Netzwerktests für jedermann

Mit minimalem Konfigurationsaufwand zur maximalen Testtiefe

10. Oktober 2016, 17:02 Uhr | Von Viola Misch und Katja Hahmann
Mit den Entwicklungswerkzeugen von Vector konnte Daimler seinen Testaufwand reduzieren.
© Daimler

Bei Daimler werden die ECUs Motorsteuergerät und Central Powertrain Controller entwickelt, die über CAN bzw. FlexRay vernetzt sind. Alle Testumfänge waren bisher über diverse Tools verteilt und die Möglichkeit der Testautomatisierung nicht gegeben, auch war FlexRay nicht unterstützt.

Jede Entwicklungsabteilung von Automotive-Steuergeräten macht sich Gedanken darüber, wie sie ihre Geräte zeitsparend und rationell testen kann. Daimler hat seit 2012 einen speziellen Netzwerktest-Generator zum Erstellen von Testkonfigurationen für Netzwerktests von Pkw-Motorsteuergeräten u.a. im Einsatz. Das extern von Vector Informatik entwickelte Tool nutzt als Basis das Simulations- und Test-Werkzeug CANoe und deckt damit umfangreiche Testfälle ab, von Netzwerkmanagement- und Gateway-Tests über Prüfsummenabsicherungen bis zu Botschaftszähler- und Zykluszeitüberwachungen. Langwierige Anpassungsarbeiten und das Programmieren oder Editieren von Testskripts gehören seitdem der Vergangenheit an.

Das Testen von Steuergeräte-Software nimmt stets einen deutlichen Anteil am gesamten Entwicklungsprozess ein. Jeder neue Software-Stand muss eine definierte Freigabeprozedur durchlaufen, zu der zahlreiche Einzeltests mit unterschiedlichen Testschwerpunkten gehören. Gleichzeitig sind als Nachweis von Reifegrad und Fehlerfreiheit die Ergebnisse sorgfältig zu dokumentieren.

Aufgrund der Komplexität aktueller Steuergeräte ist das ohne Testautomatisierung nicht vernünftig zu bewältigen. Doch Testkonfigurationen und Testskripts erstellen sich auch nicht von alleine.

Um diesen Prozess zu rationalisieren, hatte Daimler für die Vernetzungstests ihrer Pkw-Motorsteuergeräte schon vor etlichen Jahren die CANoe-Anwendung CANSpector entwickelt. Damit wurden Tests rund um das Netzwerkmanagement (NM) der damals aktuellen Daimler-Vernetzungstopologie mit OSEK NM unterstützt. Alle anderen Testumfänge mussten die Mitarbeiter von Hand mit der Test- und Simulations-Software CANoe erledigen und dazu Skripts und Konfigurationen erstellen, Messungen durchführen, Reports generieren und so weiter.

In der aktuellen Powertrain-Architektur befinden sich bei Daimler derzeit mehrere Motorsteuergeräte und Gateways parallel in der Entwicklung. Weil der Automobilhersteller Plattform-Software nutzt, ähneln sich die Motorsteuergeräte hinsichtlich ihrer Software-Komponenten zur Vernetzung. Die zwei V-Zyklen im Jahr, mit jeweils vier Software-Ständen pro V-Zyklus, ziehen einen beachtlichen Testaufwand nach sich. Der erste Software-Stand ist typisch durch die meisten Neuerungen gekennzeichnet, sodass dort der größte Testumfang anfällt. Betrachtet man den gesamten Testaufwand für die Vernetzungs-Software, so entfallen davon etwa zwei Fünftel auf die Tests der Vernetzungsänderungen. Den Rest davon nehmen allgemeine anforderungsbasierte Software-Tests ein. Bei den folgenden Software-Ständen ist die benötigte Zeit zum Testen deutlich kürzer.

Aus CANSpector wird COMSpector

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Aufbau der Daimler-Testausführung
Bild 1. Aufbau der Daimler-Testausführung: Prozess von der Netzwerktest-Generierung durch COMSpector bis zur Ausführung durch CANoe.
© Daimler

Mit der neuen Vernetzungstopologie führte Daimler ein AUTOSAR-konformes Netzwerkmanagement ein. Die noch fehlende Unterstützung für AUTOSAR-Standards, FlexRay und neue Datenbankformate waren unter anderem Gründe dafür, 2011 eine Neuentwicklung des Inhouse Tool in Angriff zu nehmen. Angesichts der umfangreichen Anpassungsarbeiten und Wartungsaufwände beschloss die Entwicklungsabteilung am Standort Sindelfingen, das Projekt auszulagern, und beauftragte Vector Informatik mit der Neu- und Weiterentwicklung. Der neue Netzwerktest-Generator „COMSpector“ deckt mit einem signifikant erweiterten Funktionsumfang deutlich mehr Testfälle ab und basiert – wie schon das Vorgänger-Tool – auf CANoe. Letzteres stellt über die Erweiterung Test Feature Set (TFS) zahlreiche Funktionen zum automatischen Testen von Steuergeräten bereit. Das Werkzeug beherrscht unter anderem Restbussimulationen, spielt aufgezeichnete Trace-Daten ab und verfügt über einen Reportgenerator zum Erstellen ausführlicher Testreports (Bild 1). Automatische Testabläufe und Netzknotensimulationen lassen sich in der Skriptsprache CAPL mit C-ähnlicher Syntax kodieren. Weil CANoe im Hause Daimler schon seit Langem erfolgreich im Einsatz ist, integriert sich COMSpector nahtlos in die vorhandene Werkzeugkette.

In der aktuellen Topologie sind das Motorsteuergerät (Engine Control Module, ECM) und der Central Powertrain Controller über eine CAN-Direktverbindung miteinander verbunden. Weiterhin gibt es am Motorsteuergerät einen CAN-Bus zum Anschluss von Sensoren sowie den Powertrain-CAN-Bus, der unter anderem zum Transmission Control Module (TCM) führt. Der Central Powertrain Controller (CPC) bildet die Schnittstelle zwischen Antriebsstrang und Fahrzeug und übernimmt unter anderem Gateway-Funktionen. Neben mehreren CAN-Bussen geht vom CPC auch ein FlexRay-Bus aus. Er bedient beispielsweise ESP, elektrische Lenkungsunterstützung, elektrisches Zündschloss sowie Radarsteuergeräte für verschiedene Assistenzsysteme. Die COMSpector-Tests decken alle sieben aktuellen Motortypen der Mercedes-Benz-Personenkraftwagen ab.


  1. Mit minimalem Konfigurationsaufwand zur maximalen Testtiefe
  2. Anspruchvolle Tests per Maus
  3. Life-Tests im Fahrzeug

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