Die Idee hinter einem IoT-Gerät mag noch so gut sein – wenn die entwicklungsbegleitenden Teststrategien nicht dazu passen, kann es zu teuren Verzögerungen bei der Markteinführung kommen. Dabei ist es gar nicht so schwierig, eine gute Teststrategie zu erarbeiten, wie Martin Varga, Anritsu, erklärt.
Markt&Technik: Herr Varga, was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen im Bereich IoT-Test?
Martin Varga, Wireless and Custom Engineering Teamleiter von Anritsu: Das IoT selbst bringt nicht nur eine einzelne Kommunikationstechnik mit sich, sondern mehrere Technologien: Mobilfunk – zum Beispiel LTE und 5G – und drahtlose Nahbereichsübertragung wie etwa WLAN oder Bluetooth. Natürlich müssen IoT-Geräte alle diese Techniken unterstützen, um verschiedene Dienste bereitzustellen. Die Herausforderung für die Messtechnik besteht nun darin, die verschiedensten Aspekte jeder einzelnen Kommunikationstechnik zu testen. Zudem gilt es, die verschiedenen Ebenen in IoT-Geräten zu testen. Während sich die Tests auf der physikalischen Schicht der Kommunikationstechnik darauf konzentrieren, eine störungsfreie Anbindung zu gewährleisten, sind auch Tests auf Anwendungsebene wichtig, um Probleme in Bezug auf die Benutzerfreundlichkeit oder die korrekte Funktion der von IoT-Geräten angebotenen Dienste zu identifizieren.
Welche Fehleinschätzungen in Bezug auf IoT-Tests begegnen Ihnen in der Entwicklung am häufigsten?
Viele Entwickler gehen davon aus, dass IoT-Technologien bereits ausgereift genug und für eine störungsfreie Anbindung und Kommunikation ausgelegt sind. Das stimmt zwar, aber dennoch hat jedes IoT-Gerät ein jeweils einzigartiges Design von Komponenten, die sich gegenseitig beeinflussen und auch stören können. Wird das IoT-Gerät nicht ordnungsgemäß getestet, weiß man nie, wie das Design der Komponenten in einem Gerät funktioniert, unabhängig von der Technologiereife. Eine andere Annahme vieler Entwickler ist, dass das Testen kompliziert, komplex und teuer ist – was nicht stimmt, weil es Messgeräte gibt, die einfache, effektive und kostengünstige Lösungen bieten, die am Ende eine Menge Kosten bei der Entwicklung von IoT-Geräten einsparen.
Was ist Ihrer Meinung nach eine »gute« IoT-Teststrategie?
Eine gute IoT-Teststrategie besteht darin, überhaupt eine zu haben. Das bedeutet, dass in jeder Phase des Entwicklungszyklus von IoT-Geräten ganz konkrete Tests und Messungen durchzuführen sind. Ohne diese entwicklungsbegleitenden Messungen kann es ganz schön teuer werden, wenn das Gerät nicht wie erwartet funktioniert oder es dem Endanwender die gewünschten Dienste nur teilweise oder gleich gar nicht bereitstellt.
Wie unterscheiden sich IoT-Entwicklungstests von -Produktionstests?
Der Hauptunterschied liegt in der Messgeschwindigkeit. IoT-Tests in der Entwicklungsphase erfordern in der Regel eine vollständige Simulation des Netzwerks und beinhalten eine Protokollschicht für die Signalisierung, welche die Zeit erfordert, um eine Kommunikationsverbindung für die Messung herzustellen. Bei Tests in der Produktionslinie hingegen kommt es auf schnelle und genaue Messungen an. Daher sind bei diesen Tests keine Protokollschicht und keine Signalisierung erforderlich, um eine aktive Kommunikationsverbindung zwischen IoT-Gerät und Messgerät herzustellen.
Der Test in der Produktionslinie funktioniert ausschließlich im Nicht-Signalisierungsmodus, in dem das Gerät entweder ein bestimmtes Wellenformsignal überträgt und das Testgerät dieses misst oder – umgekehrt – bei der das Testgerät ein bestimmtes Wellenformsignal überträgt und das IoT-Gerät das empfangene Signal misst.
Welche Arten von IoT-Testgeräten gibt es und wo liegen ihre Stärken und Schwächen?
IoT-Testgeräte lassen sich kategorisieren in Mobilfunkmessgeräte, die Mobilfunk-Standards wie 5G, 4G, 3G und 2G unterstützen, und in Wireless-Messgeräte mit kurzer Reichweite, die für Übertragungstechniken wie WLAN und Bluetooth ausgelegt sind. Diese Art von Equipment dient als Netzwerk- oder Gerätesimulator, um das getestete IoT-Gerät mithilfe von Protokollschichtsignalen in den richtigen Prüfzustand zu versetzen und Messungen durchzuführen. Ein solcher Betrieb erfordert das Einstellen vieler verschiedener Parameter, was die Messung komplexer macht. Andererseits werden die Messungen unter realen Bedingungen durchgeführt, um sicherzustellen, dass das IoT-Gerät auch im kommerziellen Einsatz korrekt funktioniert.
Eine andere Art von Test-Equipment konzentriert sich auf das Testen ohne Signalisierung, bei dem nur die physikalische Ebene, der PHY, getestet wird, ohne höhere Protokoll- oder Anwendungsschichten mit einzubeziehen. Solche Messungen ermöglichen eine weniger komplexe Parametrierung und eine hohe Messgeschwindigkeit, messen jedoch nur einen begrenzten Teil des gesamten IoT-Geräts. Das könnte zu negativen Überraschungen in Bezug auf Leistungsfähigkeit und Betrieb führen, sobald das IoT-Gerät kommerziell genutzt wird.