Halbleiter-Aktien verlieren dramatisch

Dem Super-Cycle geht die Luft aus

5. November 2018, 10:36 Uhr | Heinz Arnold
Überkapazitäten der IC-Hersteller, Handelsstreit, Chinas Investitionen in neue Fabs, politische Unwägbarkeiten – für die meisten Halbleiteraktien geht es zum Ende des Jahres bergab.
© Nupean Pruprong - 123RF

Geht der Super-Cycle seinem Ende entgegen? Die Kurse der Chip-Hersteller, ihrer Equipment-Zulieferer und der Wafer-Hersteller sinken drastisch.

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Mehreres kommt zusammen: Im langen aktuellen Aufschwung der Hableiterindustrie haben die IC-Hersteller kräftig investiert. Das gilt insbesondere für die Speicher-ICs, die über längere Zeit knapp waren und deren Preise geradezu explodiert sind, so dass die Hersteller viel Geld verdient haben, wie zuletzt der gute Quartalsabschluss von Samsung gezeigt hat.

Smartphone-Markt in der Rezession

Jetzt aber stoßen die größeren Mengen an Chips bzw. Bits auf einen Markt, in dessen Sektoren die Zeichen nicht überall auf Wachstum stehen. Smartphones beispielsweise wachsen nicht mehr, nach den neusten Ergebnissen von Strategy Analytics hat sich der Zahl der ausgelieferten Smartphones im dritten Quartal gegenüber dem Vorjahresquartal um 8 Prozent verringert. »Der Smartphone-Markt ist im vierten Quartal in Folge geschrumpft und befindet sich in einer Rezession«, so die Analysten von Strategy Analytics.  Zwar gibt es in anderen Bereichen Lichtblicke, etwa im PC-Sektor. Auch der Bedarf an Servern steigt weiterhin. Grundsätzlich sollte die Nachfrage stark bleiben, weil KI, Big Data, IoT, Industrie 4.0 und autonomes fahren die Chipbedarf in weiten Teilen weiter steigen lassen dürfte.

Es bleiben aber einige Unsicherheitsfaktoren: Vor allem die Auswirkungen des Handelsstreits zwischen den USA und China schlägt auf die Stimmung der Anleger. Wenn die Weltwirtschaft dadurch einen kräftigen Dämpfer erhielte, dann könnte das die an sich guten Aussichten deutlich eintrüben. Vieles sieht im Moment danach aus: Der Nettogewinn japanischer Firmen ist nach Erhebung von Nikkei Asian Review im dritten Quartal 2018 nur um 0,5 Prozent zugelegt, nachdem er über die vorausgegangenen sieben Quartale jeweils doppelstellig gewachsen war.  Das sei vor allem auf das rückläufige Geschäft mit China zurückzuführen, die Investitionen seien in China wegen des Handelsstreits schneller gefallen als vorhergesehen. Der Anstieg des Nettogewinns chinesischer Firmen habe sich ebenfalls von 23 Prozent im zweiten auf 7 Prozent im dritten Quartal verringert.

Die Unwägbarkeiten in Europa kommen noch hinzu: Der Brexit, das Veralten Italiens, der Rückzug von Angela Merkel vom Parteivorsitz und die Unsicherheiten über den Fortbestand der großen Koalition, das alles werten Investoren als Zeichen dafür, dass instabile Zeiten auf die Weltwirtschaft zukommen, was sie gar nicht mögen. Denn das alles könnte die Nachfrage der Endverbraucher dämpfen, was auch für die Chip-Hersteller keine guten Aussichten sind.  

Als wäre das alles nicht genug, baut China derzeit enormen Kapazitäten für die Chipfertigung auf. China will unabhängig von Chip-Importen werden, ein Wunsch, der durch die Handelsstreit und das Embargo gegen ZTE und kürzlich der neue Lieferbann gegen einen chinesischen DRAM-Hersteller noch zusätzlich befeuert werden dürfte. Das wird auf den Weltmarkt kaum ohne Auswirkungen bleiben, wenn auch noch nicht abzusehen ist, wann die Effekte wirklich zum Tragen kommen.

Absturz der Aktien

Die Aussichten sind also überwiegend eher trüb, viele Halbleiterunternehmen haben bereits die Prognosen für dieses Jahr gesenkt, darunter AMD, Nanya, STMicroelectronics, TSMC. Zudem beschneiden sie bereits ihre Investitionen in den weiteren Ausbau der Kapazitäten.  

All das trägt dazu bei, dass die Aktien von Halbleiterunternehmen über die letzten Monate  in die tiefe gerauscht sind. Seit der höchsten Bewertung im Mai sind die Aktien von Micron um 40 Prozent gefallen, die von Samsung um 55 Prozent. Über die vergangenen drei Monate mussten Samsung Electronics Verlust der Aktienwerte von 12, SK Hynix von 19 Prozent hinnehmen. Renesas fiel um 43 Prozent,  UMC um 30, TSMC um 10 Prozent, STMicroelectronics um 35 Prozent, TI um 18 und Nvidia um 15 Prozent. Die Aktie von ams ist von über 100 Euro auf zuletzt 36 Euro gesunken. Zwar hatte das dritte Quartal die Erwartung noch übertroffen, aber auch hier schlagen die trüben Aussichten für das vierte Quartal durch.

Doch nicht nur die IC-Hersteller sind betroffen. Zulieferer von Maschinen für die Chip-Fertigung müssen Federn lassen – Applied Material minus 33 Prozent, Tokyo Electron minus 27 Prozent –  verlieren genauso wie die Hersteller von Roh-Wafern: GlobalWafer minus 58 Prozent, Shin Etsu minus 26 Prozent, Sumco minus 44 Prozent. Siltronic lag Ende Juli noch bei fast 150 Euro und notiert nun bei 80 Euro.



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