Topologische Qubits gefunden?

Microsoft will schon bald 1 Mio. Qubits erreichen

24. Februar 2025, 6:15 Uhr | Heinz Arnold
Auf der »Majoran 1«-QPU hat Microsoft das weltweit erste topologische Qubit demonstriert. Damit lassen sich logische Qubits mit Hilfe weniger physikalischer Qubits realisiert. Deshalb sind topologische Qubits für weitere Skalierungen gut geeignet, die »Majorana 1«-QPU kommt mit einfacheren Fehler-Korrektur-Codes aus und kann höher getaktet werden als herkömmliche QPUs.
© Microsoft

Mit »Majorana 1« will Microsoft einen Durchbruch auf dem Gebiet der Quantenprozessoren erreicht haben, auf Basis von topologischen Quantenbits. Bisher war umstritten, ob es diese toplogischen Zustände in der Realität gibt.

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Dennoch wird an den topologischen Quantenbits eifrig geforscht. Der italienische Physiker Ettore Marojana hatte 1937 aufgrund theoretischer Überlegungen die später nach ihm benannten »Majorana-«-Zustände in Festkörpern vorhergesagt. Seit vielen Jahren wird daran gearbeitet, »Majorana«-Zustände zu realisieren und sie zu nutzen, um topologische Qubits zu erzeugen. Denn – wenn es topologische Qubits gäbe – versprechen sie einen riesigen Vorteil gegenüber den Qubits, die auf eher herkömmlichen Verfahren beruhen wie supraleitende Qubits, Ionenfallen, neutrale Atome, Qubits auf Basis von NV-Fehlstelle in Diamanten und optischen Qubits.

So sieht der Durchbruch aus

Der Nachteil der herkömmlichen Verfahren:  Um logische Qubits zu erhalten, mit denen sich rechnen lässt, müssen heute in herkömmlichen QPUs viele sogenannte physikalische Qubits hergestellt werden. Es gilt die Faustregel, dass rund 1000 physikalische Qubits erforderlich sind, um ein einziges logisches Qubit erzeugen zu können. Wenn dagegen topologische Qubits verwendet werden könnten, würden die physikalischen Qubits prinzipiell wegfallen, die QPU wäre viel einfacher aufgebaut und kleiner.  

Darin besteht der Durchbruch und deshalb ist Microsoft überzeugt, mit »Majorana 1« schon bald in den Bereich von Millionen logischer Qubits vorstoßen zu können – und damit endlich dorthin zu gelangen, wo die Quantencomputer ihre Überlegenheit gegenüber herkömmlichen Supercomputern voll ausspielen können. 

Wenige Jahre statt Jahrzehnte

Satya Nadella, CEO von Microsoft, zeigte sich begeistert: »Microsoft hat demonstriert, dass das Quantencomputing auf eine Weise skaliert werden kann, von der man bisher dachte, sie sei noch Jahrzehnte entfernt.« Damit widerspricht er Jensen Huang, CEO von Nvidia, der kürzlich erklärte, dass er überzeugt wäre, die QOUs für Qantecomputer seien noch Jahrzehnte davon entfernt, den GPUs von Nvidia gefährlich werden zu können. Google und IBM sind deutlich optimistischer und rechnen mit den ersten sinnvollen Quantencomputern in fünf bis acht Jahren. Dennoch hat die Bemerkung von Huang die Aktien der börsennotierten Quantencomputer-Hersteller erst einmal in den Keller geschickt.

1/100 mm große topologische Qubits

Dass es die topologischen Qubits gibt, daran lässt Microsoft keinen Zweifel, sogar die Abmessungen nennt das Unternehmen: Sie sollen 1/100 mm groß sein, was gegenüber herkömmlichen Qubits eine deutliche Miniaturisierung bedeute. Erzeugt wurden sie auf Basis von Majorana-Zuständen in einem Material aus Indiumarsenid und Aluminium. Damit seien QPUs mit 1 Million Qubits möglich, »mit denen Probleme gelöst werden können, die über die derzeitigen Grenzen der Datenverarbeitung hinausgehen.«

Im Moment eruiert Microsoft die Eigenschaften eines Single-Qubits, auch Tetron genannt. Im nächsten Schritt soll ein 4 x 2-Tetron-Array, also eine 8-Qubit-QPU realisiert werden, was noch etwas entfernt von 1 Million Qubits ist.

»Nach fast 20-jähriger Suche haben wir einen völlig neuen Zustand der Materie geschaffen, der durch eine neue Klasse von Materialien, die Topokonduktoren, erschlossen wird und einen grundlegenden Sprung in der Computertechnik ermöglicht«, sagt Satya Nadella. »Stellen Sie sich einen Chip vor, der in Ihre Handfläche passt und dennoch in der Lage ist, Probleme zu lösen, die selbst alle heutigen Computer auf der Erde zusammen nicht lösen könnten!«

Eines der herausragenden Merkmale von »Majorana 1« sei die verbesserte Fehlerkorrektur, die durch den Einsatz von »Topokonduktoren« ermöglicht wird. Sie böten eine robuste Grundlage für Qubits, reduzierten Fehler und verbesserten die Zuverlässigkeit. Damit ließen sich die Kohärenz und die Genauigkeit während der Berechnungen länger aufrecht erhalten als mit herkömmlichen Qubits.

Allerdings kommt es bei Quantencomputern und ihren QPUs auf viele weitere Parameter an, die neben der Anzahl der Qubits und ihrer Güte darüber entscheiden, wie skalierbar das Gesamtsystem ist und für welche Aufgaben es geeignet ist.

Angesichts der Tatsache, dass erst vor wenigen Jahren her ist, seit dem Majorana-Zustände in Festkörpern tatsächlich nachgewiesen werden konnten, befindet sich dieser Ansatz noch in einem frühen Stadium der Forschung und Entwicklung. Dass auf Basis der topologischen Zustände tatsächlich Qubits erzeugt werden konnten, wie die Forscher in ihrem Paper für Nature dargelegt haben, müssen nun weitere Forschergruppen auf Reproduzierbarkeit prüfen.

Angesichts der vielen Hürde, die die neue Technologie – so vielversprechend sie im Moment auch erscheinen mag – noch überspringen muss, erscheint die Prognose von Microsoft, dass Millionen Qubits nur noch wenige Jahre entfernt sind, doch recht optimistisch.


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