Mitarbeitende können ihre Arbeitszeit flexibler verteilen - entweder auf vier oder fünf Tage. Das neue Beschäftigungsmodell gilt für alle Berufsgruppen und an allen Standorten. Für Ausgleich sorgt ein Pool aus Springern.
Ob Corona, New Work oder Familienvereinbarkeit, den Home-Office-Diskussionen ist meist eins gemein: Praktisch arbeitende Menschen wie Handwerker, Busfahrer, Ärzte oder Pflegende bleiben außen vor. Doch mehr Zeit zuhause geht auch anders; z.B. mit einer Vier-Tage-Woche. Dass dies sogar in Zeiten von Fachkräftemangel, stressigen Krankenhausalltag und harten Pflegeroutinen funktioniert, wollen jetzt die Hochtaunus-Kliniken in Hessen zeigen.
»Wir wollen unseren Mitarbeitern mehr zeitliche Flexibilität, eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und längere Erholungsphasen ermöglichen«, sagt Klinikgeschäftsführerin Dr. Julia Hefty auf LinkedIn. Das neue Arbeitszeitmodell gilt für alle Berufsgruppen und an allen Standorten der Klinikgruppe in Usingen, Bad Homburg und Königstein.
Dabei wird sich an der Gesamtarbeitszeit nichts ändern. So kann weiterhin die volle Vergütung nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bzw. nach dem Tarifvertrag für Ärzte gezahlt werden. »Niemand muss auf Geld verzichten, um einen zusätzlichen freien Tag zu haben«, so Dr. Hefty. Das Angebot gilt für Pflegekräfte, Ärzte und nach und nach auch für alle anderen Mitarbeitenden aus Patientenversorgung, Verwaltung, Technik, usw. Der Betriebsrat hat bereits grünes Licht für die Umsetzung gegeben.
Jeder Mitarbeitende kann dabei individuell entscheiden, ob die Wochenarbeitszeit an vier oder wie gewohnt an fünf Tagen erbracht wird. »Wir haben in der gesamten Pflege auf allen Stationen die Strukturen dafür geschaffen und uns bewusst gegen einen Testlauf auf nur wenigen Stationen entschieden«, erklärt Dr. Hefty. »Es bleibt trotz der Vier-Tage-Woche natürlich genauso viel Zeit für die pflegerische Patientenversorgung wie in einer Fünf-Tage-Woche. Wir setzen ja nicht auf eine Leistungsreduktion, sondern im Gegenteil auf besser erholte und motiviertere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.«
Um die 4-Tage-Woche im Pflegedienst umsetzen zu können, sei der Flexi-Pool ein wichtiges Instrument. »Während bei uns jede Pflegekraft in einer Abteilung ihr festes Team und ihre Kern-Fachabteilung hat, ist das bei den Pflegekräften, die sich für den Flexi-Pool entscheiden, ganz anders.« Diese suchen sich aus, an welchen Tagen, zu welchen Zeiten und wieviel insgesamt sie arbeiten wollen und werden dann entsprechend eingesetzt.
Ein wenig anders läuft es im ärztlichen Dienst ab: Hier gehen die internistische sowie die pneumologische Klinik am Standort Usingen voran, als erster Testbereich in der Ärzteschaft. Die dortigen Ärzte und Ärztinnen in der Weiterbildung sowie Fach- und Oberärzte können damit ab sofort ebenfalls frei wählen.
Die Entscheidung bekommt bereits nach wenigen Minuten online erstes, positives Feedback: »Ich finds großartig,« kommentiert Lisa Müller, Geschäftsführerin einer HR-Agentur auf LinkedIn. »Man kennt aus Krankenhäusern oft sehr starre Systeme. Ein Schritt in die richtige Richtung – zumal es ja sogar Wahlfreiheit gibt.«
»Innovativ! Ich hoffe die Idee macht Schule und somit Jobs im Krankenhaus wieder attraktiv ….!«, meint auch Bernhard Rühl, Rettungsassistent beim DRK, unter dem Post. Ein ähnliches Pilotprojekt läuft seit Juli diesen Jahres auf der Palliativstation des Krankenhauses Bathanien in Moers. Die Praxis wird zeigen, als wie alltagstauglich die neuen Regelungen sich erweisen und welche Herausforderungen und möglichen Optimierungen entstehen. (uh)