Photonik birgt enormes Potential

Das sind die Zukunftstrends der Optoelektronik

12. Dezember 2023, 16:30 Uhr | Dr. Jörg Strauss, ams Osram
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Die Photonik gilt als DIE Schlüsseltechnologie für die Zukunft der Elektronik. Die Innovationskraft der Branche ist immens, das Marktpotenzial riesig – und das durch nahezu alle Industriebereiche hinweg. Daraus leiten sich Trends ab, die die Zukunft der Optoelektronik maßgeblich prägen werden.

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Von Dr. Jörg Strauss, ams Osram

Auf die Zukunft in der Photonik muss niemand mehr warten. Sie steht bereits vor der Tür. Viele Trends, die sich für das Jahr 2024 in der Welt des sichtbaren und unsichtbaren Lichts sowie den zusammenhängenden Sensorik­anwendungen abzeichnen, haben ihren Ursprung in der Laborarbeit der vergangenen Jahre. Sei es, dass Entwicklungen wie die Miniaturisierung oder Digitalisierung neue Dimensionen erreichen, sei es, dass die Photonik neue Anwendungsbereiche erschließt und dort – wie etwa in der Medizintechnik – neue technologische Möglichkeiten eröffnet. Fast alle Entwicklungen finden nach und nach Platz in unserem Alltag. Häufig im Automobil oder im Smartphone, manchmal aber auch mittelbar auf dem Salatteller.

Kleiner, immer kleiner

Ein zentraler Trend in der Photonik bleibt die Miniaturisierung. In vielen Consumer-Geräten wie Smart­phones, Laptops oder Smartwatches ist die Größe eines Bauteils ein ganz entscheidender Faktor. Aber auch in Fahrzeugen ist Bauraum hart umkämpft. Daher müssen sowohl Lichtquellen, Sensoren als auch integrierte optische Systeme immer kleiner werden.

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Winzige Sensoren von ams Osram sorgen dafür, dass AR/VR-Brillen ihren Nutzern Informationen quasi „vor Augen führen“ können.
Winzige Sensoren von ams Osram sorgen dafür, dass AR/VR-Brillen ihren Nutzern Informationen quasi „vor Augen führen“ können. Was heute noch in etwas überdimensionierte Skibrillen passt, soll künftig möglichst in die Alltagslesebrille von Millionen Benutzern integriert sein.
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Ein anschau­liches Beispiel dafür sind AR/VR-Brillen (Augmented Reality/Virtual Reality), die ihren Nutzern hochkomplexe, dreidimensionale Welten zeigen. Die Technik dafür füllte noch vor wenigen Jahren einen größeren Karton. Heute passt sie in etwas überdimen­sionierte Skibrillen. Und künftig soll sie möglichst in die Alltagslesebrille von Millionen Benutzern integriert sein. ams Osram hat nicht nur mit seinem winzigen Bildsensor Mira050 bereits einen wichtigen Beitrag zur Miniaturisierung von Smart Glasses geleistet, sondern auch durch maßgeschneiderte Projektorlösungen auf LED- oder Laserbasis sowie Sensorik­lösungen zum Augen-Tracking oder zur Gestenerkennung.

Auch in der Medizintechnik spielt Größe aufgrund der Anatomie des menschlichen Körpers eine wichtige Rolle. Bildgebende Systeme wie Computertomographen werden platzsparend gebaut, um sie in Klinikräume unterbringen zu können. Aber schon in der Dentalmedizin oder Endoskopie werden die Dimensionen um ein Vielfaches kleiner. Durch ams Osrams Bildsensor NanEye sind Endoskopiesonden bereits heute mit kleineren Köpfen ausgestattet, was eine schonendere Behandlung der Patienten ermöglicht. Und irgendwann werden Ärzte sogar Sensorkapseln durch die menschliche Blutbahn schicken wollen.

MicroLED

Am Anfang aller Miniaturisierung war die LED: Die kleinen, starken Leuchtdioden lösten in vielen Bereichen viel größere Lichtquellen wie Glühlampen oder Leuchtstoffröhren ab. Gerade in der Bildschirm- und Displaytechnik erspart ihr Einsatz viel Raum und ermöglicht im Auto sogar die Verwendung von komplexeren Anzeigen über Tachometer und Drehzahlmesser. Von der Energieersparnis ganz zu schweigen.

