In Wirtschaftsflauten werden HR-Budgets oft gestrichen – ODU hat in kompletter Eigenregie eine Employer-Branding-Kampagne realisiert: #woduzählst. Interview mit Geschäftsführer Dr. Henner Spelsberg, Personalleiterin Gerlinde Dilg und der Projektverantwortlichen Elisa De Pascalis.
Markt&Technik: Frau Dilg, Herr Spelsberg, wie bewerten Sie die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt für Ingenieure? Welche Auswirkungen hat die wirtschaftliche Situation auf Ihr Unternehmen?
Henner Spelsberg: Die Marktsituation ist momentan extrem heterogen. Während einige Branchen, in denen wir tätig sind, wie die Automatisierungstechnik oder Teile der E-Mobility, unter deutlichen Rückgängen leiden, sehen wir gleichzeitig ein starkes Wachstum in anderen Bereichen – beispielsweise in der Medizintechnik oder in der Verteidigungsindustrie. Hier erleben wir eine große Dynamik, sowohl durch steigende Nachfrage, als auch durch technologische Entwicklungen.
Insgesamt sind wir 2024 etwa auf Vorjahresniveau gelandet. Das zeigt, dass es uns gelungen ist, durch Diversifikation Wachstum in einigen Segmenten zu generieren, um Rückgänge in anderen auszugleichen. Dennoch ist das eine Herausforderung, denn veränderte Auftragsprofile erfordern auch interne Anpassungen.
Gerlinde Dilg: In Bezug auf den Arbeitsmarkt merken wir, dass gute Fachkräfte nach wie vor gefragt sind und von ihren Arbeitgebern gehalten werden. Hochschulabsolventen sind etwas verunsicherter als früher und müssen sich mit mehreren Bewerbungen auseinandersetzen. Wer bereits praktische Erfahrung mitbringt, hat es deutlich leichter. Für uns bleibt der Wettbewerb um gute Ingenieure hart.
Gibt oder gab es in Ihrem Unternehmen Einstellungsstopps oder Kurzarbeit aufgrund der Wirtschaftslage?
Spelsberg: Nein, aktuell nicht. Wir kommen aus einem massiven Wachstumskurs und haben diesen in einigen Bereichen fortsetzen können. Allerdings erleben wir in bestimmten Industrien, in denen wir tätig sind, eine schwächere Nachfrage, was zu einer internen Verschiebung der Kapazitäten führt. Unser Werk in Rumänien haben wir beispielsweise stark ausgebaut und über 100 neue Mitarbeitende eingestellt. In anderen Bereichen wiederum haben wir eine geringere Auslastung, was wir mit internen Umschichtungen und Weiterbildungen auszugleichen versuchen.
Dilg: Wir haben deshalb eine Trainings-Area ins Leben gerufen, in der Mitarbeitende aus weniger ausgelasteten Bereichen geschult werden, um in stärker wachsenden Segmenten eingesetzt werden zu können.
Wie entstand die neue Employer-Branding-Kampagne und was ist ihre Kernbotschaft?
Elisa De Pascalis: Der Slogan #woduzählst entstand im Rahmen einer internen Bachelorarbeit bei ODU. Dabei wurden Mitarbeitende, Führungskräfte und potenzielle Bewerbende gefragt, welche Werte sie mit ODU verbinden und was ihnen an ihrem Arbeitsplatz besonders wichtig ist.
Ein zentrales Ergebnis dieser Analyse war, dass sich die Mitarbeitenden bei ODU als wichtiger Bestandteil des Unternehmens und seiner Produkte fühlen. Sie leisten einen bedeutenden Beitrag – sei es in der Medizintechnik, der Verteidigungsindustrie oder in der Automatisierungstechnik. Diese Erkenntnis führte zur Entwicklung des Claims „Wo deine Arbeit zählt – #woduzählst“, der die individuelle Bedeutung jedes Einzelnen betont.
Der Slogan wurde schließlich von einer unternehmensinternen Grafikerin visuell umgesetzt, die auch das Design der Kampagne entwickelte. Besonders wichtig war dabei, dass der Claim vielseitig einsetzbar ist. Er kann für unterschiedliche Botschaften erweitert werden, z. B. #wodugebrauchtwirst, #woduprofitierst, #wodudeinenbeitragleistest. Der Slogan wurde intern sofort positiv aufgenommen und fand auch außerhalb des Unternehmens große Resonanz. Er bringt die Unternehmenskultur von ODU prägnant auf den Punkt und bildet die Basis für die gesamte Employer-Branding-Kampagne.
Frau Dilg, Herr Spelsberg, wie wichtig ist Employer Branding für ODU und für die Elektronikindustrie allgemein?
Spelsberg: Employer Branding ist kein kurzfristiger Trend, sondern eine langfristige Investition. Gerade im Mittelstand, wo wir nicht mit den großen Namen der Industrie konkurrieren können, ist es entscheidend, ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen und dies auch nach außen zu kommunizieren.
Dilg: Wir haben eine sehr hohe Ausbildungsquote und legen großen Wert darauf, frühzeitig junge Talente zu binden – sei es durch duale Studiengänge, Praktika oder Werkstudententätigkeiten. Mit der Employer-Branding-Kampagne setzen wir genau da an: Sie soll nicht nur nach außen wirken, sondern auch unsere bestehenden Mitarbeitenden noch stärker einbinden.
Gibt es bereits messbare Erfolge der Kampagne?
Dilg: Es ist noch zu früh für belastbare Zahlen, da wir die Kampagne erst im September 2024 gestartet haben. Was wir aber schon feststellen, ist, dass Bewerber gezielt darauf Bezug nehmen und sich angesprochen fühlen. Auch intern wurde die Kampagne sehr positiv aufgenommen – viele Mitarbeitende nutzen den Slogan kreativ weiter, beispielsweise auf Firmenveranstaltungen.
Wie wichtig ist es, auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten am Employer Branding festzuhalten?
Spelsberg: Ich bin fest davon überzeugt, dass Employer Branding keine konjunkturabhängige Maßnahme sein darf. Wer nur in guten Zeiten investiert und in Krisenzeiten zurückfährt, verliert an Glaubwürdigkeit. Wir sind ein Unternehmen, das langfristig denkt, und dazu gehört auch, kontinuierlich in unsere Arbeitgebermarke zu investieren.
(Fragen: Corinne Schindlbeck)