Wissenschaftler der Universität Twente in Enschede untersuchen, wie die vorausschauende Instandhaltung von Straßen und Bahntrassen künftig flexibler, einfacher und preiswerter geplant werden kann – und welche Rolle Smartphones und Sensoren dabei spielen können.
Deutschland investiert bis 2030 knapp 270 Milliarden Euro in Straßen, Schienen und Wasserwege. Das geht aus dem aktuellen Bundesverkehrswegeplan hervor. Ob diese Investitionen wirklich zukunftssicher sind, ist fraglich – zu groß sind die äußeren Belastungen der Infrastrukturen.
Wie man auf einfachste und kostensparendste Weise entstehende Schäden frühzeitig erkennen und beheben kann, bevor es zu spät ist, untersuchen die niederländischen Wissenschaftler der Uni Twente. Ihr Konzept setzt auf sonnenenergie-betriebenen Funksensoren und Smartphone Apps auf.
»Heutzutage wird die Verfassung bestimmter Straßen vielleicht einmal in zwei Jahren kontrolliert«, erklärt Professor Dr. Ing. Paul Havinga von der Pervasive Systems Research Group der Universität Twente. »Dafür werden spezielle Messfahrzeuge angefordert, die ein genaues Bild des Zustandes aufzeichnen.« Hierfür seien zwar modernste Geräte im Einsatz; in Wiesbaden beispielsweise werden selbstfahrende Messfahrzeuge mit verschiedenen Kamerasystemen und mobilen Laserscannern eingesetzt. Doch ein Problem bleibt trotz aller modernen Ausstattung bestehen: Die Daten sind schnell veraltet.
Einfaches Konzept: Smartphone plus App
Deshalb haben die Forscher der University of Twente ein Konzept für eine kontinuierliche Messung entwickelt – und der Clou liegt in der Einfachheit. »Im Grunde kann man mit jedem Smartphone eine App nutzen, die Daten zur Straßenqualität sammelt«, so der Professor. »Diese Informationen sind zwar vergleichsweise grob. Wenn man aber beispielsweise Berufspendler beauftragt, ihre tägliche Strecke von zu Hause zur Arbeit und zurück per Smartphone zu kontrollieren, erhält man sehr genaue und vor allem aktuelle Daten über den Zustand der Fahrbahn. So lässt sich unter anderem die Entstehung von Spurrillen dokumentieren.«
Mit den Messungen beauftragen könnte man nach Überzeugung des Forschers beispielsweise auch die Mitarbeiter staatlicher Behörden – oder man könnte auf das Engagement Freiwilliger setzen.
Gerade in Deutschland sieht Havinga großes Potenzial. »Das Straßennetz ist so groß, dass mit herkömmlichen Methoden nur ein Bruchteil aller Fahrbahnen regelmäßig geprüft werden kann. Wer häufiger in Deutschland unterwegs ist, weiß aber, dass hier Handlungsbedarf besteht.« Deshalb böte die Messung per Smartphone eine ideale Ergänzung zu den bisherigen Methoden.
Auch für das Schienennetz geeignet
»Auf Gleisen müssen ebenfalls spezielle Messfahrzeuge eingesetzt werden, die nur zu bestimmten Zeiten ausgewählte Abschnitte kontrollieren«, verdeutlicht Havinga. Auch hier bietet die Messung per Smartphone-App seiner Meinung nach eine ideale Ergänzung.
Doch wie soll die regelmäßige Messung erreicht werden? »Eigentlich ganz einfach: Schaffner, Lokführer und Zugführer sind ohnehin jeden Tag auf allen Strecken im Einsatz«, so der Experte. »Wenn sie mit dem Smartphone in der Tasche unterwegs – praktisch nebenbei – die entsprechenden Daten sammeln, erhalten wir ausgezeichnetes Material.«
Marktreife
Die beiden Projekte sind nach Angaben von Havinga schon weit fortgeschritten, und man sei der Marktreife schon sehr nahe gekommen. Somit könne die Instandhaltung von Straßen und Bahntrassen künftig wesentlich effektiver geplant werden, wodurch sich immense Kosten einsparen ließen.
Gute Aussichten also für den nächsten Bundesverkehrswegeplan…