Für IGBT- und SiC-MOSFET-Treiber

DC/DC-Wandler für robustere Leistungsstufen

21. Oktober 2016, 9:17 Uhr | Von Markus Stöger und Reinhard Zimmermann
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Lässt sich die Robustheit einer Schaltung messtechnisch erfassen?

Zuverlässige Messungen an IGBT- und SiC-MOSFET-Leistungsstufen sind alles andere als trivial. Da ein direkter Zugang zum Gate und zum Emitter durch die parasitären Induktivitäten LG und LE verhindert wird, kann der Sicherheitsabstand zur Schwellenspannung im dynamischen Betrieb nur sehr fehlerbehaftet gemessen werden. Womit der alte Lehrsatz – wer misst, misst Mist – wieder einmal bestätigt wäre.

Einen Ausweg könnte die Messung des Brückenquerstroms bieten. Dabei dürfen allerdings keine zusätzlichen Widerstände oder Induktivitäten in den Gate-Emitter-Kreis eingebracht werden, da sich sonst das Schaltverhalten des IGBT oder SiC-MOSFET ändert. Eine Messmethode, die sich bewährt hat, führt über die Spannungsdifferenz an einem Strommesswiderstand in der Verbindungsleitung des Kollektors zur positiven Versorgungsspannung, wofür ein Oszilloskop mit Differenzialtastkopf zur potenzialfreien Messung erforderlich ist.

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Die Gate-Emitter-Spannung eines IGBT hängt stark von der Sperrschichttemperatur
Bild 4. Die Gate-Emitter-Spannung eines IGBT hängt stark von der Sperrschicht-temperatur ab und variiert auch in der Fertigung, sodass die IGBT-Hersteller zum typischen Wert ein Intervall mit Minimal- und Maximalwerten angeben
© Infineon

Aber selbst wenn dabei keine verdächtigen Ströme gemessen werden, ist noch nicht garantiert, dass es später, im Betrieb der in Serie produzierten Leistungswandler, nicht doch zu fehlerhaftem Einschalten kommen kann. Einerseits streut die Schwellenspannung zwischen den Exemplaren desselben Transistortyps relativ stark, andererseits ist die Abhängigkeit von der Sperrschichttemperatur erheblich (Bild 4). Um wirklich sicherzugehen, müssten für die Dimensionierung der Schaltung IGBTs mit der niedrigsten Schwellenspannung selektiert werden. Diese IGBTs müssten dann bei maximal zulässiger Temperatur und größtmöglicher Strom- und Spannungsänderungsgeschwindigkeit dI/dt bzw. dU/dt vermessen werden.

DC/DC-Wandler für die optimale Versorgung der Treiberstufe

Wie eingangs erwähnt, werden die Schaltverluste maßgeblich durch die Qualität der Ansteuerung bestimmt. Deshalb muss besonderes Augenmerk auf die Gate-Treiber und deren Versorgung gelegt werden. Da die Treiberschaltung mit dem hohen Potenzial des Leistungstransistors verbunden ist, müssen sowohl der Signaleingang als auch die Spannungsversorgung der Treiber-ICs sehr gut isoliert sein. Die Isolation der Versorgungsspannungen ist durch den Einsatz von DC/DC-Wandlern mit galvanischer Trennung besonders komfortabel realisierbar.
Handelsübliche Treiber-Module werden asymmetrisch mit positiver und negativer Spannung betrieben. Dabei unterscheiden sich IGBT- und SiC-MOSFET-Treiber in der Höhe der erforderlichen Versorgungsspannungen. Für IGBTs werden in den Datenblättern Schwellenspannungen zwischen +3 V und +6 V genannt, die zudem mit steigender Sperrschichttemperatur um 1 V bis 2 V sinken können. Für ein schnelles Durchschalten der IGBTs hat sich in der Praxis die Ansteuerung mit +15 V etabliert.

