Managed Automated Driving

Autonomes Fahren mit Infrastruktur-Unterstützung im Praxistest

14. Oktober 2025, 13:27 Uhr | Irina Hübner
Die ersten Praxisversuche zum Managed Automated Driving mit Forschungsfahrzeugen fanden am Braunschweiger Tostmannplatz statt.
© DLR

Im Projekt MAD Urban zeigt das DLR erstmals die Machbarkeit des autonomen Fahrens mit Infrastruktur-Unterstützung. Solche Technologien könnten den Markthochlauf des autonomen Fahrens unterstützen.

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Autonomes Fahren im urbanen Verkehr ist eine Herausforderung. Denn im Gegensatz zum Fahren auf Autobahnen gibt es in der Stadt wesentlich komplexere und oft unübersichtlichere Situationen. Bisherige automatisierte Fahrzeugsysteme müssen in der Regel aus Sicherheitsgründen sehr langsam fahren, um rechtzeitig auf Hindernisse reagieren zu können. Das kann sie in eng bebauten Städten unwirtschaftlich machen oder sie werden als übertrieben vorsichtig und langsam wahrgenommen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat deshalb im Projekt MAD Urban gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie einen ergänzenden Ansatz entwickelt und erstmals in der Praxis demonstriert: Managed Automated Driving (MAD).

Beim MAD bekommt die Automatisierung an Bord des Fahrzeugs Unterstützung aus der digitalen Infrastruktur. Zur digitalen Infrastruktur zählen zum Beispiel Sensoren an Ampeln, Straßenlaternen und Gebäuden sowie Edge-Rechner, die die Daten direkt dort verarbeiten, wo sie entstehen.

»Die Daten, die diese Sensoren erfassen, führen wir dann zusammen, um ein Gesamtbild aller Verkehrsteilnehmenden zu erzeugen. Das schließt auch die aus Sicht des Fahrzeugs verdeckten Objekte ein. So ‚sieht‘ das autonome Fahrzeug mehr und kann besser mit herausfordernden Situationen zurechtkommen«, beschreibt Julian Schindler, DLR-Forscher und technischer Leiter des Projekts. »MAD kann autonomes Fahren sicherer, schneller und damit wirtschaftlich attraktiver machen – und so die Einführung auch in Städten beschleunigen.« Die Daten aus der digitalen Infrastruktur könnten in Zukunft darüber hinaus genutzt werden, um den Verkehr effizienter zu lenken, indem beispielsweise die Ampelschaltungen an den jeweiligen Verkehr angepasst werden. 

Erster Praxistest erfolgreich gemeistert

Mitte September hat ein Team des DLR und des Forschungszentrums Informatik (FZI) mit speziell ausgerüsteten Forschungsfahrzeugen die Machbarkeit dieses Ansatzes in der Praxis demonstriert – weltweit erstmalig im öffentlichen Straßenverkehr. Dabei überquerten die Fahrzeuge eine Kreuzung in Braunschweig, die für das Projekt mit zwei Sensor-Säulen ausgestattet wurde. Im Inneren dieser Säulen befand sich eine Vielzahl von Sensoren und Rechnern. Diese zeichneten zu Forschungszwecken den Verkehr auf und analysierten ihn. Dazu erfassten sie datenschutzkonform die Umrisse von vorbeifahrenden Fahrzeugen, Menschen und Objekten auf der Kreuzung sowie den Fuß- und Radwegen, woraus sie ein Bild der verkehrlichen Gesamtsituation erstellten.

Wenn sich die beiden Forschungsfahrzeuge der Kreuzung näherten, übernahm der Edge-Rechner die Kontrolle, berechnete kontinuierlich den sicheren Fahrweg und überwachte die Ausführung der Fahrmanöver. Wenn die Fahrzeuge den Kreuzungsbereich verließen, übernahm die im Fahrzeug vorhandene Automation wieder die Steuerung. »Man kann sich das MAD-Verfahren wie einen Lotsen in der Luft- oder Schifffahrt vorstellen. MAD unterstützt in schwierigen Situationen beim sicheren und effizienten Fahren und erhöht so die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden«, so Schindler. Die Versuche fanden in enger Zusammenarbeit mit der Stadt Braunschweig statt und nutzten auch die bereits an derselben Kreuzung erbaute Sensorik des Testfelds Niedersachsen des DLR.

Innovationen und Geschäftsideen rund um das autonome Fahren

Aktuell gibt es für Verfahren und Ansätze wie MAD noch keine verbindlichen Normen. Generell wird jedoch der Aspekt der Interoperabilität künftig essentiell sein, also dass unterschiedliche Systeme in Fahrzeugen und Infrastruktur möglichst nahtlos zusammenarbeiten. So könnte in Zukunft– je nach Situation und Anwendungsfall – der Umfang der Automatisierungsfunktion zwischen Fahrzeug und Infrastruktur flexibler gehandhabt werden.

Ein Beispiel dafür wäre eine komplett durch MAD gesteuerte Buslinie: Hier müsste nicht jeder Bus mit teurer Technologie für das autonome Fahren ausgerüstet werden. Damit könnte MAD auch wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen. Ebenso wären neue Geschäftsideen möglich, etwa die Daten aus der Infrastruktur als optionalen digitalen Service anzubieten.


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