Design-Praxis: Systemsimulation (Teil 3)

Herausforderungen durch Feldwechselwirkungen

1. März 2019, 11:09 Uhr | Dr. Christian Römelsberger, Applikationsingenieur bei Cadfem
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Vielfaches Übersprechen

In der Regel geschieht das bei langen Leitungen und ist auf einer einzelnen Leiterplatte selten zu beobachten - bei sehr langen Leitungen spricht das FEXT-Signal wieder zurück auf die ursprüngliche Leiterbahn.

Ein Erklärungsmodell für dieses Phänomen sind zwei parallele Leiterbahnen als differentielles Paar. In Mikrostreifenleitungen haben die Gegentakt- und die Gleichtaktmode unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeiten. Ursache sind ihre verschiedenen Feldverteilungen in der Luft und im Substrat. Ein Signal auf einer Leiterbahn kann als Überlagerung dieser Gleich- und Gegentaktmoden dargestellt werden. Aufgrund der unterschiedlichen Propagationsgeschwindigkeiten der beiden Moden verändert sich die Phase der Überlagerung.

Nach einer kritischen Distanz vertauscht das relative Vorzeichen zwischen Gleich- und Gegentaktmode, das Signal ist vollständig auf die zweite Leitung übergesprochen. Nach einer weiteren kritischen Distanz befindet sich das Signal wieder auf der Ursprungsleitung. Beim Fernübersprechen können Signale einer gegebenen Frequenz also zwischen den beiden Leitungen hin- und heroszillieren.

Bild 2: Ergebnisse des Cross-Talk Scans in Ansys SIwave. Untersucht werden hier acht Datenleitungen eines DDR3-Bus. Das Säulendiagramm zeigt die Leitungspaare mit den stärksten Kopplungen auf. NEXT- und FEXT-Signale können zusätzlich dargestellt werd
Bild 2: Ergebnisse des Cross-Talk Scans in Ansys SIwave. Untersucht werden hier acht Datenleitungen eines DDR3-Bus. Das Säulendiagramm zeigt die Leitungspaare mit den stärksten Kopplungen auf. NEXT- und FEXT-Signale können zusätzlich dargestellt werden.
© Cadfem

Ansys SIwave prüft das Übersprechen unmittelbar mit einem Cross-Talk Scan. Hier werden für selektierte Netze, z.B. die Datenleitungen eines DDR-Buses, NEXT und FEXT eines idealisierten Signals abgeschätzt. Diese Analyseart ist direkt aufsetzbar und schätzt das Übersprechen realistisch ab. Bild 2 zeigt eine solche Analyse exemplarisch für acht Leitungen. Das Balkendiagram zeigt unmittelbar die stark gekoppelten Leitungspaare auf. Die zugehörigen transienten FEXT- und NEXT-Signale erfüllen die oben beschriebene Form.

Genauere Untersuchungen nutzen die S-Parameter: sie charakterisieren das Übersprechen im Frequenzbereich. In einer Schaltungssimulation kann das durch S-Parameter beschriebene Übertragungsverhalten der Signalleitungen mit entsprechenden Treibermodellen (z.B. IBIS; Input/Output Buffer Information Specification) im Zeitbereich kombiniert werden. Damit werden genaue Aussagen über den Einfluss des Übersprechens auf die Datenqualität abgeleitet, u.a. mit Augendiagrammen und Bit-Fehlerraten.

Im Allgemeinen tritt auch ein Übersprechen zwischen vollkommen unabhängigen Leiterbahnen auf, sogenanntes Fremdübersprechen (AXT; Alien Crosstalk). Taktleitungen führen zu sehr ausgeprägten Störungen bei den ungeradzahligen harmonischen Vielfachen der Taktfrequenz. Gerade bei analogen Sensorleitungen ist das Fremdübersprechen dieser Taktsignale zu vermeiden, da diese Sensorleitungen oft sehr sensibel sind. Maßnahmen sind eine angemessene räumliche Distanz und das Trennen der jeweiligen Versorgungsnetze, um eine Ausbreitung über die Kopplung der Rückstrompfade zu verhindern.


  1. Herausforderungen durch Feldwechselwirkungen
  2. Vielfaches Übersprechen
  3. Differentielle Signale und Modenumwandlung
  4. Emissionen vermeiden
  5. Ré­su­mé

Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu CADFEM GmbH

Weitere Artikel zu EDA (Halbleiterentwicklung)

Weitere Artikel zu Leiterplattenfertigung

Weitere Artikel zu Entwicklungsdienstleistungen

Weitere Artikel zu EMV-Messtechnik