Wie kann Model-Based Design die zunehmend komplexen Entwicklungsprozesse in der Industrie vereinfachen – in Zeiten, in denen Mechanik, Elektronik und Software immer enger ineinandergreifen? Auf der SPS gibt MathWorks Antworten darauf und zeigt die Nutzung von Matlab und Simulink in der Industrie.
Die industrielle Automatisierung verfolgt ein klares Ziel: Durchsatz und Qualität zu erhöhen, die Effizienz von Produktionslinien zu steigern und Abläufe zu standardisieren. Doch dieser Fortschritt hat seinen Preis. Denn hinter jeder Produktivitätssteigerung steht ein beträchtlicher Entwicklungsaufwand. Komplexe Maschinenarchitekturen und immer anspruchsvollere Steuerungssoftware müssen zu einem fehlerfreien Gesamtsystem zusammenfinden. Gerade diese zunehmende Systemintegration stellt Ingenieurteams vor Herausforderungen. Mechanik, Elektronik und Software greifen so eng ineinander, dass klassische sequenzielle Entwicklungsansätze an ihre Grenzen stoßen. Wer Effizienz in der Produktion erreichen will, muss sie also zuerst in der Entwicklung realisieren.
Wie adressiert Model-Based Design nun dieses Dilemma? Indem Ingenieure mit Tools wie Simulink von MathWorks ein Systemmodell der Anlage und der Steuerung aufbauen, können sie deren Verhalten simulieren und validieren.
Eine solche modellbasierte Vorgehensweise schafft einen entscheidenden Mehrwert: Steuerungsalgorithmen lassen sich bereits im virtuellen System entwickeln und testen, was Softwarequalität und Prozessleistung deutlich steigert. Gleichzeitig können Ingenieure die Platzierung von Aktoren, Sensoren und anderen Komponenten sowie die Dimensionierung der Hardware prüfen, lange bevor physische Maschinen bereitstehen. Die Simulation von Anlage und Steuerung verhindert Integrationsprobleme, die sonst erst im Feld sichtbar würden. Auch das Durchspielen ungewöhnlicher oder fehlerhafter Betriebszustände ist möglich.
Ein weiterer Vorteil ist die nahtlose Einbindung automatisierter Entwicklungs- und Testprozesse. Das Modell lässt sich direkt in CI/CD-Workflows (Continuous Integration/ Continuous Delivery) integrieren, wodurch wiederholbare, verlässliche Software-Releases entstehen. Zudem kann aus dem getesteten Systemmodell automatisch Produktionscode für SPS oder Edge-Controller generiert werden. Model-Based Design liefert somit unmittelbar einsetzbare Steuerungssoftware. Anschließend können Ingenieure Hardware-in-the-Loop-Testumgebungen nutzen, in denen das zuvor validierte Modell auf Echtzeitrechnern läuft und mit den Steuerungen der realen Anlage verbunden wird. So lassen sich unterschiedliche Szenarien durchspielen, bevor es zur physischen Umsetzung kommt. Die finale Inbetriebnahme erfolgt dadurch wesentlich schneller, kostengünstiger und risikoärmer.
Darüber hinaus unterstützt Model-Based Design Maschinenbauunternehmen dabei, den steigenden Anforderungen an Flexibilität und Individualisierung in der Fertigung gerecht zu werden. Je ausgeklügelter die Maschine und ihre Softwarefunktionen sind, desto größer ist der potenzielle Return on Investment. Vor allem modulare Maschinen, die auf unterschiedliche Kundenanforderungen angepasst werden müssen, profitieren von modellgestützter Entwicklung. So lassen sich unterschiedliche Spezifikationen bereits im Modell prüfen und optimieren, wodurch Entwicklungszeiten um bis zu 50 Prozent reduziert werden können.
Model-Based Design macht die klassische Maschinensteuerung zu einer vielseitigen Plattform, auf der weitere Analyse- und Optimierungsansätze miteinander verknüpft werden können. Dabei bilden die eingangs entwickelten Systemmodelle eine wiederverwendbare Grundlage für diese innovativen Methoden.
So ermöglicht Model-Based Design Anomalieerkennung und Predictive Maintenance, die Fehlerpotenziale weit über die physische Inbetriebnahme hinaus erkennen. Mit Werkzeugen wie etwa Matlab von MathWorks können Ingenieure Szenarien simulieren, Daten synthetisch erzeugen und Algorithmen validieren. Dadurch wird die Planung von Wartungsstrategien präziser und ressourcenschonender. Gleichzeitig lassen sich mithilfe dieser Modelle KI-gestützte Anwendungen für visuelle Inspektionen trainieren und testen. Die Modelle können außerdem eine realistische Umgebung für Deep-Learning-Systeme liefern. Deren Robustheit lässt sich in der Simulation überprüfen, bevor reale Anlagen in die Prüfprozesse eingebunden werden.
