Interview Prof. Werner Wölfle / Traco

»Wir setzen auf Maßkonfektion«

11. Juli 2017, 8:30 Uhr | Ralf Higgelke
Prof. Dr. Werner Wölfle, Chefentwickler bei Traco Power Solutions
Prof. Dr. Werner Wölfle, Chefentwickler bei Traco Power Solutions
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Prof. Dr. Werner Wölfle ist Chefentwickler bei Traco Power Solutions. Obwohl das Unternehmen ein großes Standardportfolio anbietet, sieht er einen steigenden Bedarf an kundenspezifischen Stromversorgungen. Er setzt zwar nicht auf teure »Maßanzüge«, dafür aber auf kosten­günstige »Maßkonfektion«.

DESIGN&ELEKTRONIK: Herr Professor Wölfle, wie groß ist der Anteil der kundenspezifischen Stromversorgungen am Gesamtumsatz von Traco? 

Prof. Dr. Wölfle: Der ist im Moment noch nicht so groß. Etwa zwei Drittel unseres Umsatzes entfallen auf DC/DC-Wandler, das restliche Drittel auf Netzteile und kundenspezifische Lösungen, wobei im letzten Drittel die kundenspezifischen Stromversorgungen etwa die Hälfte ausmacht. 

Traco hat ja ein recht breites Standardportfolio. Warum wollen Sie trotzdem den Bereich kundenspezifische Stromversorgungen ausbauen? 

In diesem Bereich sehen wir im Moment das größte Wachstum und gehen davon aus, dass dort für die nächsten Jahre auch das größte Wachstumspotenzial liegt. 

Warum ist ein so großer Bedarf an kundenspezifischen Stromversorgungen zu beobachten? 

Dafür sehe ich drei Gründe. Erstens werden die Endprodukte immer komplexer. Alles wird immer kleiner, kompakter und damit technisch anspruchsvoller. Moderne Systeme bieten also immer weniger Platz, um noch ein klassisches Netzteil unterbringen zu können. Auch nimmt die Fertigungstiefe ab. Wenn das System drei Versorgungsspannungen benötigt, dann wollen die Unternehmen nicht drei Stromversorgungen mit drei verschiedenen Kabelbäumen, sondern eine einzige Stromversorgung und fertig.

Als zweiten Grund sehe ich, dass Standardstromversorgungen mit dem Ziel entwickelt worden sind, ein möglichst großes Anwendungsspektrum abzudecken. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass sie die Kundenanforderungen nur selten optimal erfüllen. Daher ist für die Kunden ein Standardnetzteil zu teuer, weil es für seine Anwendung überdimensioniert ist. Oft kommen Kunden auf uns zu, die bereits ein Standardnetzteil von uns einsetzen, und fragen: »Funktioniert ja alles ganz toll, aber könnt ihr mir die Stromversorgung um dreißig Prozent günstiger machen?«. Wir haben einige derartige Projekte, bei denen wir ein Standardgerät so abspecken, dass es preisgünstiger wird und nur noch das tut, was der Kunde möchte und wofür er auch bereit ist zu zahlen.  

Der dritte Grund ist, dass die meisten Anwendungen nur kurzzeitig die volle Ausgangsleistung eines Netzteils benötigen. Nehmen wir an, eine Anwendung zieht normalerweise zehn Watt, aber über den Tag verteilt 25 Mal für jeweils fünf Sekunden sechzig Watt. Da kann der Anwender kein 10-Watt-Netzteil einsetzen, weil es die sechzig Watt nicht schafft. Ein 60-Watt-Gerät ist wiederum zu teuer und eventuell auch zu groß. In diesem Fall geht es also darum, ihm eine Stromversorgung hinzustellen, die in seinem Fall einwandfrei arbeitet und gleichzeitig nicht überdimensioniert ist. Dadurch kann der Anwender wieder Kosten sparen. Am Ende geht es, wie sie sehen, bei allen drei Punkten immer nur ums Geld! 

Am Markt gibt es ja auch einige andere Anbieter von kundenspezifischen Stromversorgungen. Mit welchen Argumenten möchte Traco die Kunden für sich gewinnen? 

