Cepton Technologies strebt Ende dieses Jahres, Anfang nächsten Jahres mithilfe einer SPAC-Transaktion einen Börsengang an. Markt&Technik sprach mit Dr. Jun Pei, Mitbegründer und CEO von Cepton, über die damit verbundenen Ziele und die weiteren Schritte.
Markt&Technik: Der Börsengang ist für Ende dieses, Anfang nächsten Jahres geplant. Cepton wurde 2016 mit Fokus auf Lidar für ADAS-Anwendungen auf dem Massenmarkt gegründet, ein relativ schneller Gang zur Börse, speziell vor dem Hintergrund, dass sich der Erfolg im Automotive-Markt erst langfristig einstellt!
Dr. Jun Pei: Aus unserer Sicht ist der Börsengang zum jetzigen Zeitpunkt absolut folgerichtig. Wir konnten in diesem Jahr mit unserer Micro Motion Technology (MMT) den größten bekannten Serienproduktionsauftrag für ADAS-Lidar, gemessen an der Anzahl der Fahrzeugmodelle (siehe Kasten „Größter Design Win am Automotive-Markt“), in der Automotive-Industrie an Land ziehen. Und das soll ja erst der Anfang sein. Wir wollen einen zweiten, dritten, einen aus Japan, einen aus Europa und eventuell auch einen in China an Land ziehen. Dafür müssen wir beispielsweise lokale Teams aufbauen, und das kostet Geld. Außerdem ist der Zeitrahmen für ein Silicon Valley Startup überhaupt nicht außergewöhnlich.
Darüber hinaus ist unsere MMT-Technologie zwar einzigartig, darauf sind wir auch sehr stolz, aber wenn wir jetzt nicht weiterentwickeln, besteht die Gefahr, dass wir irgendwann technologisch zurückfallen. Und auch dafür ist Geld notwendig, um die Forschung und Entwicklung weiter voranzutreiben.
Können Sie konkrete Beispiele nennen?
Wie gesagt, unsere MMT ist eine solide Grundlage, die hinsichtlich Performance, Zuverlässigkeit und Kosten für die Anforderungen der Automobilindustrie optimiert wurde. Wir können Distanzen von 200 m und mehr mit einer sehr hohen Auflösung abdecken. MMT-Systeme erzeugen Punktwolken. Damit ein Fahrerassistenzsystem entscheiden kann, ob auf der Straße ein Hindernis ist, das den Weg versperrt und dementsprechend ein Bremsvorgang eingeleitet wird, muss es aus den Punktwolken die entscheidenden Informationen ableiten können. Die ersten vier Buchstaben unseres Namens Cepton kommen von „Perception“. Das heißt, wir haben ganz klar das Ziel, nicht nur Rohdaten zu liefern, sondern Informationen, die aus den Punktwolken gewonnen werden können. Damit ist klar, dass wir nicht nur die Hardware weiterentwickeln wollen, sondern in Zukunft auch die dazugehörige Software anbieten wollen. Wir wollen in der Wertschöpfungskette nach oben klettern und in Zukunft auch ein End-to-End-System für den Anwender anbieten und nicht nur den Lidar-Sensor.
Cepton hat als Hardware-Unternehmen angefangen. Und auch wenn die Tier-Ones das finale Assembly durchführen, wollen wir als Anbieter von kritischen Komponenten die Lidar Supply Chain dominieren. Dazu gehört auch das Design eines eigenen ASIC.
Cepton bietet bereits ein eigenes ASIC an.
Ja, dieses ASIC ist auch Bestandteil des bereits erwähnten Design Win. Wir haben drei Jahre an diesem Chip entwickelt, er enthält nicht nur das Front End, sondern auch A/D-Wandler und die Verarbeitungseinheiten für die Software. Aber auch hier muss die Entwicklung weitergehen, das heißt, dass wir die zweite Generation dieses ASIC entwickeln werden, denn das ASIC gehört eindeutig zu unserem IP.
Bislang ist geplant, dass der Börsengang Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres abgeschlossen sein wird. Stimmt der Zeitplan noch?
