Der weltweit erste Prototyp eines Hochspannungs-Supraleiters hat jetzt in München seine Testphase aufgenommen. Ist sie abgeschlossen, soll eine 15 km lange Verbindung zwischen zwei Umspannwerken gebaut werden.
Der SuperLink-Prototyp enthält alle Komponenten, die für eine Langstreckenverlegung innerhalb einer Großstadt und über Land erforderlich sind. Der im SWM Hauptumspannwerk Menzing in Betrieb genommene Prototyp des 110.000-Volt-Supraleiters wird nun auf Herz und Nieren geprüft. Wenn er, was zu erwarten ist, die an ihn gestellten Anforderungen erfüllt, soll bei Vorliegen der technisch-wirtschaftlichen Voraussetzungen in München der weltweit erste kommerzielle Hochspannungssupraleiter verlegt werden.
SuperLink auf einen Blick |
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SuperLink ist ein innovatives supraleitendes Hochspannungskabelsystem, das für die Übertragung großer Mengen elektrischer Energie durch ein kompaktes Kabeldesign konzipiert ist.
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»Mit dem Beginn der Präqualifikation von supraleitenden Kabeln in der 110-kV-Spannungsebene in München ist ein Meilenstein erreicht, der die technische Machbarkeit und den Betrieb im realen Netz eindrucksvoll unter Beweis stellt«, sagt Prof. Dr.-Ing. Mathias Noe vom Karlsruhe Institute of Technology.
Ist die Erprobungsphase erfolgreich abgeschlossen, soll eine 12 bis 15 km lange supraleitende Hochspannungsleitung zwischen Hauptumspannwerk München-Menzing und dem Energiestandort Süd in München-Sendling gebaut werden. »Mit dieser innovativen Leitung wird das Stromnetz der SWM Infrastruktur noch zukunftsfähiger und sein Betrieb noch klimaschonender. Diese Innovation wird weit über Münchens Stadtgrenzen hinaus dazu beitragen, Stromnetze noch effizienter, stabiler und klimaschonender zu machen«, sagt Helge-Uve Braun, Technischer SWM Geschäftsführer.
Das supraleitende Kabel benötigt eine kontinuierliche Kühlung, die auf einer Kombination aus flüssigem Stickstoff als Kälteträger und einer speziellen Kältemaschine basiert, die Kälte auf einem extrem niedrigen Temperaturniveau von tiefer als -200 Grad Celsius erzeugt. »Die dafür erforderlichen Technologien gehören zu unserem Produktportfolio, deshalb unterstützen wir das Projekt SuperLink. Wir hoffen, dass die Kommerzialisierung des supraleitenden Kabels bald folgen wird«, erklärt Prof. Dr.-Ing. Alexander Alekseev von Linde.
Das supraleitende Kabel, das NKT entwickelt hat, bietet die Chance, das Stromnetz in sensiblen Bereichen nachhaltig auszubauen, ohne dass umfangreiche Erdarbeiten erforderlich sind. »Das SuperLink-Projekt ist eine wegweisende Innovation, mit der wir das Potenzial supraleitender Hochspannungskabel mit bisher unerreichter Übertragungsleistung realisieren. Wir freuen uns über die Zusammenarbeit mit den Stadtwerken München und unseren weiteren Partnern, die die Inbetriebnahme des Testsystems ermöglicht haben. Dieses bedeutende Demonstrationsprojekt zeigt das Potenzial der Supraleitungstechnologie für einen effizienteren Zugang zu erneuerbarer Energie in Metropolen wie München«, sagt Anders Jensen, CTO von NKT.
Das Kabel basiert auf den Hochtemperatursupraleitern, die Theva entwickelt hat. Dr. Werner Prusseit, Geschäftsführer von Theva, ist überzeugt, dass mit dem SuperLink-Kabel ein innovatives Betriebsmittel bereitsteht, das den Netzausbau und die Energiewende deutlich voranbringen kann: »Ich bin froh, dass dies in Deutschland geschieht und wir mit dem Supraleiter unseren Beitrag dazu leisten können.«
»Können Sie sich vorstellen, mit dieser Technik die Stromversorgung einer Stadt wie München sicher zu stellen? Darüber müsste man mal nachdenken.« Mit diesem Dialog begannen im Jahr 2016 die Überlegungen, einen 110.000-Volt-Supraleiter für München zu bauen – den SuperLink.
Daraufhin hat der Netzbetreiber SWM Infrastruktur gemeinsam mit den Projektpartnern NKT (Köln), Theva (Ismaning), Linde (München), dem Karlsruher Institute of Technology und der Fachhochschule Südwestfalen einen Supraleiter entwickelt, getestet und im Münchner Stromnetz eingebaut. Gefördert wird das Forschungsvorhaben im Auftrag der Bundesregierung durch den Projektträger Jülich.
Die Technik basiert auf der Grundlagenforschung des deutschen Physikers Dr. Johannes Georg Bednorz, der 1987 für die Entdeckung der Hochtemperatursupraleitung gemeinsam mit dem Schweizer Karl Alexander Müller den Physiknobelpreis erhielt.
Mit einer Supraleitung können große Mengen elektrischer Energie nahezu verlustfrei transportiert werden. Herausforderungen im Forschungsprojekt waren dabei vor allem die Funktionalität des Supraleiters, die Kabelverbindungstechnik, die Kühltechnik, der Kühlkreislauf und die Langzeitstabilität der Leitungstechnik.
Die Nutzung von Supraleitern ist eine wegweisende technische Lösung für die zukünftigen Energienetze von Metropolen. 37 Jahre nach dem Nobelpreis positionieren sich damit deutsche Unternehmen auch bei der Umsetzung an der Weltspitze und unterstreichen den Ruf des Technologiestandorts Bayern.
An dieser Technik wird in vielen Ländern geforscht. Denn über die Anforderungen der Energiewende in Deutschland hinaus, besteht in allen Industrieländern der Bedarf zusätzlicher Energietransporte in Ballungsräume und zu Industriezentren. Supraleiter verbessern darüber hinaus die Nachhaltigkeit der Stromversorgung. Sie können zum einen mehr Strom transportieren, wodurch geringere Leitungstrassen notwendig sind. Zum anderen entfallen Leitungsverluste, was zu einer deutlich verbesserten Effizienz und geringeren CO2-Emissionen führt.
»Seit 2016 hat die SWM mit bemerkenswerter Zielstrebigkeit diese wegweisende Technologie und deren praktische Umsetzung vorangetrieben. Das ist ein herausragendes Beispiel für die Innovationskraft der Netzbetreiber in Deutschland und findet weltweit große Beachtung«, sagt Prof. Dr.-Ing. Robert Bach von der Fachhochschule Südwestfalen.