Die einfachste Möglichkeit, die beschriebene Anpassung der Rauschverstärkung praktisch anzuwenden, besteht in der Verwendung eines SPICE-basierten Simulators, z.B. der Software TINA-TI von Texas Instruments, und eines präzisen Verstärkermodells. Der Differenzverstärker des Typs THS4551 von TI eignet sich zum Stabilisieren einer ADU-Treiberschaltung. Bild 5 zeigt eine Beschaltung für den THS4551 mit einer Verstärkung von 0,2 V/V und mit einer Last-Ersatzschaltung, die dem Eingang des 18-bit-SAR-A/D-Umsetzers ADS9110 entspricht (Bild 5a).
Dargestellt sind außerdem die Schaltung zur Simulation Schleifenverstärkung (Bild 5b) sowie die ideale Ersatzschaltung für die Rauschverstärkung (Bild 5c). Mit großen Induktivitäten und Kondensatoren an den Eingängen der Schaltung zum Messen der Schleifenverstärkung, lässt sich mit dem Simulator ein korrekter DC-Arbeitspunkt berechnen. Die Messschaltung für die Schleifenverstärkung erfordert eine zusätzliche diskrete Kondensator-Widerstands-Kombination an dem aufgetrennten Eingangspunkt, um die Eingangskapazität und den Eingangswiderstand des Verstärkers in die Schleife einzubeziehen.
Die in Bild 5a gezeigte Schaltung mit geschlossener Schleife hat Ähnlichkeit mit der Schaltung, die auf Seite 41 im Datenblatt des THS4551 zu sehen ist [1]. Sie enthält die Kondensatoren zum Anpassen der Rauschverstärkung. Ohne diese zusätzlichen Kondensatoren hätte die Schaltung eine nicht praxistaugliche geringe Phasenreserve, die trotz der Serienwiderstände am Ausgang wahrscheinlich zu Oszillationen führen würde. Verifizieren lässt sich dies mit einer Simulation der AC-Verstärkung und -Phase, wenn die stabilisierenden Kondensatoren auf null gesetzt sind. In dieser Situation beträgt die Phasenreserve ganze 1,28 °, was in einer realen Implementierung alles andere als stabil wäre. Wird die Simulation mit einem Eingangskondensator (CE) von 49 pF und Rückkopplungs-Kondensatoren (Cr) von 22 pF durchgeführt, wie sie in dem Beispiel aus dem Datenblatt verwendet werden, so ergibt dies eine wesentlich stabilere Phasenreserve von 36,19 °.
Bild 6 verdeutlicht den Unterschied zwischen den beiden Frequenzgängen der Schleifenverstärkung der Schaltung aus Bild 5, erzeugt mit der Simulationssoftware TINA-TI.
Die stabilisierte Differenzverstärkerschaltung wird zwar eine geringere Bandbreite aufweisen als die nicht stabilisierte Version, allerdings ist die Bandbreite dennoch wesentlich größer als die des Tiefpassfilters, das durch die Ausgangswiderstände und den Kondensator gebildet wird. Deshalb verschlechtern die zusätzlichen Kondensatoren nicht die Leistungsfähigkeit der Verstärkerschaltung. Da der Großteil der Rauschverstärkungsspitze oberhalb der Grenzfrequenz des Filters liegt, trägt die Schaltung nur vernachlässigbare 33 nVeff zum gesamten Ausgangsrauschen von 5,4 µVeff bei – gemessen von DC bis zur Grenzfrequenz des Filters. Dieser Vergleich lässt sich ebenfalls per Simulation mit der Software TINA-TI nachvollziehen, indem das Gesamtrauschen der Verstärkerschaltung mit geschlossener Schleife simuliert wird.
Bei dem angeführten Beispiel handelt es sich zwar um einen Differenzverstärker, doch die beschriebene Technik kann für beliebige andere invertierende Verstärker mit Spannungsrückkopplung genutzt werden. Das Verfahren mag nicht für jede Anwendung die beste Lösung sein, bietet aber eine zuverlässige Möglichkeit zum Stabilisieren von zahlreichen gängigen Schaltungen. Das Datenblatt des THS4551 [1] enthält eine Vielzahl weiterer Beispielschaltungen, in denen die Rauschverstärkung gezielt angepasst wird.
Die Simulationssoftware TINA-TI für Windows-Betriebssysteme [2] und das SPICE-Modell des Differenzverstärkers THS4551 [3] stellt TI kostenfrei auf seiner Web-Site zur Verfügung.
Literatur
[1] THS4551 Low-Noise, Precision, 150-MHz, Fully Differential Amplifier. Texas Instruments, Datenblatt, Juli 2017,
www.ti.com/lit/ds/symlink/ths4551.pdf
[2] SPICE-Based Analog Simulation Program. Texas Instruments,
www.ti.com/tool/tina-ti
[3] THS4551 TINA-TI Reference Design (Simulation Models). Texas Instruments, www.ti.com/general/docs/lit/getliterature.tsp?baseLiteratureNumber=sboma28&fileType=zip
Der Autor
Jacob Freet
ist Elektroingenieur mit einem Abschluss der Universität von Pittsburgh, USA. Er arbeitet seit sechs Jahren bei Texas Instruments im Bereich schneller Verstärker, wo er die Positionen Entwicklung- , System- und Applikationsingenieur innehatte.
Derzeit konzentriert er sich auf Anwendungen für Differenz-, Transimpedanz- und sehr schnelle Verstärker mit Spannungsrückkopplung.
asktexas@ti.com