Trotz gleichbleibenden Prozessor-Takts

Schneller testen mit mehr Kernen

12. Oktober 2015, 15:05 Uhr | von Adam Foster und Shahram Mehraban
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Anwendungen für Many-Core-Prozessoren

Einige Anwendungsbereiche in der Prüftechnik sind geradezu prädestiniert dafür, die Leistung eines Prozessors mit mehreren Kernen zu nutzen.

Zusammenhang zwischen paralleler Testeffizienz, Durchsatz und Anzahl der Standorte in einem Halbleiter-Multisite-Testsystem
Bild 4. Zusammenhang zwischen paralleler Testeffizienz, Durchsatz und Anzahl der Standorte in einem Halbleiter-Multisite-Testsystem.
© National Instruments

In „The McClean Report 2015“ [2], einer von IC Insights durchgeführten Marktstudie, untersuchen Forscher viele Aspekte des Halbleitermarktes, z.B. die Wirtschaftlichkeit des Geschäftsbereichs. Dabei fanden sie Folgendes heraus: »Bei einigen komplexen Chips können die Prüfkosten die Hälfte der Gesamtkosten ausmachen.« Außerdem »waren und sind parallele Tests ein entscheidender Faktor, um die Kosten zu senken.«

Ebenso hat die Forschung gezeigt, dass so, wie sich Menschen beim Jonglieren der Aufgaben des Alltags mit Schwierigkeiten konfrontiert sehen, Systeme bei parallelen Tests einem Overhead unterliegen. Bei Halbleitertests nutzen Testverantwortliche die parallele Testeffizienz (Bild 4) eines Prüfsystems, um dessen Overhead zu messen. Wenn die Test-Software korrekt erstellt wurde, sollte sich eine höhere Anzahl von verfügbaren Rechenkernen positiv auf die parallele Testeffizienz einer vorhandenen Testroutine auswirken. Obwohl Testverantwortliche viele Faktoren wie den Platzbedarf, den optimalen Durchsatz pro Stunde und die Investition in automatisierte Testsysteme in Betracht ziehen müssen, übt eine Aktualisierung des Systems hin zu paralleler Verarbeitung üblicherweise durch die Verbesserung der parallelen Testeffizienz einen positiven Einfluss auf ein Unternehmen aus.

Zunahme der komplexen Signalverarbeitung bei Wireless-Kommunikationsprotokollen im Lauf der Zeit
Bild 5. Zunahme der komplexen Signalverarbeitung bei Wireless-Kommunikationsprotokollen im Lauf der Zeit.
© National Instruments

Doch die Halbleiterindustrie ist nicht allein bei der Akzeptanz von parallelen Tests. Es dürfte schwierig sein, ein Wire­less-Testsystem zu finden, das weniger als vier Geräte gleichzeitig prüft. Many-Core-Prozessoren können auch in jeder Branche eingesetzt werden, in der die Mobilfunk- und Connectivity-Funktion eines Geräts geprüft werden muss. Der nächste Standard, 5G – eine Technologie, die die Bandbreite aktueller HF-Messtechnik weit übertreffen wird – befindet sich bereits in der Forschungs- und Prototypenphase. Neben der Verarbeitung der Daten, die vom Signalanalysator mit hoher Bandbreite zurückgesendet werden, müssen Wireless-Testsysteme mehrere Protokolle parallel testen können.

Ein Smartphone-Hersteller muss beispielsweise nicht nur 5G testen, wenn er künftig ein Produkt auf den Markt bringt, sondern auch den Großteil der vorangegangenen Technologien wie Bluetooth, 802.11 und viele andere Anbindungsmöglichkeiten (Bild 5). Und: Für jedes neue Kommunikationsprotokoll sind grundsätzlich Testalgorithmen nötig, die rechenintensiver sind als ihre Vorgänger. Prozessoren mit mehreren Kernen sind für eine höhere parallele Testeffizienz im Halbleitertestsystem hilfreich. Genauso wird auch eine Steigerung des Verhältnisses der Prozessorkerne im Vergleich zur Anzahl der Protokolle und Prüflinge dazu führen, dass die Testzeit verkürzt wird.

Anwendungs-Software

Die Software hat sich von einer kleinen Komponente hin zu einer führenden Rolle im Mess- und Prüfbereich entwickelt. Durch die zuvor erwähnte Veränderung am Prozessormarkt sehen sich Prüf­ingenieure nun der noch dringlicheren Herausforderung gegenüber, parallele Software-Architekturen in Tests implementieren zu müssen. Bei der Verwendung einer allgemeinen Programmiersprache wie C oder C++ erfordert die korrekte Implementierung von parallelen Testverfahren häufig einige Monate an Entwicklungsarbeit. Wenn die Markteinführungszeit wichtig ist, müssen Testverantwortliche die Produktivität der Entwickler steigern. Die Akzeptanz von anwendungsspezifischer Entwicklungs-Software für Prüfcode (zum Beispiel LabVIEW) und von Testmanagement-Software (zum Beispiel TestStand) verlagert den Verwaltungsaufwand für die parallele Verarbeitung und den Thread-Wechsel von den Prüfabteilungen hin zu den Mitarbeitern der Abteilung für Software-Forschung und -entwicklung eines Software-Unternehmens. Mit der anwendungsspezifischen Software können sich Prüfingenieure auf den Programmcode konzentrieren, der für den Test ihrer Geräte entscheidend ist.

Gut gerüstet in die Zukunft

Die Komplexität hat im vergangenen Jahrzehnt mit einer rasanten Geschwindigkeit zugenommen und dieser Prozess zeigt noch immer keine Anzeichen einer Verlangsamung. Die nächste Generation der Mobilfunkkommunikation wird für 2020 erwartet. Das Marktforschungsunternehmen Gartner geht davon aus, dass jeder Haushalt weltweit bis 2022 über mehr als 500 vernetzte Geräte verfügen wird und dass Sensoren sehr wahrscheinlich kleiner als der Durchmesser eines Haares sein werden. Aufgrund der steigenden Kundenerwartungen an qualitativ hochwertige Produkte müssen Hersteller ihre Produkte gründlich entwerfen und testen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Prüf­ingenieure müssen die Produkte testen und gewährleisten, dass sie sicher und zuverlässig funktionieren. Damit das wirtschaftlich möglich ist, müssen sie einen modularen, Software-zentrierten Ansatz einsetzen, der parallele Tests unterstützt. Die Many-Core-Technologie zu nutzen ist nicht länger eine Möglichkeit, sondern ein Muss, um weiterhin wirtschaftlich arbeiten zu können. Die einzige verbleibende Frage ist, wie Prüfabteilungen ihre Software-Ansätze anpassen werden, um die zusätzlichen Rechenkerne nutzen zu können.

 

Literatur

[1] Geoffrey A. Moore: Das Tornado-Phänomen. Dr. Th. Gabler Verlag, 1996
[2] The McClean Report. www.icinsights.com/services/mcclean-report/

 

Die Autoren

 

Shahram Mehraban
 
ist Director für den Bereich Industrial and Energy Solutions bei Intel. 
Adam Foster
 
ist Senior Product Marketing Manager für den Bereich Automated Test bei National Instruments.

adam.foster@ni.com



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