In Niedersachsen studieren junge Leute lieber Humanmedizin und Gesundheitswissenschaften (fast 28 % plus) als Ingenieurwissenschaften (-7,7 %). Was bedeutet das für die Tech-Studiengänge? Die Stiftung Niedersachsenmetall warnt eindringlich vor Einsparungen, das Wissenschaftsministerium beruhigt.
Die Zahl der angehenden Ingenieure an den niedersächsischen Hochschulen sank von rund 53.000 im Wintersemester 2014/15 auf zuletzt knapp 49.000 - ein Rückgang um 8 Prozent. In Mathematik und den Naturwissenschaften sank die Zahl von 24.000 auf rund 23.000 (minus 4 Prozent).
Einen Boom dagegen erlebt die Humanmedizin und Gesundheitswissenschaften (plus 28 Prozent auf mehr als 12.000 Studierende) und auch die Geisteswissenschaften sind mit plus 8 Prozent (auf rund 22.500 Studierende) beliebt. Die neuen Werte beziehen sich auf das Wintersemester 2023/24.
Die arbeitgebernahe Stiftung Niedersachsenmetall sieht den Rückgang in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) mit Sorge. Zum einen wegen des Fachkräftemangels: So seien im Frühjahr 2024 landesweit rund 50.000 Arbeitsplätze mit MINT-Bezug unbesetzt gewesen. Diese Lücke werde in den nächsten Jahren weiter wachsen.
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Zum anderen sei man doch gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten auf Expertise und Innovationen angewiesen, sagte der Geschäftsführer der Stiftung, Olaf Brandes. Er sorgt sich um den Rohstoff in den Köpfen der Beschäftigten, "mit dem unsere Industrie sich bislang immer auf den Weltmärkten behaupten konnte". Wenn sich immer weniger junge Menschen für eine Karriere in den MINT-Bereichen entscheiden, gefährde das langfristig die Existenz des Wirtschaftsstandorts.
Dazu kommt: Hochschulen könnten die Studiengangsplanung an das sinkende Interesse anpassen. Davor warnt Brandes eindringlich: An den Hochschulen dürfe an den entsprechenden Fächern trotz der Rückgänge bei der Studienwahl nicht gespart werden. Es dürften keine Studienplätze verloren gehen und keine Investitionen in MINT-Studienfächern gestrichen werden, weil die Nachfrage "aktuell" lahme. Solche Einsparungen würden alle Bemühungen, den Bereich attraktiv zu halten, konterkarieren.
Das Wissenschaftsministerium in Niedersachsen reagierte auf eine kleine Anfrage dazu, dass sich die Planung der Studiengänge "am Arbeitsmarkt" orientiere. Es sei kein Abbau von Investitionen im MINT-Bereich geplant. Vielmehr werde die Weiterentwicklung des bestehenden Angebots unterstützt. «Insbesondere an den Schnittstellen der klassischen Wissenschaftsbereiche werden kontinuierlich neue und zukunftsorientierte Studiengänge konzipiert», hieß es. «Sie greifen wissenschaftlich-technologische Entwicklungen auf und erweitern klassische MINT-Inhalte um wirtschafts- und sozialwissenschaftliche sowie ökologische Aspekte.»
Wissenschaftsminister Falko Mohrs (SPD) sagte, dass ein "breites Angebot an attraktiven Studiengängen gerade im MINT-Bereich (..) eine wesentliche Grundlage für zukünftigen Wohlstand" sei. Die Studiengangplanung der Hochschulen orientiere sich eng an den Bedarfen des Arbeitsmarktes. Insgesamt zeige sich dabei ein Trend zu fächerübergreifenden Ansätzen.
Die Ingenieurwissenschaften sind mit rund 49.000 Studierenden hinter den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit mehr als 64.000 Studierenden der nach Zahlen zweitwichtigste Studienbereich der Hochschulen im Land. Insgesamt studierten im vergangenen Wintersemester etwa 190.000 Menschen in Niedersachsen.