Interview: 40 Jahre Datatec

»Wir wollen weiterwachsen, aber mit Maß und Substanz«

11. Juli 2025, 14:19 Uhr | Nicole Wörner
Hans Steiner (l.) und Markus Kohler (r.) prägen das Unternehmen Datatec AG.
© Datatec AG

Vor 40 Jahren gründete Hans Steiner den Messtechnik-Fachhändler Datatec. Heute führt er das Unternehmen gemeinsam mit Markus Kohler und einem Management-Team – international, technologieorientiert und wertebasiert. Im Interview sprechen sie über Wendepunkte, Überzeugungen und künftige Strategien.

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Markt&Technik: 40 Jahre Datatec – Herr Steiner, was geht Ihnen spontan durch den Kopf, wenn Sie an die Gründung zurückdenken?

Hans Steiner: Ganz ehrlich? Viel harte Arbeit und Ausdauer. Ich erinnere mich an lange Tage, Wochen ohne Pause und an einen Start, der alles andere als komfortabel war. Die ersten fünf Jahre waren geprägt von 70- bis 80-Stunden-Wochen. Rückblickend war es eine Zeit voller Lernen, voller Entscheidungen – und auch voller Überzeugung und Enthusiasmus. Dass aus dieser Anfangszeit ein Unternehmen wie Datatec entsteht, konnte ich mir nicht vorstellen, macht mich aber heute stolz.

Erinnern Sie sich noch, wie der erste Auftrag für Datatec zustande kam?

Hans Steiner: Ja, das war ein echter Startschuss: Eine Servicestelle eines Schweizer Maschinenbauers war unser erster Kunde. Verkauft habe ich ein Oszilloskop der Firma Intron, unserem ersten Lieferanten aus den Niederlanden. Deren Entscheidung, mir den exklusiven Vertrieb für Baden-Württemberg anzuvertrauen, kam damals direkt vom Firmeninhaber – das war unser Startsignal.

Hans Steiner, Gründer und Geschäftsführer von Datatec
Hans Steiner, Datatec: »Die Internationalisierung ist für uns kein Selbstzweck, sondern eine logische Folge unserer Entwicklung.«
© Datatec

Gab es in der 40-jährigen Geschichte Phasen, in denen Sie am Erfolg gezweifelt haben? Und wie sind Sie damit umgegangen?

Hans Steiner: Nach den ersten fünf Jahren mit mäßigem Erfolg gab es Zweifel. Vor allem dann, wenn der Markt eingebrochen war oder große Lieferantenverträge beendet wurden – wie etwa im Jahr 2009 durch die Kündigung seitens Tektronix. Aber meine Devise war immer: »Gib niemals auf.« Es war echte harte Arbeit, um weiterhin die Mitarbeiter bezahlen zu können – 2009 hatten wir bereits 50 Mitarbeiter. Ich habe Rückschläge verarbeitet, indem ich kurz Abstand genommen habe – manchmal war eine Runde mit dem Porsche mein persönlicher Reset-Knopf. Und dann hieß es: aufstehen, anpassen, weitermachen.

Welche Eigenschaften braucht man Ihrer Meinung nach, um ein Unternehmen über so viele Jahre erfolgreich zu führen?

Hans Steiner: Ausdauer. Den Mut, Entscheidungen zu treffen. Und die Fähigkeit, in schwierigen Momenten ruhig zu bleiben. Du musst bereit sein, Verantwortung zu übernehmen – auch wenn’s weh tut. Und Du brauchst einen klaren inneren Kompass. Ich habe nie für schnellen Gewinn gearbeitet, sondern immer langfristig und nachhaltig gedacht.

Was war Ihr größtes persönliches Highlight und was die größten Meilensteine in der Unternehmensgeschichte?

Hans Steiner: Das größte Highlight war die Entwicklung vom Ein-Mann-Betrieb zur Datatec-Gruppe mit derzeit 160 motivierten Mitarbeitern in Deutschland – und damit auch das Vertrauen, das mir Kunden, Partner und Mitarbeiter über Jahrzehnte entgegengebracht haben. Meilensteine gab es einige: 1988 der Beginn mit Tektronix. Dann 2009 – die Aufnahme von Agilent (heute Keysight) in unser Portfolio, auch wenn das zur Kündigung seitens Tektronix führte. Und später natürlich die Umwandlung zur Datatec AG.

Kohler Markus von Datatec
Markus Kohler, Datatec: »Unsere Kunden spüren, dass Verlässlichkeit bei uns kein Lippenbekenntnis ist.«
© Datatec

Und für Sie, Herr Kohler?

Markus Kohler: Ein großer Meilenstein war und ist für mich die zunehmende Internationalisierung unseres Unternehmens. Mit Partnern in Spanien, Österreich, der Schweiz, in Schweden und Finnland haben wir wichtige Märkte erschlossen und uns strategisch deutlich breiter aufgestellt. Das hat nicht nur unser Geschäft gestärkt, sondern auch die gesamte Organisation weiterentwickelt – kulturell wie strukturell. Besonders stolz bin ich darauf, wie wir dabei unsere Werte und Unternehmenskultur über Ländergrenzen hinweg leben und weitertragen.

