In den Datenblättern vieler Hersteller ist neben dem Leistungsbedarf im Leerlauf (no load power consumption) meist nur ein Bestwert für den Wirkungsgrad angegeben. Netzmodule sind aber so konstruiert, dass dieser nur bei voller Last erreicht wird. Im unteren Lastbereich fällt der Wirkungsgrad dagegen in der Regel stark ab.
In der Praxis wird man schon aus Sicherheitsgründen eine gewisse Reserve einkalkulieren müssen und ein Modul in der Spitze vermutlich nur zu 75 oder 80 % auslasten. Hinzu kommt, dass die maximale Last meist nur für relativ kurze Zeit abgerufen wird, um beispielsweise Ventile oder Stellmotoren zu betätigen.
Danach »schlummert« das Modul wieder mit minimaler Last, bis es erneut aktiv wird. Deshalb wird der in den Datenblättern spezifizierte maximale Wirkungsgrad in der Praxis selten erreichbar sein. Fast drängen sich Parallelen zu den oft etwas geschönten Verbrauchswerten der PKW-Branche auf.
Für externe Netzteile muss nach IEC-Vorgaben der Wirkungsgrad neben 100 % auch für Lasten von 75 %, 50 % und 25 % spezifiziert sein. Es wäre angesichts rasant steigender Stückzahlen von On-Board-Modulen nur vernünftig, diese Forderung bald zu übernehmen. In den Datenblättern von Recom finden sich schon seit Jahren Diagramme, die den Verlauf des Wirkungsgrades über den gesamten Lastbereich zeigen. So kann der Anwender für den durchschnittlichen Leistungsbedarf den Wirkungsgrad exakt ablesen.
Das Entwicklungs-Team von Recom hat für die neue RACxx-K-Serie unter Verwendung neuester Controller-Chips eine Topologie entwickelt, bei der der Wirkungsgrad über den gesamten Lastbereich außergewöhnlich linear verläuft. Das Design wurde zudem so optimiert, dass der Spitzenwert von fast 90 % nicht bei voller Last erreicht wird, sondern bei rund 20 % (Bild 4).
Selbst bei Lasten um 5 % werden noch Werte jenseits der 80-%-Marke erreicht. Vergleiche mit Wettbewerbsprodukten offenbaren markante Unterschiede. Während der RAC20-5SK bei 100 % Last nur wenig besser abschneidet als ein vergleichbares Produkt in herkömmlicher Technik, unterscheiden sich beide im unteren Bereich ganz gravierend.
Es lohnt sich also, bei der Wahl eines geeigneten Moduls genau hinzuschauen und gegebenenfalls eigene Messungen durchzuführen. Technisch sind präzise Messungen bei niedriger Last allerdings nicht ganz trivial, da der Eingangsstrom aus hohen Stromspitzen und vielen Oberwellen besteht. Viele Messgeräte haben einen für diese Zwecke ungenügend guten Crest-Faktor und schneiden einen Teil der Spitzen ab. Dies kann zu geschönten Werten führen. Deshalb ist es notwendig, den Eingangsstrom sehr hochfrequent abzutasten, um den Wirkungsgrad im unteren Lastbereich präzise zu ermitteln.
Wie eingangs erwähnt, dürfen entsprechend der seit 2013 gültigen ErP-Richtlinie einfache elektronische Geräte ohne Display im Standby-Modus maximal 0,5 W aufnehmen. Deshalb musste die Standby-Elektronik bislang mit eigenen kleinen Netzteilen versorgt werden. Erreichte ein 1-W-Modul bei halber Last noch 60 % Wirkungsgrad, waren am Ausgang effektiv 300 mW zur Versorgung der Standby-Elektronik verfügbar.
Ein ganz ähnliches Bild zeigt sich heute, wenn man das brandneue 10-W-Modul RAC10-05 heranzieht (Bild 5). Dieses schafft bei 0,5 W (5 % Last!) ebenfalls einen Wirkungsgrad von gut 60 % und kann damit dieselbe Ausgangsleistung bereitstellen wie ein 1-W-Modul älterer Bauart. Der Vorteil dabei ist, dass es im normalen Betrieb 10 W leistet – in der Spitze für 10 Sekunden sogar 14 W. Das genügt in vielen Fällen, um das gesamte System mit Energie zu versorgen und auf ein spezielles Standby-Moduls zu verzichten.
Bislang wurden Netzteile betrachtet, die am normalen einphasigen Netz betrieben werden. Rund um Applikationen in einer Industrie-4.0-Umgebung sind allerdings Drehstromnetze an der Tagesordnung. Da auf den Nullleiter in vielen Fällen verzichtet werden kann – wie zum Beispiel bei Drehstrommotoren –, ist dieser meist auch nicht ausgeführt.
Soll ein Netzteil angeschlossen werden, um beispielsweise den Verschleiß des Motors aus der Ferne zu überwachen, muss dieses für die um x√3 erhöhte Spannung zwischen den Phasen ausgelegt sein, um neben den Sensoren auch ein GSM-Modem zur Datenübertragung versorgen zu können.
