IC-Knappheit und Equipment

Den Teufelskreis durchbrechen!

4. Mai 2022, 8:06 Uhr | Heinz Arnold
Ein IC-Tester, in dem 100 FPGAs arbeiten, kann im Jahr 10 Millionen MCUs testen, die für den Bau von 100.000 Autos erforderlich sind. Also sollten ICs für den Einbau in Maschinen für die Halbleiterfertigung priorisiert werden, um die IC-Knappheit so schnell wie möglich zu bekämpfen.
© SEMI Research

Ein Teufelskreis: Ohne Chips können Maschinen für die Fertigung von Chips nicht produziert – und die Kapazitäten für die IC-Produktion nicht ausgebaut werden.

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Ohne neues Equipment für die Fertigung von ICs können die dringend benötigten neuen Kapazitäten für die Chipfertigung nicht hochfahren. Doch haben die steigenden Lieferzeiten für ICs den Bau neuer Maschinen für die Chipfertigung verzögert: Hatten die Lieferzeiten für Equipment im Jahr 2020 noch zwischen drei und sechs Monaten gelegen, so sind sie bis zum Juli 2021 bereits auf 14 Monate gestiegen. Auf einige Maschinentypen müssen die IC-Hersteller inzwischen sogar schon zwei Jahre warten. Zudem benötigen selbstverständlich auch die Maschinen Chips, die für die Herstellung der Rohwafer erforderlich sind, auf denen die ICs entstehen. 

Um den stark steigenden Bedarf an Chips gerecht werden zu können, laufen derzeit laut der SEMI weltweit insgesamt 86 Ausbauprojekte. Dabei handelt es sich entweder um neue Fabs oder um die Expansion vorhandener Linien, die alle bis spätestens 2024 ihre Produktion aufnehmen sollen. Dadurch werde sich die Fertigungskapazität von ICs auf 8-Zoll-Wafern um 20 Prozent und die Kapazität von auf 12-Zoll-Wafern gefertigten um 44 Prozent erhöhen. Wenn sich die Lieferzeiten für Equipment aber weiter erhöhen, blieben die neuen Linien erst einmal leer und können nur verzögert anlaufen. 

Allerdings werden nur weniger als 1 Prozent der weltweit hergestellten Chips für den Einsatz in den Maschinen für die Halbleiterfertigung benötigt. Ajit Manocha, President und CEO der SEMI und Sanjay Malhotra, Vice President der Corporate Marketing und Market Intelligence Groups der SEMI, weisen deshalb darauf hin, dass nur sehr wenige Chips benötigt werden, um Maschinen zu bauen, die dann um Größenordnungen mehr Chips fertigen können und damit zur Beendigung der Chipknappheit beitragen. 

So komplex ist die Halbleiter-Lieferkette. Die schematische Darstellung entstammt dem Congressional Research Service report »Semiconductors: U.S. Industry, Global Competition, and Federal Policy« vom 26. Oktober 2020.
So komplex ist die Halbleiter-Lieferkette. Die schematische Darstellung entstammt dem Congressional Research Service report »Semiconductors: U.S. Industry, Global Competition, and Federal Policy« vom 26. Oktober 2020.
© SEMI

Ein enormer Hebel – ICs für Equipment priorisieren!

So benötigt eine Maschine im Reinraum durchschnittlich 100 FPGAs, kann aber 2 Millionen FPGAs pro Jahr produzieren – ein Faktor von 20.000. Dieser Faktor steigt sogar auf 30.000, legt man die 100 High-Performance-Prozessoren zugrunde, die in Maschinen für die optische Wafer-Inspektion erforderlich sind. Ein typischer IC-Tester benötigt 100 FPGAs, kann aber 10 Mio. CPUs pro Jahr testen, die beispielsweise die Autobauer so dringend benötigen. Vorausgesetzt in Autos werden pro Stück rund 100 CPUs verbaut, so liefert ein neues Test-Tool genügend Chips, um damit 100.000 Autos mehr zu bauen. 

Das Fazit von Ajit Manocha und Sanjay Malhotra: Alle an der Halbleiter-Wertschöpfungskette beteiligten Unternehmen sollten sicherstellen, dass die Hersteller von Maschinen für die Halbleiterfertigung – vom Front-End über Test bis zu Assembly und Packaging – die Chips so schnell wie möglich erhalten, die sie benötigen. Denn das wäre die Voraussetzung dafür, dass neue Kapazitäten so schnell wie möglich hochgefahren werden können, um den steigenden Bedarf nachzukommen. Wenn die ICs für den Einsatz in Equipment nicht priorisiert würden, würde sich die Zeit der Knappheit unnötig verlängern. 

 


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