IGBT- und SiC-MOSFET-Treiberschaltungen können mit galvanisch trennenden DC/DC-Wandlern besonders komfortabel versorgt werden
Bild 5. IGBT- und SiC- MOSFET-Treiber- schaltungen können mit galvanisch trennenden DC/DC-Wandlern besonders komfortabel versorgt werden, wenn diese über asymmetrische Ausgänge mit +15 V/–9 V (IGBT) oder +20 V/–5 V (SiC-MOSFET) verfügen.
© Recom

Um – wie zuvor beschrieben – trotz steiler Schaltflanken ein fehlerhaftes Einschalten zu verhindern, muss das Gate zum sicheren Sperren des IGBT negativ vorgespannt werden. In der Praxis hat sich eine Gate-Vorspannung von –9 V bewährt, um auf der sicheren Seite zu sein. Zur Versorgung von IGBT-Treibern sind deshalb duale, galvanisch trennende DC/DC-Wandler mit asymmetrischen Spannungen von +15 V und –9 V besonders gut geeignet (Bild 5 a).

Bei SiC-MOSFETs ist die Schwellenspannung deutlich niedriger als bei IGBTs. Und auch hier nimmt sie mit steigender Temperatur ab. Ein logischer Schluss wäre nun, eine im Vergleich zu IGBTs höhere negative Vorspannung zu wählen. Dagegen sprechen allerdings Untersuchungen an der University of Nottingham, wonach sich das Gate-Oxid mit der Höhe der negativen Spannung über die Betriebsdauer unterschiedlich stark verändert [2]. Bei einer Gate-Source-Spannung von –5 V sinkt die Schwellenspannung über eine Betriebsdauer von 1000 h um rund 0,2 V bis 0,3 V und bleibt danach stabil. Bei UGS = –10 V ist die Veränderung bis zu fünf Mal höher und die Streuung zwischen den Transistoren ist so groß, dass einzelne SiC-MOSFET-Exemplare schon bei 0 V selbstleitend werden können. Es ist also zu empfehlen, die Gate-Source-Spannung nicht negativer als –5 V zu wählen.

Der Ein-Widerstand eines SIC-MOSFETs verringert sich auch oberhalb der Schwellenspannung mit steigender Gate-Source-Spannung
Bild 6. Der Ein-Widerstand eines SIC-MOSFETs verringert sich auch oberhalb der Schwellenspannung mit steigender Gate-Source-Spannung. Die Ausgangs-kennlinien wurden bei einer Sperrschichttemperatur von 25 °C gemessen.
© STMicroelektronik

Die positive Ansteuerspannung könnte theoretisch wie beim IGBT bei +15 V gewählt werden, da die Schwellenspannung des SiC-MOSFET deutlich niedriger ist und er folglich mit +15 V sicher eingeschaltet wird. Das Ausgangskennlinienfeld eines SiC-MOSFET mit unterschiedlichen Gate-Source-Spannungen verdeutlicht, dass mit höherer Gate-Source-Spannung ein wesentlich niedrigerer RDSein erreicht werden kann (Bild 6). Um die Vorteile von SiC-MOSFETs bestmöglich zu nutzen, ist zum Einschalten eine Gate-Source-Spannung von +20 V vorteilhaft. Deshalb ist für die Stromversorgung der Treiberschaltung ein dualer, galvanisch trennender DC/DC-Wandler mit asymmetrischen Spannungen von +20 V und –5 V die beste Wahl (Bild 5 b).

Besonderes Augenmerk sollte auf die Isolationsfestigkeit der DC/DC-Wandler gelegt werden. Hohe Schaltfrequenzen – für IGBTs meist 10 kHz bis 50 kHz, für SiC-MOSFETs eher >50 kHz – und steile Schaltflanken bedeuten permanenten Stress für die Isolationsbarriere durch schnell wechselnde Belastungen. Oft sind die Schaltspitzen markant höher, als mit dem Oszilloskop auf Anhieb sichtbar ist. Wer sich allein auf die Messung verlässt und einen Wandler mit knapp bemessener Isolation einsetzt, riskiert langfristig die Zuverlässigkeit seiner Leistungsstufe. Deshalb tendieren Entwickler bei der Dimensionierung von Leistungstransistorstufen dazu, genügend Sicherheitsreserven einzuplanen und DC/DC-Wandler für die Versorgung der Treiberschaltungen mit bestmöglicher Isolation einzusetzen.