Für Applikationen dieser Art zeigt Recom zur Electronica 2018 erstmals das 5-W-On-Board-Netzteil RAC05-K/480, das über einen besonders weiten Eingangsspannungsbereich von 85 bis 528 V(AC) verfügt. Zunächst sind zwei Versionen mit 5 und 12 V Ausgangsspannung lieferbar. Die nur 2 Zoll × 1 Zoll großen Module sind für den Einsatz in rauem Umfeld konzipiert und arbeiten im Temperaturbereich von –40 °C bis +80 °C.
Sie sind netzseitig gegen Überspannung bis 6 kV geschützt, entsprechen Kategorie OVC III und benötigen keinerlei externe Komponenten (Bild 6). Damit sind sie außer für Industrie-4.0-Applikationen auch optimal für den Bereich erneuerbarer Energien und für Smart-Grid-Applikationen in der Energietechnik geeignet.
Bei der RAC05-K-Serie handelt es sich um ausgesprochen kompakte, vollständig gekapselte AC/DC-Module im Kunststoffgehäuse. Die Serie wird erstmals auf der Electronica 2018 gezeigt und dürfte weltweit das kleinste Modul sein, das »all inclusive« ohne externe Komponenten auskommt (Bild 7). Es entspricht allen wichtigen internationalen Normen wie der EN 60950-1, der UL 62368-1 sowie der EN 55032 Class B.
Die Module haben netzseitig eine integrierte Sicherung und sind elektronisch gegen Kurzschluss und Überspannung geschützt. Mit ihrem über den gesamten Lastbereich konstant hohen Wirkungsgrad adressieren sie die unterschiedlichsten Applikationen im Bereich IoT, Smart Office oder Smart Home und erfüllen dabei die ErP-Vorgaben der EU.
Moderne Stromversorgungs-Architekturen sind zur Domäne von Spezialisten geworden. In der Regel werden Module fertig von der Stange gekauft. Denn wer fertig zertifizierte On-Board-Module einsetzt, beschleunigt die Entwicklung seiner eigenen Produkte und reduziert Risiken bei der Zertifizierung – insbesondere im EMV-Bereich.
Hinzu kommt, dass in vielen Unternehmen heute das spezifische Know-how rund um elektromagnetische Komponenten fehlt. Deshalb ist es kaum möglich, eigene Netzteile mit ähnlich guter Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit zu entwickeln, wie sie von renommierten Stromversorgungs-Unternehmen bereits angeboten werden.
Strategischer Ausblick von Recom-CEO Karsten Bier
Als wir vor Jahren unser Logo mit dem Slogan »We Power Your Products« geschmückt haben, waren bereits die Weichen gestellt, unser Produktportfolio von DC/DC-Wandlern ganz massiv um AC/DC-Produkte zu erweitern. Das gelang mit kleinen Standby-Netzteilen und Modulen für die Medizintechnik relativ schnell – zumindest im angestammten Kundenkreis. In der Folge häuften sich die Wünsche nach höheren Leistungen – aber es fehlte uns schlicht an Manpower, viele der guten Ideen Realität werden zu lassen. Im Vorjahr begannen wir, im Rahmen eines Joint Ventures in Xiamen AC/DC-Module mit bis zu 20 W Leistung zu entwickeln. Seit Frühsommer läuft die Produktion. Im kommenden Jahr soll die Fertigungskapazität auf 3 Mio. Stück wachsen.
Anfang dieses Jahres bot sich die Chance, in Wien ein 15-köpfiges Entwickler-Team zu übernehmen, das zuvor für Artesyn Technologies an Lösungen bis 1000 W gearbeitet hat. Hier experimentieren wir unter anderem mit GaN-Halbleitern, die sich sehr schnell schalten lassen. Dadurch können die Leistungsdichte gesteigert und der Wirkungsgrad verbessert werden.
Zur Electronica 2018 werden erste Produkte zu sehen sein, die zugleich als Technologie-Plattform für kundenspezifische Lösungen dienen sollen. In diesem Segment ist neben exzellentem Support der direkte Draht auf Entwickler-Ebene zwischen Kunde und Lieferant gefragt. Deshalb öffnen wir unser EMV-Labor ganz bewusst für Kunden. Auch beteiligen wir uns an Forschungsprojekten – so sponsern wir zum Beispiel ein Projekt der Universität Zürich. Kundenspezifische Netzteile lassen sich ebenso wie Power-Module mit sehr hohem Automatisierungsgrad auch in Europa kostengünstig produzieren. Wir sind aktuell dabei, entsprechende Fertigungskapazitäten aufzubauen.
Gleichzeitig halten wir Ausschau nach möglichen Akquisitionen, die unser Programm sinnvoll ergänzen können. Mit unserer dezentralen Firmenstruktur und einer flachen Hierarchie können wir schneller und flexibler reagieren – nicht zuletzt auf sich ändernde handelspolitische Gegebenheiten. Das macht Recom sogar unter sehr langfristigen Aspekten zu einem der zuverlässigsten Power-Spezialisten für die Elektronik- Industrie.
Der Autor
Reinhard Zimmermann
befasste sich bereits in den frühen 70ern des letzten Jahrhunderts in seiner Diplomarbeit mit den Vorteilen getakteter Stromversorgungen, wandte sich dann aber der vemeintlich interessanteren Messtechnik zu – mit Stationen unter anderem bei Tektronix, Gould und Nicolet. Seit zehn Jahren ist er in beratender Tätigkeit bei Recom aktiv.