Darüber hinaus bilden die entwickelten Modelle die Grundlage für digitale Zwillinge und virtuelle Inbetriebnahme. Sie spiegeln die reale Anlage exakt wider und erlauben die Entwicklung und Simulation neuer Betriebszustände in einer sicheren Umgebung. Dies schafft eine frühe Validierungsplattform und ermöglicht es, komplexe Analysen und Optimierungen durchzuführen, ohne den Produktionsbetrieb zu unterbrechen.
Wer seine Erkenntnisse heutzutage erst an der realen Maschine gewinnt, reagiert zu spät. Model-Based Design transformiert den Entwicklungsprozess von reaktiven Nachbesserungen hin zu proaktivem, daten- und modellgestütztem Engineering. Darüber hinaus schafft Model-Based Design eine flexible, wiederverwendbare Entwicklungsbasis. Einmal erstellte Modelle lassen sich für digitale Zwillinge, KI-gestützte Qualitätsprüfungen oder vorausschauende Wartung nutzen. Automatisch generierter Code macht den Schritt von der Simulation zur Produktion zuverlässig und hardwareunabhängig. Die gleiche Modellbasis kann für unterschiedliche Steuerungssysteme eingesetzt werden, ohne dass Entwickler erneut bei Null anfangen müssen.
Der wirkliche Wert von Model-Based Design liegt jedoch in seiner strategischen Wirkung: Unternehmen können Produktionsprozesse schneller anpassen und den steigenden Anforderungen an Individualisierung besser gerecht werden. Simulation und Modellierung ermöglichen Experimente und Designvarianten, ohne die reale Produktion zu gefährden. Mit diesem Ansatz lassen sich Entwicklungszeiten halbieren, Integrationsrisiken minimieren und die Produktionsqualität kontinuierlich verbessern. Gleichzeitig erhalten Ingenieure eine robuste Grundlage, um auch künftigen Anforderungen an Automatisierung und Digitalisierung gewachsen zu sein.
Am MathWorks-Stand auf der SPS 2025 bekommen Besucher Einblicke in die Nutzung von Matlab und Simulink anhand von Demos rund um die Themen KI, Predictive Maintenance, Virtuelle Inbetriebnahme, Codegenerierung für Industriesteuerungen und mehr. Das Partnerunternehmen Speedgoat stellt Echtzeit- und Hardware-in-the-Loop-Testsysteme mit nahtloser Integration in Matlab- und Simulink-Workflows vor. Folgende Demos sind vor Ort zu sehen:
Fehlerklassifizierung in Edge-Geräten: Diese Demo zeigt ein Predictive-Maintenance-Framework (PdM) für Siemens-SPSen und Edge-Geräte sowie die Integration mit der Automatisierungs-Hardware von Siemens. Dies ermöglicht die effiziente Bereitstellung von PdM-Modellen für die Echtzeitüberwachung, sorgt für eine schnelle Problemlösung und verkürzt Ausfallzeiten.
Vorausschauende Wartung einer Flow-Pack-Maschine: Diese Demo zeigt ein Beispiel für die Fehlerklassifizierung und RUL-Schätzung einer Flow-Pack-Maschine. Das Beispiel beruht auf einem physikalischen Simulink/Simscape-Modell der Maschine, mit dem elektrische und mechanische Fehler (Ausfälle von Servomotor und Getriebe) simuliert werden.
Virtuelle Fertigungsstraße: Diese Demo zeigt eine virtuelle Fertigungsstraße, die durch Importieren von CAD-Dateien erstellt wurde. Sie kombiniert ein umfangreiches Update in Simulink-3D-Animation mit anderen MathWorks-Lösungen wie Robotik, State-Machine-Modellierung und Bildverarbeitung.
Digital Twin-Workflow mit Matlab/Simulink: Diese Demo zeigt, wie sich Simulationsmodelle als digitale Zwillinge nutzen lassen – basierend auf einem präzisen Modell einer Dreifachpumpe.
Motion Control Prototyping: Anhand eines 6-DoF-Roboterarms wird demonstriert, wie Simulink, Stateflow und Simulink Real-Time für das Rapid Prototyping der Bewegungssteuerung von Robotern eingesetzt werden. Die Regelung läuft auf einem Prototyping-Testsystem von Speedgoat, das über EtherCAT angebunden ist.
SPS-Tests mit digitalen Zwillingen: Echtzeit-Simulationen mit digitalen Zwillingen für Tests und die virtuelle Inbetriebnahme von SPSen. Die Demo veranschaulicht, wie ein digitaler Zwilling eines Roboters erstellt, auf einem Testsystem von Speedgoat implementiert und über EtherCAT mit einer Beckhoff-SPS verbunden wird.
SPS 2025: Halle 6, Stand 215