Die deutsche Display-Industrie blickt mit Zuversicht nach vorne, denn die Spezialitäten, die sie zu bieten hat, werden zunehmend gefragt, wie sich – entgegen mancher, eher vorsichtiger Erwartungen – auf der Display Week in San José gezeigt hat.
»Wir kommen optimistischer zurück, als wir hingefahren sind«, sagt Michael Stützel, Head of Development Displays & Illumination von SemsoTec und Mitglied des Vorstands des DFF – Global Network for Display Professionals –, im Einklang mit seinen Vorstandskollegen, die mit Markt&Technik darüber sprachen, welche Eindrücke sie in diesem Jahr auf der Display Week in San José gesammelt haben, der wichtigsten Display-Messe und Display-Konferenz weltweit. Michael Stützel freute sich jedenfalls, dass das Interesse an dem, was die deutsche und die europäische Display-Industrie zu bieten haben, hoch gewesen sei und noch wachse: »Sogar trotz der drohenden Zölle!« Denn erstens suchen sich viele Anwender in den USA unter dem Eindruck des Wirtschaftskrieges alternative Bezugsquellen außerhalb Chinas. Zweitens gibt es handfeste technische Gründe. In Asien werden bekanntermaßen die Standardbildschirme in hohen Stückzahlen hergestellt, was sich nicht ändern wird. Aber in vielen Einsatzfällen benötigen Anwender Displays mit kundenspezifischen Abwandlungen. »Besonders angepasste Displays in vergleichsweise kleinen Stückzahlen, darauf sind viele Firmen angewiesen, und es werden mehr. Auf deren Anforderungen einzugehen, darauf haben sich die hiesigen Display-Spezialisten fokussiert, und das können sie sehr gut«, sagt Michael Stützel.
Als Beispiel nennt er Sportwagenhersteller, die nicht die großen Stückzahlen abnehmen und für die sich eigene Entwicklungen nicht lohnen. »Solche Bildschirme sind zudem lange verfügbar, was für viele weitere Branchen interessant ist, die ebenfalls teilweise auf Anpassungen der Standardbildschirme angewiesen sind.«
Das sei inzwischen zu einem interessanten wirtschaftlichen Faktor auch für die Display-Hersteller in Asien geworden. Wenn auch der Umsatz pro Jahr mit den Spezialisten, die Standardbildschirme anpassen, vergleichsweise niedrig sei, so addiere sich das Geschäft über einen Zeitraum von 20 Jahren zu einer nicht mehr zu vernachlässigenden und sehr stabilen Größe. »Das haben die Display-Hersteller erkannt und schätzen gelernt«, so Stützel.
Auf der Display Week hätte jedenfalls ein großes Interesse am Austausch mit den deutschen Display-Spezialisten geherrscht. Der auch in diesem Jahr wieder prominent platzierte German Pavillon, den unter anderem das DFF organisiert hatte, wurde zu einem Anziehungspunkt für all diejenigen, die kleinere Stückzahlen benötigen, an denen die asiatischen Hersteller nicht interessiert sein können. »Hier steht nach wie vor die Technologie im Vordergrund, und das ist auch unser Hauptziel. Darüber stärken wir den Standort Europa, wie wir es uns im DFF vorgenommen haben«, sagt Donald Schaffer, Direktor Sales & Marketing EMEA von Dexerials Europe und zweiter Vorsitzender des DFF. »Was auch ermutigend zu sehen war: Es gibt Unternehmen aus Asien, die ihr Know-how nach Europa bringen wollen, um näher beim Kunden zu sein.« In diesem Zusammenhang wäre dringend zu wünschen, dass dies auch auf Ebene der europäischen Union breiter unterstützt werde, es gehe ja in der Elektronik nicht nur um Halbleiter-Fabs, um wenigstens etwas an Souveränität zurückzugewinnen. »Ein Unternehmen allein kann da wenig ausrichten!«, so Schaffer.
