Interview mit Philipp Wartenberg, FhG

»Ein Durchbruch für microLEDs!«

8. Mai 2025, 9:21 Uhr | Heinz Arnold
Philipp Wartenberg, Head of Department IC & System Design vom Fraunhofer IPMS: »Die microLED-Technik ist keinesfalls tot. Es besteht noch Forschungsbedarf, aber das Interesse ist nach wie vor hoch und wir freuen uns, sehr aktiv dabei mitzuwirken zu können.«
© Fraunhofer IPMS

Das Fraunhofer IPMS hat neue innovative Backplanes für die Ansteuerung von microLEDs entwickelt – Vuzix setzt sie in ihren neuen AR-Brillen ein. Markt&Technik sprach mit Philipp Wartenberg vom Fraunhofer IPMS über die Fortschritte auf dem Gebiet der microLEDs.

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Markt&Technik: Sie sprechen von einem Durchbruch auf dem Gebiet der microLEDs. Was genau meinen Sie damit?

Philipp Wartenberg, Head of Department IC & System Design vom Fraunhofer IPMS: Die Pixel für kleine Displays, die beispielsweise in Smart Glasses Einsatz finden können, müssen sehr klein sein (Mikrometer). Je kleiner sie werden, umso mehr spielen unerwünschte Randeffekte eine Rolle, die ausgeglichen werden müssen. Zudem ist die Stromaufnahme der microLED-Pixel relativ hoch. Ausgehend von unserer langjährigen Erfahrung im Bereich der Backplanes für OLEDs ist es uns jetzt gelungen, die Backplanes auf die besonderen Anforderungen der microLEDs anzupassen, damit besonders hohe Helligkeiten erreicht werden können. Dies wiederum ist die Voraussetzung für den Einsatz von microLEDs in AR-Brillen. Dass Vuzix sie jetzt in ihrer Brille einsetzt, zeigt, dass ein entscheidender Schritt gelungen ist – und wir freuen uns, das Mikrodisplay auf der SID DisplayWeek in San Jose nächste Woche zu zeigen: Ein Besuch am Stand 1135, German Pavillion des Fraunhofer IPMS lohnt sich – es gibt zahlreiche Innovationen im Bereich der Mikrodisplays zu besichtigen.

Die Stromaufnahme ist aber nur ein Parameter unter mehreren, die für AR-Brillen erforderlich sind? 

Ja, es kommt darauf an, möglichst wenig Strom aufzunehmen, eine hohe Leuchtkraft sowie eine hohe optische Effizienz zu erzielen bei gleichzeitig möglichst kleiner Bauform. Alle Aspekte beeinflussen sich gegenseitig und müssen im Verbund gelöst werden. Die neue microLED Backplane leistet dazu einen wichtigen Beitrag, hier sehen wir uns als Entwicklungspartner in einer weltweit führenden Position.

Das Fraunhofer IPMS beschäftigt sich schon länger mit Backplanes für OLEDs. Bedeutet es einen großen Sprung, diese Backplanes auf die Anforderungen von microLED-Displays anzupassen? 

Wir können auf eine Erfahrung von 20 Jahren mit kleinen Displays bis 1 Zoll und der elektronischen Ansteuerungen dafür, also der Backplanes, zurückblicken. 2018 haben wir diese 1-Zoll-WUXGA-Backplane (1920 x 1200) für OLEDs erstmals vorgestellt und seitdem kontinuierlich weiterentwickelt. Die erforderlichen Stromstärken für die Ansteuerung organischer LEDs (OLEDs) liegen jedoch deutlich unter den Stromstärken, die für microLED-Pixel erforderlich sind. Dementsprechend mussten die in der Backplane integrierten Treiber höhere Ströme liefern, also eigentlich größer werden – jedoch war es eine substantielle Forderung, dass die Pixelgröße gleich bleiben sollte. Aufgrund der langjährigen Erfahrung in unserem Team ist es uns durch innovative Schaltungsanpassungen gelungen, dies zu erreichen bei gleichzeitig einer möglichst geringen stromsparenden Auslegung der Treiber. Mit dem aktuellen Projekt haben wir einen Weg gezeigt, wie sich die ursprünglich für OLEDs entwickelten Backplanes mit vertretbarem Aufwand auf die microLEDs anpassen lassen. Dies stellt eine ausgezeichnete Chance für die Erweiterung unseres bestehenden Backplane-Portfolios in Richtung kundenspezifischer microLED Backplanes dar. Hier sind wir offen für weitere Zusammenarbeiten mit der Industrie. 

Wie groß sind denn die OLED-Pixel? 

Der Pitch der Pixel wird durch die Backplane vorgegeben und beträgt 11 µm x 11 µm, wobei insgesamt 4 Sub-Pixel-Treiber auf dieser Fläche untergebracht sind. Die Sub-Pixel Größe beträgt somit 5,5 µm x 5,5 mm.

Seitdem Apple aus den micoLED-Displays für die Smartwatch-Bildschirme ausgestiegen ist, ist es etwas ruhiger um die früher so gehypten micoLEDs geworden. Nicht wenige dachten, dass die vielen Milliarden Dollar, die in die Entwicklung von microLEDs geflossen sind, wenig gebracht haben. Wie schätzen sie die Situation ein? 

Die microLED-Technik ist keinesfalls tot. Es besteht noch Forschungsbedarf, aber das Interesse ist nach wie vor hoch. Und unsere Arbeit führt zu guten Ergebnissen, wie die Zusammenarbeit mit Vuzix jetzt durchaus eindrucksvoll gezeigt hat. Ein Vorteil der microLEDs: Sie emittieren schmalbandig, was die Umsetzung vieler optischer Konzepte erlaubt – beispielsweise Waveguides in AR-Brillen. Sie sind optisch bislang nicht besonders effizient. Ein potentieller Ausweg wären hier semitransparente Displays – ein weiteres Forschungsgebiet unseres interdisziplinären Teams. Welches Gesamtpaket aus Optik, Elektronik und optischer Technologie sich am Ende durchsetzen wird, ist heute noch nicht klar. Auf jeden Fall finden auf dem Sektor der microLEDs kontinuierlich Innovationen statt und wir sind freuen, sehr aktiv dabei mitzuwirken zu können.  

Im Moment sehen sich die Hersteller im Aufwind, die auf Light-Beam-Scanner setzen, um die virtuellen Bilder in AR-Brillen zu erzeugen. Sie argumentieren damit, dass LBS die Nachteile der alternativen Verfahren wie OLEDs oder microLEDs grundsätzlich nicht aufwiesen. Wenn OLED oder microLED-Bildschirme in AR-Brillen auftauchen würden, wäre das nur eine Übergangstechnik, die LBS-Technik werde schon bald übernehmen. Können Sie Argumente ins Feld führen, die für die microLEDs sprechen?

Hier gibt es kein Schwarz und Weiß der Technologien, mit eigenen Vor- und Nachteilen. Doch auch in diesem Gebiet sind wir aktiv, indem wir seit über 25 Jahren die kritische integrierte Komponente Mikrospiegel designen, entwickeln und im eigenen MEMS Reinraum in Dresden fertigen. Das Fraunhofer IPMS ist somit exzellent aufgestellt, um den AR-Brillen Markt mit innovativen Lösungen voranzubringen.

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