Ja. Wir haben bereits das S-4-Formular bei der Börsenaufsicht SEC eingereicht. Die SEC überprüft das jetzt, und wie lange das dauert, ist nicht klar. Deshalb steht auch kein genauer Termin fest. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass wir in zwei bis drei Monaten den Prozess beenden können.
Es gibt diverse Lidar-Unternehmen, aber nicht allzu viele planen bislang einen Börsengang.
Stimmt, es gibt weltweit zwischen 30 und 40 Lidar-Unternehmen. Ich wurde schon oft gefragt, wie sich Cepton von den anderen Anbietern unterscheidet, auch von Ihnen. Früher dachte ich, dass unsere einzigartige Technologie und unser ausschließlicher Fokus auf ADAS am Massenmarkt entscheidende Differenzierungsmerkmale sind. Dieser Fokus hat unsere Technologieentwicklung vorangetrieben, mit MMT als Ergebnis, was uns schlussendlich den erwähnten Design Win beschert hat.
Aus meiner Sicht kann man die weltweit aktiven Lidar-Unternehmen in zwei Gruppen einteilen: die Gruppe, die ein Design gewinnen konnte, und die Gruppe, die kein Design gewinnen konnte. Die Gruppe mit Design Wins kann man an einer Hand abzählen, so manches etablierte Unternehmen wie beispielsweise Velodyne zählt bislang nicht dazu. Wenn man sich den Umsatz anschaut, den wir dank dieses Design Win in ein paar Jahren erzielen werden, dann würde ich heute sagen, der größte Differenzierungsfaktor für Lidar-Unternehmen besteht darin, ob sich das Unternehmen mit seiner Technologie am Markt durchsetzen konnte, sprich: von OEMs nominiert wurde, oder nicht.
Auch wenn Sie betonen, dass sich Cepton auf ADAS-Anwendungen für den Automotive-Markt konzentriert, hat das Unternehmen in diesem Jahr beachtlich viele Partnerschaften mit Unternehmen geschlossen, die nicht direkt am Automotive-Markt involviert sind. Dazu zählt beispielsweise der litauische Systemintegrator Belam oder ALP.Lab aus Österreich.
Auch wenn wir mittlerweile den branchenweit größten ADAS-Lidar-Serienproduktionsauftrag eines führenden globalen Automobilherstellers mit Sitz in Detroit gewinnen konnten, dauert es noch Jahre, bis wir damit wirklich Umsatz generieren. Also sind wir selbstverständlich auch an Anwendungen interessiert, die nicht im Automotive-Bereich liegen. Geht es im Automotive-Bereich um Safety, um Hinderniserkennung und Navigation, sind die Einsatzmöglichkeiten für Lidar im Nicht-Automotive-Bereich viel breiter angelegt.
Ein Beispiel sind Security-Anwendungen, bei denen Bewegungen von Menschen überwacht werden. Ein Beispiel: Mit unserem Partner The Indoor Lab haben wir eine Crowd-Analytics-Lösung entwickelt, die wertvolle Daten für Social Distancing und Hygienemaßnahmen liefern kann. Dieses System wurde für den Orlando International Airport entwickelt. Bei diesem Projekt hat The Indoor Lab sieben Vista-Lidar-Sensoren von Cepton eingesetzt, um nahezu 100 Prozent der Terminalfläche von rund 4600 Quadratmetern nahtlos abzudecken. Ein weiterer Vorteil: Mit Lidar werden im Vergleich zu Kameras keine biometrischen Daten erfasst.
Diese Applikation lässt sich mit Lidar einfach realisieren, dank der 3D-Informationen; das geht mit Kameras gar nicht. Mit unseren sieben Lidarsensoren konnten wir die ganze Fläche abdecken und 24 Kameras ersetzen.
Ich möchte aber betonen, dass wir auch weiterhin davon überzeugt sind, dass Automotive-Anwendungen ab Level 2 der größte Markt für Lidar sein werden, das dauert nur noch ein paar Jahre.