Nützliche Quantencomputer

Millionen Spin-Qubits lassen sich integrieren

24. Juni 2025, 7:15 Uhr | Heinz Arnold
Dr. Sam Bartee (links), Dr. Kushal Das und Professor David Reilly in den Emergence Quantum Labs der Universität Sydney. Dr. Das hält die kryogene Chip-Plattform in den Händen.
© Fiona Wolf/Universität Sydney

Die Anzahl der Qubits auf einem Chip von derzeit unter 100 auf Millionen zu erhöhen – diesen Traum zu erfüllen, kann eine neue kryogene Steuerelektronik ermöglichen, die im Milli-Kelvin-Bereich arbeitet.

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Das schreiben australische Forscher in einem jetzt in Nature veröffentlichten Artikel. »Bisher waren Quantencomputer faszinierende Labormaschinen, jetzt treten wir in eine neue Phase ein, in der wir sie nutzen können, um reale Probleme zu lösen«, erklärte Professor David Reilly vom Nano Institute und der School of Physics der Universität Sydney, einer der leitenden Forscher an dem Projekt.

Um die kryogene Steuerelektronik zu entwickeln, haben die Universitäten Sydney und die Universität von New South Wales über ihre jeweiligen Spin-off-Unternehmen Emergence Quantum und Diraq zusammen gearbeitet. Der Hauptautor des Artikels in Nature, Dr. Sam Bartee, der als Doktorand bei Professor Reilly an der Universität Sydney Experimente durchgeführt hat, arbeitet jetzt bei Diraq. Professor Reilly hatte in diesem Jahr Emergence Quantum gegründet, um die Elektronik zu kommerzialisieren, mit deren Hilfe Quantenkontrolltechnologien realisiert werden können.  

Der Quanten-Control-Chip, den die Teams von Dr. Sam Bartee, Dr. Kushal Das und Professor David Reilly in Australien entwickelt haben. Mit seiner Hilfe lassen sich Millionen von Spin-Qubits integrieren. 
Der Quanten-Control-Chip, den die Teams von Dr. Sam Bartee, Dr. Kushal Das und Professor David Reilly in Australien entwickelt haben. Mit seiner Hilfe lassen sich Millionen von Spin-Qubits integrieren. 
© Fiona Wolf, USYD

Für diese Forschung entwickelte sein Team einen Siliziumchip, der Spin-Qubits bei Temperaturen im Milli-Kelvin-Bereich steuern kann – nur wenig über dem absoluten Nullpunkt (-273,15 °C), der Temperatur, bei der – theoretisch – Materie aufhört, sich zu bewegen. 

Es gibt viele verschiedene Technologien, um Qubits zu realisieren. Derzeit favorisieren viele Experten die Spin-Qubits, in denen Informationen über die magnetische Ausrichtung einzelner Elektronen kodiert werden. Sie haben den Vorteil, dass sie sich auf Chips integrieren lassen, die mit Hilfe gängiger CMOS-Techniken produziert werden, ganz ähnlich wie die ICs für die herkömmliche Elektronik. Damit sind sie einfach und kostengünstig zu fertigen und zu skalieren. 

Spin-Qubits müssen jedoch bei Temperaturen unter 1 K gekühlt werden, um mit ihnen rechnen zu können. Um sie zu skalieren, müssen sie außerdem mit komplexer, integrierter Elektronik gesteuert und gemessen werden. Allerdings führt die dafür erforderliche Steuerelektronik sehr schnell Wärme elektromagnetische Wellen ins System, die die Qubits empfindlich stören. 

Das Team von Professor Reilly hat nun erstmals gezeigt, dass dies bei sorgfältiger Konstruktion nicht der Fall sein muss – ein wichtiger Schritt, um die Anzahl von Spin-Qubits in CMOS-Chips in den Bereich von Millionen hochskalieren zu können – und einen nützlichen Quantencomputer zu bauen. 

»Wir haben über mehr als ein Jahrzehnt Know-how aufgebaut haben, um elektronische Systeme zu entwerfen, die nur wenig Energie aufnehmen und nahe dem absoluten Nullpunkt arbeiten. Ergebnis ist die skalierbare Steuerungsplattform, mit der wir demonstriert haben, dass es möglich ist, Qubits zu integrieren, ohne ihre empfindlichen Quantenzustände zu zerstören«, sagt Reilly. Die empfindlichen Qubits hätten kaum gemerkt, dass die Transistoren in der Steuerelektronik ständig geschaltet haben, obwohl der Steuerchip nur 1 mm von ihnen entfernt war. 

»Nachdem wir jetzt gezeigt haben, dass die Milli-Kelvin-Steuerung die Leistung von Ein- und Zwei-Qubit-Quanten-Gates nicht beeinträchtigt, erwarten wir, dass viele unserem Beispiel folgen werden. Allerdings wird dies nicht so einfach sein, sondern erfordert Jahre, um das Know-how und die Fachkenntnisse aufzubauen, die für die Entwicklung rauscharmer kryogener Elektronik erforderlich sind, die nur winzige Mengen an Energie benötigt«, sagt Dr. Kushai Das, der das Design des Controil-Chips geleitet hat und sowohl an der Universität Sydney als auch bei Emergence Quantum arbeitet. 

Die Qubits liefert Diraq, einem Spin-off der UNSW, das Professor Andrew Dzurak gegründet hat. Andrew Dzurak, CEO von Diraq, sagte: »Unser Ziel besteht darin, unsere Silizium-Qubits mit klassischer Steuerelektronik in einem kompakten Gehäuse zu integrieren, die nur sehr wenig Energie aufnehmen.« Das Know-how, das den von der Universität Sydney entwickelten Steuerchip ermöglicht hat, wird nun in die Arbeit des neuen Unternehmens Emergence Quantum einfließen, das von Professor Reilly und Dr. Thomas Ohki gemeinsam gegründet haben. 
 
Professor Reilly denkt aber bereits über die Anwendung in Quantencomputern hinaus: »Die weiteren Anwendungsmöglichkeiten für diese Technologie sind vielfältig, von Sensorsystemen bis zum Einsatz in künftigen Rechenzentren.«

Die technischen Details

Der Hauptautor des Artikels in Nature, der als Doktorand bei Professor Reilly an der Universität Sydney die Experimente durchgeführt hat, und seine Co-Autoren haben die Leistungsmerkmale von Ein- und Zwei-Qubit-Operationen gemessen, die vom Kryo-CMOS-Chiplet gesteuert werden. Sie verglichen dessen Leistung mit der einer Standardsteuerung, die bei Raumtemperatur arbeitet und über Kabel verbundenen ist. Hier die Ergebnisse: 
Vernachlässigbarer Verlust an Genauigkeit bei Ein-Qubit-Operationen

  • Keine messbare Verringerung der Kohärenzzeit bei Ein- und Zwei-Qubit-Operationen 
  • Vergleichbares Verhalten der Qubit-Wechselwirkungen, was auf eine vernachlässigbare Störung durch elektrisches Rauschen hindeutet

Bemerkenswert ist, dass diese Leistungen mit einer Leistungsaufnahme von nur 10 µW erzielt wurden, von denen der größte Teil auf die digitalen Systeme entfiel. Die analogen Komponenten verbrauchen nur etwa 20 nW pro MHz, was bedeutet, dass das System ohne einen signifikanten Anstieg des Stromverbrauchs auf Millionen von Qubits skaliert werden kann.

 


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