Hans Steiner: Hier möchte ich ergänzen, dass die Internationalisierung für uns kein Selbstzweck ist, sondern eine logische Folge unserer Entwicklung. Unsere Märkte sind technologiegetrieben, und der Bedarf ist in ganz Europa da. Die von Herrn Kohler gerade genannten Standorte haben wir bewusst aufgebaut, immer im Schulterschluss mit Partnern vor Ort und mit viel Respekt für kulturelle Unterschiede. Wichtig ist, dass wir aus Deutschland heraus nicht alles überstülpen – sondern lokale Eigenständigkeit mit strategischer Anbindung verbinden.

Welche Werte oder Prinzipien, die zu Beginn galten, sind auch heute noch fest im Unternehmen verankert?

Markus Kohler: Ehrlichkeit, Konsequenz und Disziplin – diese drei Begriffe leben wir im Unternehmen. Wir sagen, was wir tun, und tun, was wir sagen. Diese Verlässlichkeit spüren unsere Kunden und unsere Mitarbeiter. Ich bin überzeugt: Wenn diese Werte gelebt werden, entsteht Vertrauen – und das ist in jeder Geschäftsbeziehung entscheidend.

Wie würden Sie Datatec aktuell im Marktumfeld positionieren? Wo stehen Sie im Vergleich zu Mitbewerbern?

Markus Kohler: Wir sehen uns als Experten für Mess- und Prüftechnik. Wir sind ein Handelshaus – aber keine reinen Verkäufer, sondern verstehen die Anwendungen und Herausforderungen unserer Kunden. Genau das macht unsere Stärke aus. Im Vergleich zu anderen Marktteilnehmern punkten wir mit ausgeprägter Beratungskompetenz, einem breiten Portfolio mit den stärksten Marken in der Messtechnik wie etwa Keysight, Tektronix, Rohde & Schwarz oder NI, ergänzenden Serviceleistungen wie beispielsweise Kalibrierung sowie unserer eigenen Datatec-Akademie und einem Außendienstteam, das noch vor Ort zum Kunden geht. So entsteht eine Kundenbeziehung, die auf Vertrauen, Verlässlichkeit und einem durchdachten Gesamtpaket an Leistungen basiert.

In welchen Bereichen haben Sie in den letzten Jahren gezielt investiert, um Datatec fit für die Zukunft zu machen?

Markus Kohler: Wir haben unser Portfolio strategisch erweitert – neue Hersteller wie National Instruments oder Rohde & Schwarz kamen dazu. Parallel haben wir unsere Organisation digitaler gemacht: CRM, ERP, neue Website, Investition in ein eigenes Lager und vor allem in unsere Mitarbeiter.

Welche Wachstumsfelder sehen Sie für Datatec in den nächsten fünf bis zehn Jahren?

Markus Kohler: Wir sehen großes Potenzial im Bereich Energieversorgung und -messung, also alles rund um Power Supplies, Batterietestsysteme und Ladeinfrastruktur. Die Elektrifizierung vieler Industrien eröffnet hier neue Anwendungsfelder. Gleichzeitig wächst die Nachfrage nach modularen, automatisierten Testsystemen – da wollen wir uns weiter positionieren. Auch unsere Rolle als Vollsortimenter bleibt strategisch wichtig: Der Kunde will alles aus einer Hand – und genau das können wir bieten.

Wie stellen Sie sicher, dass Datatec auch in Zukunft attraktiv für junge Talente bleibt?

Markus Kohler: Indem wir mehr bieten als nur einen Arbeitsplatz. Junge Menschen suchen Sinn, Entwicklungsmöglichkeiten und ein gutes Miteinander – und genau das versuchen wir zu leben. Wir investieren in Weiterbildung, bieten flexible Arbeitsmodelle und geben früh Verantwortung ab. Gleichzeitig bleibt bei uns die Technik im Mittelpunkt – wer technikbegeistert ist und Gestaltungsspielraum sucht, der findet bei uns genau das richtige Umfeld.

Mit Blick in die Zukunft: Welche strategischen Ziele haben Sie sich gesetzt?

Hans Steiner: Wir wollen inhaltlich weiterwachsen, aber mit Maß und Substanz. Das heißt: gezielte Sortimentserweiterung, Ausbau unserer Systemkompetenz und stärkere Digitalisierung unserer Prozesse. Gleichzeitig geht es auch darum, unsere Organisation robust und agil zu halten.

Was ist jeweils Ihre persönliche Vision für Datatec im Jahr 2035?

Hans Steiner: Mein Wunsch und Ziel wäre es, dass wir weiterhin die absolute Nummer 1 in Europa sind, dass wir viele fleißige und begeisterte Mitarbeiter haben und dass uns die Kunden auch in zehn Jahren noch die Treue halten.

Markus Kohler: Ich wünsche mir ein Unternehmen, das fachlich führend, menschlich stark und kulturell gefestigt ist. Eines, das nicht jedem Trend hinterherläuft, sondern mit klarem Kurs vorangeht. Datatec soll 2035 ein europäisch aufgestellter Anbieter für messtechnische Lösungen sein – unabhängig, wertorientiert und innovationsbereit. Und: Ich hoffe, dass sich auch in Zukunft Menschen mit Freude und Überzeugung für dieses Unternehmen einsetzen – so wie ich es seit Jahren tue.

Das Interview führte Nicole Wörner. 


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