Besonders beim Schutz von verletzlichen Verkehrsteilnehmern wirkt sich eine frühe Auslösung der Warnung oder der Bremsung auf die Wirksamkeit sehr stark aus. Es soll immer möglichst viel Kollisionsenergie abgebaut oder der Unfall möglichst komplett verhindert werden. Aufgrund der Agilität von Fußgängern und Radfahrern und den daraus resultierenden Bewegungsspielräumen lassen sich Kollisionen allerdings nicht beliebig früh vorhersagen.
Wird eine Fahrerreaktionszeit von ca. 1 s angenommen, muss ein Warnsystem den Fahrer mindestens 1,5 s vor einer möglichen Kollision warnen, um diesem noch eine Möglichkeit zur Reaktion zu bieten. Allerdings ist, abhängig von der konkreten Situation, eine Warnung nicht immer zu einem so frühen Zeitpunkt möglich, da eventuell zu diesem Zeitpunkt die Situation noch als unkritisch bewertet wird und keine Kollision vorhergesagt werden kann.
Bild 5 (a, b, c) zeigt die berechnete Kollisionswahrscheinlichkeit eines präventiven Fußgängerschutzsystems. Dabei bedeutet eine Kollisionswahrscheinlichkeit von 1.0, dass eine Kollision durch die beiden Verkehrsteilnehmer physikalisch nicht mehr vermieden werden kann. Steht ein Fußgänger mittig vor dem Fahrzeug, kann schon zu einem relativ frühen Zeitpunkt bestimmt werden, dass eine Kollision weder durch Bewegung des Fußgängers noch durch Bremsen oder Ausweichen des Fahrzeugs vermieden werden kann.
Steht ein Fußgänger lateral versetzt zur Fahrzeuglängsachse auf der Straße, besteht auch zu einem späteren Zeitpunkt noch die Möglichkeit, die Kollision, beispielsweise durch ein Ausweichmanöver, zu vermeiden. Folglich lassen sich Kollisionen oftmals nicht sicher vorhersagen, bevor der letzte Bremszeitpunkt erreicht ist.
In diesen Fällen kann das Schutzsystem mittels Notbremsung zumindest noch die Kollisionsgeschwindigkeit verringern. Darüber hinaus wird durch das Notbremsmanöver wichtige Zeit gewonnen, in welcher der Fußgänger selbst reagieren und so den Gefahrenbereich rechtzeitig verlassen kann.