Zuverlässigkeit von Stromversorgungen

Keine Glückssache

20. September 2016, 11:20 Uhr | Ralf Higgelke
© Markus Rehm

Um eine zuverlässige Stromversorgung zu bekommen, fordern viele Einkäufer hohe Werte für MTBF und andere Parameter. Doch die Realität sieht ganz anders aus. Mit Oszilloskop und Stromzange kann jeder selbst herausfinden, ob man ein zuverlässiges Netzteil vor sich hat.

von Markus Rehm, selbständiger Berater für Leistungselektronik.

Auch teure Netzteile mit hoher MTBF (Mean Time Between Failures), langer Lebensdauer sowie vielen Zulassungen und Gütezeichen fallen häufig früher und öfter aus als erwartet. Nach langjähriger Erfahrung des Autors sind es aber meistens folgende drei Entwicklungsfehler, die zu Ausfällen führen: zu hohe Sperrspannung an Halbleitern, zu großer Brummstrom (Ripple Current) in den Elektrolytkondensatoren (Elkos) und Sättigung von induktiven Bauteilen. Dies kann jeder im Vorfeld einfach erkennen, wenn er sich etwas Zeit nimmt und kritische Punkte mit Oszilloskop und Stromzange selber prüft.

Netzteile können aus einer ganzen Reihe von Gründen ausfallen:

  • Anwender (Einkäufer, Projektleiter) vermuten bei Feldrückläufern nicht selten eine schlechte Produktion oder minderwertige Bauteile. Zum Beispiel kann eine kalte Lötstelle schuld sein, oder ein Elektrolytkondensator war nicht gut genug. Gut, wenn man einen direkten Draht zum Netzteilhersteller hat, der kann sich dann der Sache annehmen.
  • Von den Herstellern wird nach »genauer Untersuchung« in der Regel gerne zu hoher Umgebungsstress als Ausfallursache angegeben. Das könnten eine zu hohe Temperatur, Netzüberspannungen oder elektrostatische Entladungen (ESD) sein. Man weiß ja nie so genau, wie und wo die Geräte betrieben werden, und es könnte vorkommen, dass der Umgebungsstress in der Realität eben doch größer ist, als von Normen berücksichtigt.
  • An eine schlechte Entwicklung wird interessanterweise kaum gedacht. Ein Netzteil-Controller-IC plus Schalttransistor, Trafo, Diode und Elko – da kann man ja nicht viel falsch machen!

Firmen, die bereits schlechte Erfahrungen mit eingekauften Stromversorgungen gemacht haben, unterziehen diese daher oft einem »harten Dauertest« kurz vor der Zulassung ihrer Geräte. In einem Klimaschrank werden z. B. zwanzig Muster angeschlossen und zwei Wochen lang Temperaturprofile durchfahren. Zusätzlich werden die Netzteile immer wieder aus- und eingeschaltet. Aber: Bekommt man damit wirklich ein zuverlässiges Netzteil?

Falls es beim Dauertest zu einem oder zwei Ausfällen kommen sollte, wird meistens mangels kurzfristiger Alternativen und des engen Zeitplans an der vorgesehenen Stromversorgung festgehalten. Der Prüfingenieur stellt dann fest, dass der Dauertest einfach zu hart sei und dies in Wirklichkeit ja gar nicht vorkomme.

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  1. Keine Glückssache
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  3. Ströme in den Elkos und in Induktivitäten
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