Außer der Lidar-Performance ist ein weiterer wichtiger Faktor bei der Preisgestaltung die Frage, welche Kosten der Markt bei einer bestimmten Stückmenge akzeptieren würde.
Betrachten wir zum Beispiel den Lidar-Markt für ADAS-Systeme in Kraftfahrzeugen für den Massenmarkt. Die teilautomatisierten ADAS-Funktionen der Spitzenklasse auf dem Automobilmarkt– wie Tesla Autopilot und GM SuperCruise – gelten als Automatisierungsfunktionen der Stufe 2 (L2), bei denen der Fahrer weiterhin verantwortlich für die Kontrolle über das Fahrzeug ist. Diese ADAS-Optionen werden in der Regel mit einem Aufpreis von mehreren Tausend Dollar an die Kunden verkauft. Dieser Preis beinhaltet alle Sensoren (Lidar, Kamera, Radar, etc.), Computer und Software, die zur Unterstützung des vollen Funktionsumfangs erforderlich sind. Somit gehen Automobilhersteller, die ihren Sensor-Stack um Lidar ergänzen wollen – für das Angebot von ADAS/AD-Funktionen mit L2+/L3 – normalerweise von einer Preisspanne zwischen 500 und 1000 USD für Lidare aus (mit einigen Ausnahmen, bei denen die Preise unter 500 USD liegen müssen, und noch weniger Ausnahmen, bei denen auch Preise von etwas mehr als 1000 USD in Frage kommen). Diese Preisspanne gilt normalerweise für Mengen in einer Größenordnung von mehreren zehntausend Stück. Dies ist ein wichtiger Aspekt für OEMs, denn sie könnten Zehntausende von höherwertigen Fahrzeugen im Jahr an ihre Kundschaft verkaufen und müssten dabei den Preis für ihr Premium-Angebot in der Regel nur um ein paar Tausend Dollar gegenüber den Standardangeboten erhöhen.
Die Preisobergrenzen für Lidare sind also OEM-/marktgesteuert. Daher müssen die Lidar-Lieferanten sehr effizient in ihren Geschäftsmodellen und der bedarfsgerechten operativen Abwicklung agieren. Das ist einer von mehreren Gründen, warum wir die Zusammenarbeit mit Tier-1-Automobilzulieferern für wichtig halten. Viele von ihnen haben Wege zur Straffung ihrer Abläufe gefunden, um entsprechende annehmbare Margen zu erzielen. So kann ein Preisniveau (für Nicht-Lidar-Sensoren) erreicht werden, das ein hohes Absatzvolumen von Fahrzeugen unterstützen würde. Tier-2-Lieferanten befürchten verständlicherweise die Involvierung eines zusätzlichen Preistreibers, wenn ein Tier-1-Lieferant in die Beziehung zu einem OEM eingeschaltet wird. Unserer Erfahrung nach überwiegen jedoch die Vorteile bei weitem, solange die Kooperation richtig strukturiert ist, die geistigen Eigentumsrechte beachtet werden und die Rollen/Verantwortlichkeiten entsprechend verteilt sind.
Kompromiss zwischen Leistung und Kosten
In den bisher betrachteten Szenarien haben wir zwei gegensätzliche Faktoren berücksichtigt, die sich auf die Preisgestaltung auswirken – die Performance und die Markterwartungen. Tatsächlich gibt es noch einen weiteren Schlüsselfaktor – nämlich die Bereitschaft eines OEM-Kunden, bezüglich der Leistung zu verhandeln, um sich mit seinen Zulieferern auf ein für beide Seiten akzeptables Preisband zu einigen. Es ist wenig überraschend, dass Kunden erfahrungsgemäß einen Kompromiss zwischen Leistung und Preis ernsthaft in Betracht ziehen. Sie wollen Situationen vermeiden, in denen ein Produkt für eine bestimmte Anforderung überdimensioniert, aber so hoch im Preis ist, dass dieser Preis einem hohen Absatzvolumen bei Fahrzeugen im Weg steht. Hier einige Beispiele:
Reichweite:
Obwohl eine Reichweitenanforderung von 200 m (oder höher) für Zielobjekte mit einem Reflexionsgrad von 10 % bei L2+ ADAS/AD-Anwendungen durchaus üblich ist, sind Kunden nicht selten bereit, diese Erwartung für bestimmte Anwendungsklassen nach unten zu korrigieren. Höhere Reichweitenanforderungen sind in der Regel mit höheren Fahrzeuggeschwindigkeiten verbunden – das heißt, je schneller sich das Fahrzeug bewegt, desto größer ist die erforderliche Sichtweite, da der Bremsweg zur Vermeidung eines Unfalls höher ist. Wenn also ein Automobilhersteller seine Fahrzeuge zuerst mit einer Staupilot-Funktion (Traffic Jam Pilot, TJP) ausstatten will, bevor er eine Funktion vom Typ Highway-Pilot (HWP) einführt, wäre für TJP teilweise mehr Spielraum bei der Reichweitenspezifikation möglich, da diese Funktion bei niedrigeren Geschwindigkeiten zum Einsatz kommt.
FOV:
Für eine Front-Lidar (FLL)-Anwendung sind Reichweite und Winkelauflösung an den Sichtfeldrändern des Lidars meistens weniger wichtig als in der Nähe der Sichtfeldmitte des Lidars. Dies könnte die Einschränkungen beim Design von Linsen und Strahlsteuerung, die sich wiederum auf die Kosten auswirken, verringern.
Größe: Eine überaus wichtige Eigenschaft des Lidars, die in allgemeinen Diskussionen über Lidar-Anwendungen in Fahrzeugen häufig übersehen wird, ist die Größe. Die Styling- und Designteams der OEMs sind mit der hohen Komplexität konfrontiert, die sich aus der wachsenden Anzahl von Sensoren in Fahrzeugen ergibt – daher sind Sensoren, die mehr eingebettete Fläche (z. B. Oberfläche oder Volumen) benötigen, schwieriger zu integrieren. Ein Sensor, der kompakter und einfacher zu integrieren ist, könnte sich also überproportional positiv auf andere Kompromisse auswirken, zu denen ein OEM bereit wäre.
Energieverbrauch:
Da Fahrzeuge immer mehr Elektronik und Sensoren enthalten, wird das Management des Energieverbrauchs zunehmend schwieriger. Daher sind Sensoren mit einer geringeren Betriebsleistung in zweierlei Hinsicht von Vorteil – sie verringern den Gesamtstrombedarf und reduzieren die Wärmeerzeugung. Diese würde sonst gegebenenfalls eine komplexere Wärmeableitung oder aktive Kühlung in irgendeiner Form erforderlich machen, um eine ordnungsgemäße Funktion des Sensors zu gewährleisten, und somit Mehrkosten verursachen. Das ist ein weiterer Punkt, bei dem die Automobilhersteller bereit sein dürften, Kompromisse in punkto Sensorleistung einzugehen.