Interview mit Holger Frölich

»Wir müssen weiterhin global denken«

2. November 2021, 9:30 Uhr | Tobias Schlichtmeier
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Ausblick auf 2022

Sehen Sie eine Chance in der Corona-Krise beziehungsweise für Bereiche des Unternehmens, die davon profitieren – Stichwort: Medizingeräte?

Gerade in der Medizintechnik sehen wir einen sehr hohen Bedarf und eine große Chance. F&S Elektronik Systeme ist schon lange im Medizinbereich tätig: Mit einem unserer ersten Produkte ließen sich grafische TFT-Displays ansteuern, das war etwa 1996. Displays und Hardware waren zu der Zeit noch sehr teuer, einzige Kunden kamen damals aus dem Medizinbereich. Noch heute stammen unsere Kunden nahezu zu 50 % aus der Medizintechnik – das hat uns im letzten Jahr sehr geholfen. Insbesondere, da ein Teil von ihnen Beatmungsgeräte herstellt. Hier konnten wir im letzten Jahr eine steigende Nachfrage verzeichnen.

Jedoch gibt es auch Einschränkungen. In den Kliniken hat sich vieles auf das Virus und die Folgen konzentriert; so blieben manche Investitionen für andere Geräte und Bereiche auf der Strecke. Außerdem müssen viele Geräte in den Krankenhäusern erst einmal aufgestellt und in Betrieb genommen werden – das war aufgrund der Schutzmaßnahmen und eingeschränkten Reisemöglichkeiten oft gar nicht möglich.

Ein Ausblick auf das Jahr 2022: Wie stellen Sie sich für das kommende Jahr auf, gibt es Bereiche, in die Sie verstärkt investieren?

Ich denke, die Allokationen werden im Jahr 2022 weiter anhalten, vermutlich bis ins Jahr 2023 hinein. Hier müssen wir unseren Lieferanten vertrauen; motivieren können wir lediglich über Bestellungen. Bei F&S sehen wir ebenfalls eine gestiegene Nachfrage – wir haben entschieden, unsere Produktionsleistung zu erhöhen, konkret mit zusätzlichen Bestückungsmaschinen. Zudem sehen wir, dass die Boards und CPUs komplexer werden; wir wollen aus dem Grund unsere Software- und Entwicklungsabteilung verstärken. Bislang haben wir meist Module und Boards verkauft; immer mehr Kunden fragen jedoch ebenso nach Base- und Carrierboards. In dem Bereich möchten wir ebenfalls unsere Entwicklungstätigkeiten verstärken.

Weiterhin arbeiten wir sehr intensiv mit Distributoren zusammen. Wir denken, sie sind – trotz neuer Möglichkeiten im Zuge der Digitalisierung – weiterhin ein wichtiger Partner. Globale Märkte haben unterschiedliche Anforderungen und liegen in diversen Kulturkreisen – das können lokale Partner wesentlich besser abdecken als wir. Zum Beispiel arbeiten wir seit vielen Jahren mit Data Modul und Rutronik zusammen – diese Partnerschaften möchten wir weiter intensivieren.

Gibt es neue Produkte oder Formfaktoren, die Sie im kommenden Jahr einführen?

Wir sehen einen großen Bedarf an Produkten mit geringer Leistungsaufnahme. Aus diesem Grund haben wir ein SOM (Anmerkung der Red.: System on Module) mit sehr geringer Leistungsaufnahme, aber gleichzeitig hoher Grafikleistung entwickelt. Nachhaltigkeit ist derzeit sehr hoch aufgehängt – hier wollen wir weitere Produkte auf den Markt bringen, um dem Bedarf Folge zu leisten und die Nachfrage unserer Kunden zu bedienen. Weiterhin werden wir nächstes Jahr die Serienfertigung unseres OSM-Moduls (Anmerkung der Red.: Open Standard Module) starten. OSM ist eine gute Ergänzung zu Steckmodulen. Gerade bei OSM sind viele Erfahrungen unterschiedlicher Firmen aus der Branche eingeflossen. OSM passt vermutlich nicht für jeden Kunden, jedoch ist es ein guter Schritt in Richtung Miniaturisierung.

Was treibt Sie an, ein Unternehmen zu leiten und durch solch herausfordernde Zeiten zu führen?

Als einer der Gründer von F&S Elektronik Systeme bin ich schon lange Jahre der Branche treu. Einen Teil meiner Motivation ziehe ich aus der Besonderheit unserer Firma: Wir sind immer noch sehr schlank aufgestellt, somit bin ich als Geschäftsführer unseren Kunden und der Technik immer noch nah. Da ich einen technischen Hintergrund mitbringe, macht es mir Spaß, mit Kunden über neue Projekte zu sprechen oder neue Lieferanten und Partnerschaften zu akquirieren. Das motiviert mich und auch meine Mitarbeiter, pfiffige Lösungen für den Kunden zu entwickeln.

Außerdem haben wir als F&S zum einen proprietäre Formfaktoren im Portfolio, jedoch ebenso Standard-Formfaktoren wie OSM oder Qseven. Unsere Entwickler sind sehr engagiert und erfahren, was proprietäre Standards betrifft, wir können das Beste aus den bereits entwickelten Boards entnehmen und in neue Produkte einfließen lassen. So können wir komplett eigene Firmen-Standards für Kunden schaffen. Das ist auch ein Grund, warum wir aktiv am OSM-Standard mitarbeiten – wir haben die Chance wahrgenommen, unsere eigenen Ideen einzubringen. Hieraus ziehe ich meine Motivation, jeden Tag vor Ort zu sein, mit meinen Mitarbeitern genauso wie mit Kunden zu diskutieren und das Unternehmen voranzubringen. Wir wollen in Zukunft zudem weiter wachsen.

Was gab damals den Ausschlag für die Unternehmensgründung?

Herr Scholz und ich sind mehr oder weniger in die Unternehmensgründung hineingerutscht. Wir haben zunächst ein Ingenieurbüro gegründet – über Kundenprojekte kamen wir dann zum ersten eigenen Produkt, eine Eigenentwicklung. Dank der großen Nachfrage konnten wir schließlich 1996 die F&S Elektronik Systeme GmbH gründen.

Bis heute trägt uns der Gedanke, immer wieder neue, eigene Produkte zu schaffen, Gutes zu adaptieren und mit eigenen Ideen anzureichern.

Wie sehen Sie das Fehlen von Messen, hat das Auswirkungen auf Ihr Geschäft?

Ein persönlicher Austausch und der direkte Kontakt zu Geschäftspartnern sind sehr wichtig für uns. Aus dem Grund halte ich Messen für unverzichtbar und denke, es wird sie demnächst auch wieder in Präsenzform geben. Vertrauen ist ein wichtiger Baustein, und das schaffe ich am besten durch persönliche Kontakte. Wir haben uns für die embedded world 2022 – sowohl digital als auch Präsenz – eingetragen und freuen uns auf anregende Gespräche.

Vielen Dank für das interessante Gespräch Herr Frölich.

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