Natürlich wäre es toll, wenn ich Ihnen jetzt ein paar Punkte herunterbeten könnte. Aber wir haben keinen Alleinstellungsanspruch. Warum gibt es neben Audi und Mercedes noch andere Premiummarken im Automobilbereich wie BMW oder Porsche? Sie haben doch alle ihre Daseinsberechtigung. Wir bei Traco kochen wie alle anderen Anbieter auch nur mit Wasser. Ein paar Vorteile sehe ich dennoch bei uns.

Da wir schon ein so großes Standardportfolio haben, können wir die verbleibenden Lücken im Produktspektrum leichter füllen. Wir haben alle möglichen Schaltungen bildlich gesprochen in der Schublade. Und aus diesem Fundus schöpfen wir dann für den Kunden eine Schaltung oder Schaltungsteile heraus, die schon so ähnlich sind wie das, was er haben will, und passen diese dann entsprechend an. 

Durch Wiederverwenden von Schaltungen ist das Entwicklungsrisiko recht gering. Wir wissen, dass sie funktioniert, und in vier Wochen haben wir einen Prototyp. Wenn jemand von vorne anfangen müsste, dann ist das Risiko hoch, dass die Schaltung nicht gleich funktioniert, und der Zeit- und Kostenrahmen wäre ein ganz anderer. Wir können unserem Kunden schon im Vorfeld eine recht genaue Kostenkalkulation an die Hand geben. 

Ein weiterer Vorteil ist die Zuverlässigkeit. Wir können Schaltungen wiederverwenden, die sich bei unseren Standardprodukten im Feld schon tausende Male bewährt haben. Das ist vor allem ein Vorteil gegenüber Mitbewerbern, die ausschließlich kundenspezifische Stromversorgungen machen und daher umständehalber meist kleinere Stückzahlen produzieren. Natürlich haben die auch ein Portfolio an Standardschaltungen, aber nicht so viele wie wir.

Außerdem können wir die Komponenten für die Stromversorgung wesentlich günstiger einkaufen, wenn wir auf Komponenten zurückgreifen, die wir in hohen Stückzahlen in Standardprodukten einsetzen.

Mitbewerber, die nur kundenspezifische Stromversorgungen machen, haben da deutlich weniger Möglichkeiten, Kosten zu reduzieren. Da wir hochautomatisiert produzieren, sind allein die Komponentenkosten der wesentliche Kostenfaktor. 

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Bislang hat Traco Power mit einem großen Portfolio an Standardstromversorgungen auf sich aufmerksam gemacht, möchte jetzt aber den kundenspezifischen Bereich ausbauen.
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Wenn ich das insgesamt betrachte, könnte man das recht gut mit einem Anzug von der Stange, mit einem Maßanzug oder sogenannter Maßkonfektion vergleichen.

Das ist ein guter Vergleich. Sie sehen ja, dass ich für meinen Leibesumfang relativ klein bin. (lacht) Und so tue ich mich hart, einen Anzug von der Stange zu finden. Und folglich passt nur bei relativ wenigen Anwendungen ein Standardnetzteil wie angegossen. Andererseits bin ich aber auch nicht bereit, das Geld für einen Maßanzug hinzublättern. Das wäre dann die voll kundenspezifische Lösung. Und so haben sich findige Kaufleute die sogenannte Maßkonfektion überlegt. Da gibt es einige vorgefertigte Schnittmuster und Stoffe, aus denen sich der Kunde dann etwas schneidern lassen kann. Und damit haben wir ein reichhaltiges Portfolio an Standardschaltungen, die wir neu zusammensetzen und anpassen können. Eine solche Lösung passt dann wie angegossen zu einem vernünftigen Preis.

Die Kernaussage in unserem Fall ist also: Kundenspezifisch heißt nicht unbedingt teuer, es kann sogar günstiger sein und passt genau auf die Kundenanwendung.

Ein Thema, das bei kundenspezifischen Lösungen immer wieder aufkommt, ist das Second-Sourcing. Bei kundenspezifisch bin ich dann ja von einem einzigen Lieferanten abhängig. Was sagen Sie solchen Kunden?

Das einzige Argument, das wir bringen können, ist, dass wir als Traco ein seriöser Partner sind.


  1. »Wir setzen auf Maßkonfektion«
  2. Zulassungskosten clever senken

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