klassischen Bussystemen übertragen. Die mit AUTOSAR-Adaptive-Software ausgestatteten Hochleistungsrechner übernehmen hingegen kommunikations- und rechenintensive Aufgaben im Fahrzeugnetzwerk.

Plattformübergreifende Kommunikation über Ethernet und SOME/IP
Bild 4. Plattformübergreifende Kommunikation über Ethernet und SOME/IP.
© Vector Informatik

Es stellt sich die Frage, wie in einem solchen Szenario die Kommunikation zwischen Adaptiv- und Classic-Steuergeräten erfolgt. Im einfachsten Fall verwenden die über Ethernet verbunden Steuergeräte die Service-orientierte Kommunikation über SOME/IP (Bild 4). In diesem Beispiel ist das AUTOSAR-Classic-ECU1 mit mehreren Bussystemen verbunden, an denen weitere Steuergeräte angeschlossen sind. ECU1 arbeitet in dieser Konfiguration als Gateway und ist dafür zuständig, die Botschaftssignale von der Busseite in einen Service zu »verpacken«, damit sie für die AUTOSAR-Adaptive-Plattform direkt zugänglich sind. Die Auslegung der Kommunikation ist ein fester Bestandteil des Designs von AUTOSAR-Steuergeräten, unabhängig davon, ob es sich um eine Classic- oder Adaptive-Plattform handelt. Weil das Konfigurationsformat für beide Plattformen unterschiedlich ist, ist eine Abbildung der Service-Konfiguration in Form einer Konvertierung nötig.

Anbindung an ein AUTOSAR-Classic-Signal-Gateway
Bild 5. Anbindung an ein AUTOSAR-Classic-Signal-Gateway.
© Vector Informatik

Etwas vielschichtiger stellt sich die Situation dar, wenn mit einem AUTOSAR-Classic-Steuergerät kommuniziert werden soll, das ausschließlich signalbasiert arbeitet (Bild 5). In diesem Szenario ist ECU1 als Signal-Gateway ausgelegt und setzt die Botschaftssignale direkt in UDP-Frames auf Ethernet um. Die Umsetzung der Signale aus dem UDP-Frame auf einen Service, der innerhalb von ECU2 verfügbar ist, erfolgt jetzt im AUTOSAR-Adaptive-Steuergerät über eine Signal-zu-Service-Abbildung. Für eine Realisierung nach diesem Schema ist neben der Signalbeschreibung über eine Kommunikationsmatrix, als Bestandteil einer AUTOSAR-Classic-Konfiguration, auch die Abbildungsvorschrift auf einen Service notwendig. Diese liegt als Teil der AUTOSAR-Adaptive-Spezifikation standardisiert vor. Basierend darauf wird die Service-zu-Signal-Abbildung kodiert und als eigenständiger Dienst in der ECU ausgeführt.

Software-Komplexität beherrschen

Der Paradigmenwechsel hin zur Automatisierung und erweiterten Kommunikation von Fahrzeugen erfordert die Verarbeitung und den Transport großer Datenmengen und die Beherrschung der daraus resultierenden Software-Komplexität. Aktuelle Systeme werden diesen hohen Anforderungen kaum gerecht. Daher bildet die AUTOSAR-Adaptive-Plattform mit leistungsstarken Zentralrechnern sowie Ethernet-basierter und service-orientierter Kommunikation die optimale Grundlage für künftige Fahrzeugarchitekturen. AUTOSAR-Adaptive- und Classic-Steuergeräte kommen dabei parallel zum Einsatz. Durch flexible Gateway-Szenarien ist eine Verbindung dieser beiden Welten problemlos möglich.

 

Literatur:

[1] Hansen Report No. 6, 2017, More supplier disruption coming.

 

Der Autor

Mirko Tischer von Vector Informatik
Mirko Tischer von Vector Informatik.
© Vector Informatik

Mirko Tischer

ist seit 1997 in der Produktentwicklung und im Produktmanagement bei Vector Informatik tätig. Seit 2018 ist der Dipl.-Ing. als Produktmanager zuständig für die AUTOSAR-Basissoftware Adaptive Microsar.


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  2. Domain Controller und Gateways

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