Aber auch LED lassen sich durch neue Verfahren noch deutlich kleiner machen. Aktuell haben sogenannte MiniLED bereits für eine Reihe verschiedener Anwendungen an Bedeutung gewonnen, z. B. für Hintergrundbeleuchtung, Videowände oder Fahrzeugrückleuchten. Mit einer Baugröße von mitunter kleiner 100 µm ermöglichen sie neue Integrationsformen. Doch es geht noch kleiner: Als nächste Innovation werden µLED mit Strukturgrößen bis hin zu unter 10 µm den Displaymarkt erobern. Sie werden in neuartigen Direktbildschirmen verwendet, bei denen jeder einzelne Pixel aus MicroLEDs in den Farben Rot, Blau und Grün besteht.

Die Herstellung der neuen, marktverändernden Generation von Leuchtdioden bedingt allerdings einen industriellen Kraftakt. Für die zuverlässige Massenherstellung von leistungsfähigen MicroLED bedarf es enormer Entwicklungs- und Industrialisierungsarbeit aller Hersteller über die gesamte Lieferkette hinweg. Aber die Zukunft hat auch hier schon begonnen. Denn in seinem Regensburger Werk erforscht und entwickelt ams Osram auf einer Pilotlinie mit 8-Zoll-Wafern die Prozesse für eine zukünftige Großvolumenfertigung erster MicroLEDs.

Mehr Lichtpunkte für die reale und virtuelle Autowelt

Der Entwicklungszyklus der Mikrotechnik für LED ist aber nicht nur auf Displays beschränkt. Er reicht bei ams Osram rund zehn Jahre zurück. Im Jahr 2013 wurden im Zuge eines Förderprojektes erstmals 1024 Pixel auf einem LED-Chip realisiert. Im Jahr 2023 kam mit der intelligenten Multi-Pixel-LED Eviyos 2.0 ein Produkt für Autofrontlichter mit 25.600 Pixeln auf den Markt. Mit dieser Innovation erweitern sich die Sicherheitsaspekte für Fahrer und Passagiere auf die Umgebung des Fahrzeugs: das Auto nimmt seine Umwelt aktiv war und kommuniziert über Lichtprojektionen mit Fußgängern, Fahrradfahrern und anderen Fahrzeugen.

Mittels LED auf Folie scheint das Licht aus dem Nichts zu entstehen, beispielsweise auf gebogenen Trägermaterialien oder in dreidimensionalen Anordnungen.

Neben der Eviyos-Scheinwerfertechnik, die sich immer weiter in neuen Autos verbreitet, ist durch Miniaturisierung auch das dynamische Signallicht Aliyos entstanden. Mit LED auf Folie sind neue Effekte möglich – hierfür scheint das Licht aus dem Nichts zu entstehen, etwa auf gebogenen Trägermaterialien oder in dreidimen­sionalen Anordnungen.

Alles eins – Hochintegration

Mit der Miniaturisierung geht in der Regel auch die Integration von mehreren Funktionen in optischen Systemen einher. Der Wandel in der Automobilwelt treibt diesen Trend ebenfalls mit voran. Im Fahrzeuginnenraum hält die Photonik immer mehr Einzug. Mit speziellen Osire-LEDs ermöglicht ams Osram beispielsweise auf geringstem Bauraum atmosphärische Beleuchtung oder integrierte Funktionsfelder in der Mittelkonsole des Fahrzeugs.

Ein weiteres Trendbeispiel für die höhere Integration ist die sogenannte SMI-Technologie. Das Kürzel steht für »Self Mixing Interferometry« und ermöglicht vereinfacht gesagt die Integration von Infrarotlaseremitter und Detektor in einem einzigen Bauteil, einem Infrarot-VCSEL. Die Vorteile liegen auf der Hand: Entsprechende Sensorsysteme zur Umgebungserkennung werden einfacher, kleiner, leichter und preiswerter.

In den nächsten Jahren rechnet man bei ams Osram damit, dass die SMI-Technologie so weit entwickelt sein wird, dass sie Haushaltsroboter durch Wohnzimmer steuert, Industrierobotik zu Schweißpunkten lenkt und allgemein in der Haus- und Gebäudeautomation Einzug hält. Später erwarten die Experten noch weiteres Potenzial bei Consumer Electronics wie den erwähnten AR/VR-Brillen.

Mit höherer Integration geht auch noch die enge Kombination von Emittern wie den LEDs oder Lasern mit Siliziumbauteilen wie zum Beispiel Treibern oder ASICs (Application Specific Integrated Circuits) einher. Was bisher auf Systemebene erfolgte, wird nun ins Komponentenpaket gepackt. Wichtige Beispiele sind dynamische hochauflösende Vorwärtsbeleuchtung wie die bereits genannten Eviyos-Multi-Pixel-LED für Scheinwerfer, intelligente Innenraumbeleuchtungen im Auto oder laserbasierte Projektionen nahe dem menschlichen Auge für Augmented Reality.

