Der Automotive-Markt steht derzeit besonders unter Druck. TI ist im Automotive-Markt besonders aktiv, welche Auswirkungen hat diese Marktentwicklung auf TI?
Die Automobilindustrie hat derzeit mit rückläufigen Produktions- und Zulassungszahlen zu kämpfen, das zeigt sich ganz deutlich. Man muss aber einen weiteren Faktor betrachten, der für uns als TI besonders wichtig ist und weshalb wir hier auch weiter investieren: Der Elektronik- bzw. Halbleiteranteil pro Auto steigt. Derzeit liegt der Elektronikanteil bei rund 400 Dollar pro Fahrzeug mit klassischem Verbrennungsmotor. Mit der Elektrifizierung verdoppelt sich der Halbleiteranteil über die nächsten Jahre. Also handelt es sich um einen sehr interessanten Markt. Hinzu kommt noch, dass nicht nur die Elektrifizierung den Halbleiteranteil pusht, auch die Fahrerassistenzsysteme und längerfristig das autonome Fahren erhöhen die Nachfrage.
Geht es um die Elektrifizierung, sehen wir bei einem vollelektrischen Fahrzeug drei kritische Bereiche: erstens die Reichweite, zweitens die Ladedauer und drittens die Kosten der Batterie, die etwa ein Drittel des Fahrzeugs ausmachen. In diesen Bereichen sind wir bestens aufgestellt. Wir sind beispielsweise führend, wenn es um das Batterie-Management geht. Unsere Batterie-Management-Chips, auch der neueste, der BQ79616-Q1, erhöhen die Effizienz und die Sicherheit und adressieren genau die eben beschriebenen Probleme.
Im ADAS-Bereich gibt es einen hohen Bedarf an Rechenleistung. Ist TI in diesem Bereich mit seinen Embedded-Processing-Komponenten gut vertreten, oder würden Sie sagen, dass hier noch Aufholbedarf besteht?
Auch im ADAS-Bereich sind wir bestens vertreten. „Autonomes Fahren“ wird zwar irgendwann kommen, aber bis dahin vergeht noch viel Zeit. Viel interessanter sind derzeit die Zwischenschritte. Heute gibt es sehr viele Entwicklungsaktivitäten auf Level 1, Level 2, Level 2+ bis hin zu Level 3. Auch die Marktprognosen gehen davon aus, dass in diesen Bereichen in den nächsten Jahren die höchsten Volumina auftreten. Und in diesen Systemen sind wir mit unserer TDA-Prozessorfamilie bestens aufgestellt, die genau für diese Anwendungen konzipiert wurde. Entsprechend werden wir diese Familie auch weiter ausbauen.
Wir können für diese Applikationen aber auch Komplettlösungen anbieten, sprich: neben dem Prozessor auch die Interface-, Power-Management-Produkte etc. Radar ist eine weitere Schlüsselkomponente, die wir ebenfalls anbieten und auch hier stehen Komplettlösungen bereit.
TI ist bei Radar aktiv, aber wie sieht es mit LiDAR aus?
Wir haben Komponenten, die in LiDAR-Applikationen wandern, wie beispielsweise High-Speed-A/D-Wandler der ADC3244-Familie. Hier arbeitet TI auch mit einigen Kunden zusammen. Mit unserem breiten Portfolio können wir bei allen Technologien mitzuspielen. Ganz allgemein würde ich sagen: LiDAR ist für uns wichtig, aber im Vergleich zu Radar kommt diese Technologie deutlich später. Deshalb legen wird derzeit unseren Fokus auch mehr auf Radar bzw. auf unseren AWR-Chips.
Im Automotive-Markt wird viel über KI bzw. ML geredet. TI ist hier bislang eher zurückhaltend…
Ich bin mit Schlagworten wie „KI“ sehr vorsichtig. KI kommt, keine Frage. Aber wie bei jeder Innovation erfolgt die Einführung über Einzelschritte. Und dafür stellen wir die entsprechenden IPs zur Verfügung. Unsere TDA ADAS SoC-Familie unterstützt beispielsweise gewisse KI-Algorithmen.
Also hat TI eine dedizierte Beschleuniger-Hardware?
Ja, wir haben IP, die genau in diese Richtung geht. Wie gesagt, in der TDA ADAS SoC-Familie haben wir entsprechende Hardware-Beschleuniger aber auch Implementierungen, die eher Software-basiert sind. Letztendlich geht es um die richtige Balance zwischen leistungsstarker Hardware und notwendiger Flexibilität.
Aber noch einmal: Ich bin vorsichtig, wenn es um zu viel Marketing geht. Es wird viel über autonomes Fahren oder KI geredet, und wir sind auch sicher, dass diese Dinge kommen werden. Aber unsere Kunden brauchen heute Produkte und IPs, mit denen sie Lösungen anbieten können, die auf dem Weg dorthin gebraucht werden.
Sie sind jetzt seit gut einem Jahr im Amt, was waren für Sie die Highlights?
Unsere Zusammenarbeit mit Startups ist ein Highlight für mich. Wir haben beispielsweise unser Startup-Event TechMatch in diesem Jahr wiederholt. Dieses Mal in Bielefeld, weil dort viele Hardware-lastige Startups sitzen. Dort arbeiten wir auch mit den entsprechenden Universitäten zusammen. Die Kombination aus Firmen, Universitäten und Instituten sind genau der richtige Hotspot für Startups. Außerdem haben wir einen weiteren Hackathon in Freising im Bereich Smart City/Smart Building durchgeführt. Auch mit dieser Event-Reihe addressieren wir Startups und den Ingenieursnachwuchs, wollen gemeinsam Innovationen vorantreiben und gleichzeitig auch unser Knowhow als etabliertes Unternehmen weitergeben.