Versorgung der Treiberschaltungen mit bestmöglicher Isolation einzusetzen.
DC/DC-Wandlerfamilie für IGBT-/SiC-MOSFET-Treiber
Speziell für die Versorgung von IGBT- und SiC-MOSFET-Treibern hat der auf Stromversorgungsmodule spezialisierte Hersteller Recom eine neue Familie von DC/DC-Wandlern entwickelt – in enger Zusammenarbeit mit namenhaften Halbleiterherstellern wie GaN Systems, Wolfspeed/Infineon, TI und anderen. Die Gleichspannungswandler haben asymmetrische Ausgänge mit wahlweise +15 V/–9 V (IGBT) oder +20 V/–5 V (SiC-MOSFET) und sind für Eingangsspannungen von 5 V, 12 V, 15 V und 24 V verfügbar. Die für den Treiber benötigte Leistung hängt von der Schaltfrequenz des Leistungswandlers ab. Bei rund 10 kHz genügen meist Leistungen bis 1 W, ab 50 kHz sind bis zu 2 W erforderlich. Die Nennleistung der asymmetrischen DC/DC-Wandler kann beliebig auf die beiden Ausgänge verteilt werden (Power Sharing Mode). Weitere Unterschiede innerhalb der DC/DC-Wandlerfamilie von Recom gibt es bei der Isolation. Innerhalb der RKZ-Reihe sind Versionen mir einer Isolationsgleichspannung von 3 kV und 4 kV erhältlich, die RxxP2xx-Versionen sind sogar bis 5,2 kV spezifiziert.

 

Literatur

[1] Designing Robust Transistor Circuits with IGBTs and SIC MOSFETs. Recom, Whitepaper, www.recom-power.com/papers.
[2] Fayyaz, A.; Catellazzi, A.: High temperature pulsed-gate robustness testing of SiC power MOSFETs. Microelectronics Reliability, 2015, Ausgabe 9-10, S. 1724–1728.
[3] IGBT – High speed DuoPack: IGBT in Trench and Fieldstop technology with soft, fast recovery anti-parallel diode. IKW20N60H3 – 600V high speed switching series third generation. Infineon, Datenblatt, www.infineon.com/dgdl/Infineon-IKW20N60H3-DS-v02_02-en.pdf?fileId=db3a3043266237920126b8cf069f1f0a
[4] SCT30N120, Silicon carbide Power MOSFET 1200 V, 45 A, 90 mΩ (typ., TJ = 150 °C) in an HiP247 package. ST Microelectronics, Datenblatt, www.st.com/content/ccc/resource/technical/document/datasheet/group3/6f/96/4f/95/a0/02/42/56/DM00053079/files/DM00053079.pdf/jcr:content/translations/en.DM00053079.pdf
[5] Roberts, S.: DC/DC-Book of Knowledge. Recom, 2104,
www.recom-power.com/de/emea/downloads/bok.html

 

Die Autoren

Markus Stöger
ist seit 2015 bei Recom Electronic verantwortlich für den Entwicklungsbereich Leistungselektronik. Zuvor hat er bereits 17 Jahre lang Erfahrung mit Leistungselektronik gesammelt, insbesondere in den Bereichen Solarwechselrichter, Schweißmaschinen und Batterieladegeräte. Hier hat er den Wandel von planaren Siliziumhalbleitern über Trench- und Superjunction- bis hin zu Wide-Bandgap-Halbleitern begleitet.

 

stoeger@recom-electronic.com


Reinhard Zimmermann
studierte an der FHS Furtwangen „Elektronik & Regelungstechnik“ und widmete seine Diplomarbeit in den frühen 70er Jahren bereits getakteten Stromversorgungen. Danach war er viele Jahre in der Messtechnik aktiv – u.a. als Marketing Manager bei Tektronix, Geschäftsführer bei Gould-Nicolet und VP Communications bei LDS Test & Measurement. 2009 kam er als Berater zur Recom Electronic GmbH und machte danach den Bereich Produktmarketing zu seinem Hobby. Inzwischen widmet er sich überwiegend privaten Hobbys wie Malen und Reisen, ist der Recom Electronic GmbH aber weiter freundschaftlich verbunden.

 

zimmermann@recom-electronic.com



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