Es bieten sich also zahlreiche Einsatzmöglichkeiten für KI in Embedded-Systemen – allerdings: Wer soll das Programmieren? »Die Frage ist, wie die Tools ausschauen. Wenn es so aussieht wie ein heutiges FPGA-Tool, dann wird das eher schwierig, denn da braucht es hohes Spezialistentum«, betont Eder. »Intel und Altera arbeiten gemeinsam daran, Algorithmen im Server-Bereich auf FPGAs auszulagern und das von der Usability her zu vereinfachen. Man muss gar nicht mal so in die Programmierung einsteigen, entscheidend sind die Algorithmen – und das ist das eigentliche Know-how der Anwender. Wenn die Durchgängigkeit mit APIs und so erstmal gegeben ist, kann man mit ganz anderen Tools die Lösungen modellieren – der eigentliche Code wird durch Generatoren erzeugt.«
Im Embedded-Bereich spielen Zulassungsthemen oftmals eine entscheidende Rolle. Wie aber kann man selbstlernende Systeme zertifizieren? »Eine Intelligenz wie Alexa quatscht einfach mal nur so daher – da kann nicht so viel passieren. In anderen Anwendungen kann hingen viel passieren. Wie man autonomes Fahren zertifizieren will, ist für mich ein Rätsel«, gesteht Eder. »Das ist für mich ein Ding der Unmöglichkeit. Funktionale Sicherheit und Nachvollziehbarkeit sind unsere Themen. Bei einem KI-System weiß man das nicht so.«
Es stellen sich weitere wichtige Fragen: »Wie und zu welchem Zeitpunkt soll man Produkte zertifizieren, die sich verändern?«, zählt Harald Maier, Business Development von TQ Group, auf. »Und wo steckt die Intelligenz – ist sie im Fahrzeug oder im übergeordneten System, wo auch das Lernen stattfindet?«
Völlig alleingelassen sind die Embedded-Entwickler aber nicht. »Es gibt mittlerweile eine Arbeitsgruppe, die sich genau mit diesem Thema beschäftigt«, berichtet Margraf. »Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz und der TÜV Süd haben eine Arbeitsgruppe gestartet, um die Frage zu klären, wie man autonomes Fahren zertifiziert.« – »KI nur auf autonomes Fahren einzugrenzen ist zu wenig«, gibt Plachetka zu bedenken. »Verkehrssteuerung und -überwachung sind weitere Themen. Auch im Bereich Agrartechnologie entwickelt sich bereits sehr viel.«
Durch massive Investitionen treiben IT-Großunternehmen wie IBM und Google die KI-Entwicklung voran. Ihr Ausgangspunkt sind klassische Server-Strukturen im High End des Cloud-Computings – das Interesse und entsprechende Aktivitäten wandern allmählich in tiefere Strukturen und damit in Richtung Edge. Droht der Einbruch der Giganten in das Embedded-Geschäft?
»Google und Co. haben die Smartphones akquiriert, um an das Edge zu kommen. Sprachgesteuerte Assistenten und Rauchmelder sind weitere Schritte«, berichtet Martin Steger, Geschäftsführer von iesy. »Entscheidend ist jedoch die letzte Meile zu unseren Devices – daher sind die keine Konkurrenz.« »Die letzte Meile ist so vielschichtig und diversifiziert, dass die eigentlich keine Chance haben, für alles, was da draußen im Einsatz ist, eine Lösung zu bieten. Die werden die schon angesprochenen stückzahlenträchtigen Anwendungen abdecken«, ergänzt Blersch. »Es gibt noch die ganzen unterschiedlichen, schier endlosen Anwendungen im Haushalt. Und dann haben wir noch die Fabriken mit ihren eigenen speziellen Themen – da werden nicht die Millionen Devices verkauft, die ganzen einzelnen, spezifischen Lösungen laufen mit 5000 oder 10.000 Stück im Jahr, da sehe ich definitiv unsere Berechtigung.«
Es scheint also Raum für alle zu geben. »Google oder IBM sind keine Wettbewerber, sondern Partner für die Zukunft«, resümiert Hauser, »wir müssen gemeinsam das Ökosystem für den Kundennutzen schaffen.«