Beim Training und beim Doktor

Wie eingangs erwähnt, kommen neue Trends in der Photonik nicht allein aus der Fortentwicklung der Technologie. Die Zukunft wird auch durch neue und erweiterte Anwendungsbereiche bestimmt, in die Photonik Einzug hält. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Gesundheit. Photonik kommt dort vielfältig zum Einsatz, sei es zum Erhalt der Fitness oder zur Diagnose von Krankheiten. Durch Digitalisierung und Miniaturisierung werden Geräte zur Überwachung von Körperfunktionen, dem sogenannten Vital Sign Monitoring, immer kleiner, intelligenter und genauer. Das gilt sowohl für die Pulsmessung mit der Smartwatch oder dem Smart Ring als auch für klinische Geräte. Die Technologie von ams Osram ist längst an vielen Handgelenken für die Fitnessdaten zuständig. Selbst im Auto wird die Technik immer wichtiger. Für zukünftige Automodelle ist beispielsweise die Müdigkeitserkennung beim Fahrer gesetzlich vorgeschrieben.

Photonen zählen

In der Medizintechnik gehören bildgebende Systeme zum Standard der Dia­gnose. Dabei ist es ein Ziel der Ärzte, die Belastung der Patienten durch Strahlung wie etwa bei der Computertomographie zu reduzieren. Ein erfolgreicher Weg ist es, bei der Messung zusätz­liche Informationen zu erfassen. Die Methode, mit ams-Osram-Sensoren einzelne Photonen zu zählen, erlaubt zum einen höhere Bildauflösungen, zum anderen steigt die Qualität der ermittelten Daten. Forscher vergleichen den Unterschied mit Schwarzweiß- und Farbfernsehen. Und letztlich lässt sich dadurch die Strahlendosis für die Pa­tienten um 40 bis 80 Prozent reduzieren. Nach Computertomographen soll die Technologie künftig auch in herkömmlichen Röntgengeräten eingesetzt werden.

Digitaler Salatteller – ressourcen­schonend angerichtet

LED-Beleuchtung und ausgeklügelte Sensorik sorgen für einen ressourcenschonenden Pflanzenanbau – damit wird Horticulture zum wichtigen Standbein für die weltweite Ernährungssicherheit.

Appetit ist das wohl ungewöhnlichste Trendthema der Photonik. Die Weltbevölkerung wächst immer weiter und damit der Bedarf an Lebensmitteln. Die Landwirtschaft ist in ihrer heutigen Form zugleich einer der größten Treiber des Klimawandels. Eine Lösung für ressourcenschonenden Pflanzenanbau ist moderne, hochpräzise LED-Beleuchtung, gekoppelt mit moderner Sensorik. So können Nutzpflanzen heute in intelligenter, einfacher und nachhaltiger Weise in abgeschlossenen Umgebungen wachsen. Photonik hilft, den Bedürfnissen verschiedener Pflanzen gerecht zu werden, ihr Wachstum zu überwachen, Erträge zu optimieren, den Düngemittel- und Pestizideinsatz zu reduzieren und die Energiekosten zu senken.

Zukunft durch Photonik

So vielfältig Licht und Sensorik sind, so vielfältig sind die Technologien und Anwendungsgebiete der Zukunft. Die Bedeutung von Photonik in den Zukunftsfeldern wächst. Insbesondere die optische Sensorik hält immer mehr Einzug in die Technik unseres Alltags. Daher arbeitet ams Osram natürlich mit seiner Entwicklungspalette in unterschiedlichen Stadien für die oben genannten Anwendungen der Zukunft, insbesondere für die strategischen Kernbereiche Automotive, Industrie und Medizintechnik. Auch für ausgewählte Segmente der Konsumelektronik entwickeln die Ingenieure immer ausgefeiltere Lösungen, die sogar bis an die Grenzen des physikalisch Machbaren gehen. Und für alle Bereiche gilt: kleiner, smarter, integrierter, digital und energieeffizient.

Dr. Jörg Strauss, ams Osram
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Der Autor:

Dr. Jörg Strauss ist Executive Vice President Quality, Research & Development bei ams Osram. Mit mehr als 20 Jahren Geschäfts- und Technologieerfahrung im Bereich  Optohalbleiter erstreckt sich seine langjährige Expertise über Licht-, Photonik- und Sensoranwendungen in den Geschäftssegmenten Automotive, Consumer und Industrie.


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