»Es herrscht aber auch in den USA ein großer Bedarf an den technologischen Stärken, die Europa zu bietet«, hat Jürgen Laur, Senior-Director Merck Electronics und Mitglied im DFF-Vorstand, auf der Messe festgestellt. Das war auf der Display Week in San José auch am starken Interesse von Firmen wie Apple und Google zu erkennen, deren Hauptsitze sich im Silicon Valley in unmittelbarer Nähe befinden, wie Dr. Armin Wedel, Vorstandsvorsitzender des DFF und Bereichsleiter am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP beobachtet hat. »Früher war das nicht so. Jetzt haben viele Mitarbeiter dieser Firmen die nahegelegene Messe besucht und sich eingehend über die neuesten Display-Technologien informiert, die für ihre künftigen Produktentwicklungen eine große Rolle spielen.«
Was Michael Stützel dabei besonders interessant erscheint: »Die hiesigen Display-Unternehmen mit ihren Spezialitäten können jetzt auch für Unternehmen wie Apple zum Lieferanten werden.«
Er macht aber auch klar: »Die Messe wird heute von den chinesischen Herstellern dominiert, das war noch vor zehn Jahren komplett anders und selbst vor fünf Jahren noch nicht so stark ausgeprägt.« Die führenden Display-Hersteller wollten zeigen, dass an ihnen kein Weg mehr vorbeiführt. Stolz zeigten sie, was sie können – und das sei viel. Sie präsentieren längst keine „Me-too“-Produkte mehr, die Qualität sei inzwischen sehr hoch: »Chinesische Unternehmen spielen in der Technologie mittlerweile ganz vorne mit – wenn auch nicht an der Spitze.«
Denn die wirklich neuen Technologien kämen nicht aus China. Die chinesischen Hersteller warteten gerne erst einmal ab, nähmen sie vorsichtig auf, um dann mit guten Produkten auf den Markt zu kommen, sobald die Nachfrage stark einsetzt. »Sie gehen ungerne ins Risiko – was ja auch schiefgehen kann, wie sich unlängst am Beispiel eines europäischen Herstellers gezeigt hat«, sagt Stützel.
Eine der interessanten neuen Technologien sind microLEDs. Hier sind die chinesischen Hersteller nach den Beobachtungen von Schaffer ebenfalls »early follower« und decken ein breites Produktportfolio ab. Auf der Display Week in San José war zu sehen, dass sich viele chinesische Hersteller auf die großen microLED-Bildschirme für Digital Signage fokussieren. Vorreiter seien hier allerdings taiwanesische und koreanische Unternehmen. »Sie präsentierten bereits kleine und große Bildschirme auf Basis von microLEDs«, sagt Jürgen Laur. »Vor zwei Jahren waren nur kleine Muster zu sehen. China industrialisiert die Technik und bietet sie dann auf dem Weltmarkt an, die Entwicklung schreitet schnell voran«, so Laur.
Doch zurück zum europäischen Markt. Hier zeichnen sich neue technologische Trends ab, auf die die Displays, beispielsweise für Autos, angepasst werden müssen. Das gilt für neue Head-up-Displays, die die gesamte Frontscheibe als Projektionsfläche nutzen. »Diese Panorama-HUDs können viele Informationen anzeigen, was es erlaubt, den Innenraum des Autos etwas aufzuräumen. Das macht die HUDs deutlich komplexer«, sagt Michael Stützel.
Außerdem zeichnet sich der technische Trend ab, die Bilder nicht nur im Innenraum des Fahrzeuges zu projizieren, sondern auch auf die Straße zu werfen. Nicht nur als Willkommens-Gadget für den Besitzer, sondern auch für neue, sicherheitsrelevante Funktionen, etwa, um mit Fußgängern kommunizieren zu können, so dass sie sehen, welchen Weg das Fahrzeug beim Ausparken einschlagen wird, um darauf reagieren zu können. Das wird mit autonom fahrenden Autos noch dringlicher werden, weil in fahrerlosen Autos schlicht der Fahrer fehlt, zu dem Fußgänger überhaupt Kontakt aufnehmen könnten. Auch das macht die gesamte Display-Technik komplexer.
Für besondere Aufmerksamkeit hatte auf der Messe denn auch ein weiterer Stand eines Unternehmens gesorgt, das sich mit dem Test von Displays beschäftigt: Karing zeigte ein kompaktes Analysesystem mit Roboter, verschiedenen Werkzeugen und Aufnahmen. Hier können die mechanischen Eigenschaften eines Displays simuliert und untersucht werden, beispielsweise ob die Touch-Funktionen wie gewünscht arbeiten, und wenn ja, wie lange. Das System ist für den Einsatz in einer Klimakammer (-40 °C bis +85 °C) geeignet, um Displays speziell auf die Tauglichkeit in Fahrzeugen zu testen.
Das hatte nach den Beobachtungen von Dr. Armin Wedel auf viele Besucher sehr anziehend gewirkt und den ohnehin schon gut besuchten German Pavillon auf der Display Week in San Jose zusätzlich belebt. Alles in allem also ein voller Erfolg für die Aussteller des German Pavillon in San Jose.