Haben Sie je hinterfragt, ob das SPICE-Modell des gewählten Operationsverstärkers auch mit den Datenblatt-Spezifikationen übereinstimmt? Im zweiten Teil wird eine Testschaltung gezeigt mit der die Gleichtaktunterdrückung des SPICE-Modells geprüft und mit den Datenblattangaben verglichen werden kann.
Die Gleichtaktunterdrückung (CMRR – Common-Mode Rejection Ratio) eines Operationsverstärkers ist formell als das Verhältnis zwischen seiner Gleichtaktverstärkung und seiner differenziellen Verstärkung definiert. Praktisch ausgedrückt, gibt der CMRR-Wert an, welche zusätzliche Offsetspannung am Eingang des Operationsverstärkers entsteht, wenn sich die Gleichtaktspannung am Eingang ändert.
Eine hohe Gleichtaktunterdrückung ist eindeutig wünschenswert [4], da die zusätzliche Offsetspannung dann geringer wird.
Der CMRR-Wert ist außerdem frequenzabhängig, weshalb die OPV-Datenblätter von Texas Instruments stets eine Kurve enthalten, die Auskunft über die typische Gleichtaktunterdrückung über die Frequenz geben (Bild 7).
Zum Messen der Gleichtaktunterdrückung in der Simulation eignen sich zwei Ansätze [5]:
Bei der ersten Methode handelt es sich um eine Abwandlung der klassischen Differenzverstärker-Schaltung (Bild 8). Sie wurde entwickelt um den CMRR-Wert des OPA2187 [6] zu prüfen – ein Chopper-Verstärker von TI mit einer Gleichtaktunterdrückung von 140 dB.
Diese Schaltung nutzt die Fähigkeit des SPICE-Simulators zur Isolation von Knoten mit spannungsgesteuerten Spannungsquellen aus. Diese Quellen wurden strategisch am Eingang und am Ausgang des Operationsverstärkers platziert, um das Rückkoppelnetzwerk vom Eingang und von der Ausgangsimpedanz des Operationsverstärkers zu isolieren, sodass sich die Gleichtaktunterdrückung besser extrahieren lässt.
Um ein CMRR-Diagramm aufzuzeichnen, muss lediglich eine AC-Übertragungsfunktion durchlaufen werden, woraufhin nach entsprechender Nachbearbeitung die UGl/Uoff-Kurve entsteht.
Bild 9 zeigt das Simulationsergebnis zum Vergleich zusammen mit der im Datenblatt des OPA2187 angegeben Kurve.
Mit der Schaltung lässt sich der CMRR-Wert recht gut per Simulation extrahieren, jedoch lässt die Übereinstimmung zwischen Simulation und Datenblatt bei hohen Frequenzen zu wünschen übrig.
Liegt das an der Ungenauigkeit des SPICE-Modells oder stößt die Prüfschaltung an ihre Grenzen? Um das herauszufinden folgt nun die Simulation mit Methode 2.
Die zweite Prüfmethode basiert auf einer Schaltung ohne Gegenkopplung (Bild 10). Extrem große Induktivitäten erzeugen bei Gleichspannung eine Gegenkopplung, lassen aber gleichzeitig eine AC-Analyse ohne Gegenkopplung zu. Dabei werden die Gleichtaktverstärkung und die differenzielle Verstärkung separat mit zwei Instanzen des Operationsverstärkers gemessen.
Zum Aufzeichnen der Gleichtaktunterdrückung wird eine AC-Übertragungsfunktion durchlaufen und mit entsprechender Nachbearbeitung die Kurve für das Verhältnis zwischen den Anschlüssen ADN (differentielle Verstärkung) und ACM (Gleichtaktverstärkung) erstellt.
Bild 11 zeigt das Simulationsergebnis der Methode 2 im Vergleich zum real gemessenen Verlauf, der im Datenblatt des OPA2187 abgebildet ist.
Das Ergebnis der Methode ohne Gegenkopplung stimmt sehr gut mit den Angaben im Datenblatt überein. Diese Übereinstimmung ist der Trennung der Gleichtakt- und der differenziellen Verstärkung des Operationsverstärkers zu verdanken. Wo immer es geht, empfehle ich deshalb dieses Prüfverfahren.
An modernen OPVs wie dem INA1650 lässt sich die Messung der Gleichtaktunterdrückung einfach durchführen. Beim INA1650 [7] kann jeder Eingang mit derselben AC-Quelle verbunden werden, um eine AC-Übertragungsfunktion durchlaufen zu lassen. Um den Wert für die Gleichtaktunterdrückung zu erhalten, muss der Ausgang dann nur noch invertiert werden (Bilder 12 und 13).
Literatur
[4] Wells, C.: CMRR. Texas Instruments, TI Precision Labs – Op Amps, TIPL 1231, video, 15. Dezember 2015, https://training.ti.com/ti-precision-labs-op-amps-common-mode-rejection?cu=14685.
[5] Leon, E.; Barthel, R. und Alani, T.: Zero-drift Amplifiers: Features and Benefits. Texas Instruments, TI Tech Note, August 2018, www.ti.com/lit/an/sboa182b/sboa182b.pdf.
[6] OPAx187 0.005-μV/°C Drift, LowPower, Rail-to-Rail Output 36-V Operational Amplifiers Zero-Drift Series. Texas Instruments, Datenblatt, Juli 2017, www.ti.com/lit/ds/symlink/opa2187.pdf.
[7] INA165x SoundPlusTMHigh Common-Mode Rejection Line Receivers. Texas Instruments, Datenblatt, September 2018, www.ti.com/lit/ds/symlink/ina1650.pdf.
[8] Zhou, Y. und Kay, A.: Offset Correction Methods: Laser Trim, e-Trim, and Chopper. Texas Instruments, TI TechNotes, Juni 2017, www.ti.com/lit/an/sbot037/sbot037.pdf.
Der Autor
Ian Williams, B. Sc.
ist Applikationsingenieur und SPICE-Modellentwickler für Präzisionsverstärker bei Texas Instruments in Tucson, Arizona, USA. Er erhielt seinen Bachelor in Elektrotechnik von der Universität von Texas in Dallas.
asktexas@ti.com