Hybrid- und Elektrofahrzeugen entwickeln

Steigerung des Wirkungsgrads bei Fahrzeug-Elektrifizierung

12. Juni 2017, 10:59 Uhr | Von Karl-Heinz Steinmetz
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Start-Stopp-Automatik und Mikro-Hybrid

Vorausgeschickt werden muss, dass im Stadtverkehr eine gewisse Kraftstoffmenge gespart werden kann, wenn der Motor bei stehendem Fahrzeug abgeschaltet und erst beim Losfahren wieder angelassen wird. Nimmt man Rekuperation und das Fahren im Leerlauf hinzu, so entsteht eine Mikro-Hybridlösung mit einer Kraftstoffersparnis, weil der Motor die Batterie weniger aufladen muss. Auch bestimmte Sicherheits- und Komfortfunktionen, die wie etwa der Abstandsregel-Tempomat immer mehr an Verbreitung gewinnen, können durch effizienteres Fahren Kraftstoff sparen. So einfach diese Assistenzfunktionen auch erscheinen mögen, sind sie doch unter Umständen sehr involviert und verlangen ein elektronisches Management. Auch gewichtssparende Lösungen wie Drive-by-Wire, Shift-by-Wire und Brake-by-Wire tragen zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs bei und ebnen den Weg zu einer verstärkten Elektrifizierung. Start-Stopp-Automatik, Energierückgewinnung und verschiedene andere Arten elektrischer Assistenzfunktionen werden in den kommenden Jahren in großer Zahl in den Fahrzeugen Einzug halten, den Flotten-Kraftstoffverbrauch dadurch senken und die Privatkäufer auf die weiter reichenden Innovationen der Hybrid- und Elektrofahrzeuge vorbereiten.

Mildhybrid

Weitere Senkungen des Kraftstoffverbrauchs hängen von der Vergrößerung der Fahrzeugbatterie ab. Kleinere elektrische Verbraucher wie die Beleuchtung oder die Scheibenwischer können direkt von der Batterie versorgt werden. Größere Verbraucher wie etwa Pumpen benötigen jedoch Unterstützung durch den Generator oder müssen per Keilriemen direkt vom Motor angetrieben werden. Einige Automobilhersteller arbeiten an der Einführung eines Zweispannungs-Bordnetzes, das eine 12-V-Batterie zur Wahrung der Kompatibilität zu bestehenden Systemen mit einer 48-V-Batterie kombiniert.

Übersicht über ein Zweispannungs-Bordnetz (12 V/48 V)
Bild 1. Übersicht über ein Zweispannungs-Bordnetz (12 V/48 V).
© Texas Instruments

Letztere treibt die Anlasser-Generator-Kombination, den Kompressor bzw. den Turbolader, die Kraftstoffpumpe, die Kühlmittelpumpe, den Kühlerlüfter und weitere Verbraucher mit großem Leistungsbedarf an. Bild 1 zeigt die Systeme, die von einem Zweispannungs-Bordnetz direkt versorgt werden. Diese lassen sich dann vom Verbrennungsmotor entkoppeln, der dadurch weniger leisten muss und entsprechend kleiner dimensioniert werden kann.

Während 48 V ein Standard ist, der die in Bild 1 aufgeführten Systeme mit bis zu 10 kW Leistung versorgen kann, ist eine höhere Spannung erforderlich, um ein Super- oder Turboladen von Elektrofahrzeugen mit bis zu 20 kW zu ermöglichen. In beiden Fällen erlaubt die Auto-Konfiguration als Mildhybrid zusätzliche Kraftstoffersparnis und eine Erhöhung des Aktionsradius, auch wenn kein unabhängiger elektrischer Antrieb möglich ist. Mildhybrid-Fahrzeuge werden voraussichtlich die wachstumsstärkste Konfiguration unter den in der Tabelle genannten Varianten sein und mehr als die Hälfte der 22 Millionen Einheiten ausmachen, die im Jahr 2025 verkauft werden sollen.

