»Make or Buy« ist auch bei Stromversorgungen eine entscheidende Frage. Was wollen die Kunden und was macht Sinn? Antworten gab es auf dem Markt&Technik Forum »Power-Distribution«.
»Die Schwelle Make or Buy steigt jährlich kontinuierlich, das heißt die Grenze der Stückzahlen, ab der es sich lohnt, eine Stromversorgung selber aufzubauen sinkt. Gleichzeitig sinken auch die Preise«, weiß Andreas Mangler, Director Strategic Marketing von Rutronik.
»Wenn ich eine fertige 30 Watt Stromversorgung für 7 Dollar kaufen kann, dann sollte man genau hinterfragen, ob eine kundenspezifische Stromversorgung wirklich erforderlich ist«, rät Ralf Hägle, Marketing Manager Power Central Europe von Avnet Abacus. Dennoch hat »customized« nach Auskunft der Diskussionsteilnehmer eine hohe Berechtigung. Aber dem tragen viele Hersteller bereits durch die Modularität ihrer Produkte Rechnung: »Der Markt bietet viele verschiedenartige Stromversorgungen, so dass meist keine Notwendigkeit besteht, etwas Eigenes zu entwickeln und der Wunsch nach einer kundenspezifischen Eigenentwicklung immer weiter zurückgeht, da es viele Konfigurationsmöglichkeiten mit modularen Geräten gibt und deren Anpassungsmöglichkeiten stetig steigen «, erklärt Micha Ewert, Product Development Manager Power – Central Europe von TTI.
Einkauf steuert in Richtung Standardprodukte
Nach Erfahrung von Nicole Haunschild, Kaufmännische Leitung & Prokuristin von M+R Multitronik steuert bei einem Großteil der Industriekunden der strategische Einkauf in Richtung Standardprodukte: »Selbst wenn die Entwicklung des Kunden eine Stromversorgung grundsätzlich für gut befindet und nur leichte Modifikationen wünscht, die keine Einwirkungen auf Safety-Vorgaben haben, lehnt der Einkauf dies mit der Begründung ab, dass man eine Second Source haben möchte. Letztlich geht es um die Vergleichbarkeit.«
Ob ein Standardprodukt eingesetzt wird, hängt laut Jens Egbers, Manager FAE-Team von MEV auch vom Leistungsbereich ab. Während im Kleinleistungssegment oft auf ein Standardprodukt zurückgegriffen wird, steigen die Anforderungen des Kunden mit der Leistung. »Je höher die Leistung, umso höher sind auch die Anforderungen der Kunden, Gehäuse oder auch Schnittstellen. Da wird dann eher in Richtung kundenspezifische Entwicklung gedacht«, so Egbers. Zudem gelte es laut Egbers zu unterscheiden zwischen AC/DC und DC/DC. »Bei DC/DC wird viel zugekauft, weil die Leisungsdichte groß. Aber im AC/DC Bereich legen viele Firmen bei ihren Kleinleistungs-Netzteile mit 10 Watt oder 5 Watt noch selbst Hand an.«
Teure UL-Zulassungen führen Standardprodukte ad absurdum
Neben der Komplexität und der Leistung spricht auch die Nachhaltigkeit der Bauteile in einer Stromversorgung, die lange am Markt verfügbar sein soll, gegen ein Produkt von der Stange, da der Anwender keinen Einfluss auf Abkündigungen oder Produktänderungen hat. »Wenn ich zum Beispiel mit meinem Produkt eine UL-Norm zu erfüllen habe, dürfen Bauelemente der Stromversorgung nicht einfach ausgetauscht werden. Das spricht gegen ein Standardprodukt«, unterstreicht Michael Rutz, Bereichsleitung & Prokurist Systemkomponenten von Elektrosil. »Kundenspezifisch ist nach wie vor ein Thema. Der Markt ist da. Es gibt so viele Anfragen, die bekommt man gar nicht alle abgedeckt«, ergänzt Stefan Westerbecke, Manging Director von RSG Electronic.
Höhere Stückzahlen forcieren Eigenentwicklungen
Auch höhere Stückzahlen treiben den Trend in Richtung Eigenentwicklung, etwa durch die zunehmende Elektrifizierung von mechanischen und/oder hydraulischen Anwendungen oder durch zusätzliche Features in einer bereits bestehenden Applikation, die ein Re-Design erforderlich machen. Als weiteres Beispiel nennt Nicole Haunschild Spezialprodukte, die den Sprung zum Consumerprodukt schaffen, wie etwa Blutdruckmessgeräte – früher dem medizinischen Fachhandel vorbehalten, heute auch mal im Discounter erhältlich.