Voll- und Plug-in-Hybridfahrzeuge

In einem Vollhybrid, der elektrisch mit bis zu 80 kW angetrieben wird, ist eine Batterie mit einer Spannung im dreistelligen Voltbereich erforderlich – möglicherweise ergänzt durch eine 48-V-Batterie, um die Kompatibilität zu Systemen zu gewährleisten, die für diese Spannung ausgelegt sind. Der Kraftstoffverbrauch hängt vom Verhältnis zwischen Elektro- und Verbrennungsbetrieb ab. Ohne einen Durchbruch in der Batterietechnologie oder eine Möglichkeit zum schnellen Batterietausch lässt sich der Kraftstoffverbrauch nur dann weiter senken, wenn man die Batterie von außen entweder per Kabel oder auf induktivem Weg nachlädt. Plug-in-Hybridfahrzeuge als die am zweitschnellsten wachsende Konfiguration aus der Tabelle senken den Kraftstoffverbrauch, indem der Fahrzeugeigner sein Auto regelmäßig aus einer Wandsteckdose lädt.

Reine Elektrofahrzeuge

Als finale Stufe senken reine Elektrofahrzeuge den Kraftstoffverbrauch ganz auf Null. Allerdings fehlt ihnen die Flexibilität des Verbrennungsmotors, um längere Fahrten zu unternehmen und rasch nachtanken zu können. Geringe Reichweite und lange Ladezeiten sind auch die Faktoren, die die Akzeptanz der Elektrofahrzeuge am stärksten hemmen. Obwohl die meisten Menschen ihre Fahrzeuge nur auf Kurzstrecken bewegen und über Nacht genügend Zeit zum Nachladen hätten, wollen sie nicht die Option aufgeben, eine Überlandfahrt auf einer ähnlich langen Strecke zu unternehmen, wie sie mit einem Tank voller Kraftstoff möglich wäre. Auch das Nachladen soll nicht viel länger dauern als ein Tankvorgang. Der langfristige Erfolg von Fahrzeugen ohne Schadstoffausstoß scheint von technologischen Fortschritten in Bezug auf Batteriekapazität und Ladezeit abzuhängen. Das Laden könnte dabei kabellos mit Hilfe von Induktionsschleifen unter dem Fahrzeug erfolgen, um die Kabelverbindung zu ergänzen oder zu ersetzen.

Autonomes Fahren und Fahrerassistenzsysteme

Das automatisierte Fahren ist ein weiterer Faktor, der Einfluss auf die Senkung des Kraftstoffverbrauchs hat. Streng genommen ist das automatische Fahren nicht auf Hybrid- und Elektrofahrzeuge beschränkt, sondern lässt sich in jedes Fahrzeug einbauen. Allerdings benötigen autonom fahrende Autos eine ganze Reihe von Sensoren und Aktoren, die identisch mit den für Elektromotoren benötigten Systemen sind. Selbstfahrende Autos können zudem wesentlich ökonomischer fahren, als es die meisten menschlichen Fahrer vermögen. Das gilt insbesondere für den Stadtverkehr, in dem das Einhalten einer möglichst konstanten Geschwindigkeit schwierig ist. Aus diesen Gründen ist es wahrscheinlich, dass die Entwicklung von Hybrid- und Elektrofahrzeugen durch die Automobilhersteller eng mit der Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen und autonomen Fahrsystemen verflochten sein wird – und das aus Gründen der Sicherheit, des Kraftstoffverbrauchs und des Schadstoffausstoßes.


  1. Steigerung des Wirkungsgrads bei Fahrzeug-Elektrifizierung
  2. Start-Stopp-Automatik und Mikro-Hybrid
  3. Technische Herausforderungen bei der Entwicklung von HEVs
  4. Bewältigung der Herausforderungen der Automobilelektronik

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