Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung

»Bauelektriker sind ein Flaschenhals für die Energiewende«

24. Februar 2025, 9:50 Uhr | dpa/sc
© agrarmotive/Adobe Stock

Fachkräfte für die Energiewende: Eine aktuelle Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (Kofa) am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, dass es für viele offene Stellen schlicht keine qualifizierten Bewerber gibt. Experten warnen vor den Folgen.  

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Während sich der allgemeine Fachkräftemangel in Deutschland im vergangenen Jahr leicht entspannt hat, sieht es zum Beispiel in der Bauelektrik anders aus. Hier fehlen zunehmend Fachleute, etwa um Solaranlagen und Windräder zu installieren. Laut der Studie blieben 2024 über 18.300 Stellen unbesetzt – ein Anstieg von fast drei Prozent im Vergleich zu 2023.  

„Bauelektriker sind ein Flaschenhals für die Energiewende“, erklärt Studienautor Jurek Tiedemann. Ohne sie kann der notwendige Ausbau erneuerbarer Energien nicht in vollem Tempo voranschreiten.  

Elektro-Betriebstechnik und Ingenieure ebenfalls Mangelware  

Nicht nur Bauelektriker fehlen – auch in der elektrischen Betriebstechnik gibt es große Lücken. In diesem Bereich werden unter anderem Ladesäulen für E-Autos installiert und gewartet. Hier blieben 2024 rund 14.200 Stellen unbesetzt – ein Plus von zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr.  

Auch Elektroingenieure - etwa für die Integration erneuerbarer Energien ins Stromnetz - sind rar: Über 8.500 Stellen konnten nicht besetzt werden. Besonders drastisch ist die Entwicklung in der Schweiß- und Verbindungstechnik – ein Bereich, der für den Windkraftausbau unerlässlich ist. Hier stieg die Zahl der offenen Stellen sogar um 20 Prozent auf 4.370.  

Energiekonzerne reagieren – doch reicht das?  

Angesichts des Fachkräftemangels versuchen große Energieunternehmen gegenzusteuern. Der Energiekonzern Eon hat 2024 weltweit rund 4.000 neue Mitarbeiter eingestellt, mehr als die Hälfte davon in Deutschland. Der Schwerpunkt lag auf dem Netzgeschäft, da Eon ein Drittel des deutschen Stromverteilnetzes betreibt – also genau das System, an das Windräder, Solaranlagen und Ladesäulen angeschlossen werden.  

„Die Energiewirtschaft entwickelt sich rasant. Wir brauchen Fachkräfte mit Know-how in Netzausbau, Energiespeicherung und Effizienztechnologien“, betont eine Unternehmenssprecherin. Da dieses Wissen am Arbeitsmarkt oft fehlt, setzt Eon verstärkt auf eigene Ausbildungs- und Qualifizierungsprogramme. Gesucht werden vor allem IT-Spezialisten, Ingenieure für Energietechnik und Fachkräfte für Infrastrukturprojekte.  

Eon will zudem für Mitarbeitende attraktiv bleiben, die nicht im Homeoffice arbeiten können – etwa Monteure oder Techniker. Neben flexibleren Arbeitszeiten bietet das Unternehmen eine starke betriebliche Altersvorsorge, Zusatzleistungen sowie gezielte Weiterbildungen an.  

Beim Konkurrenten RWE scheint die Lage entspannter zu sein. Zwar hat der Konzern 2024 weltweit über 2.000 neue Beschäftigte eingestellt, doch ein dramatischer Fachkräftemangel sei nicht zu spüren, heißt es. „Unsere vielfältigen Karrieremöglichkeiten machen uns zu einem attraktiven Arbeitgeber“, erklärt ein Sprecher. Auch für 2025 sind zahlreiche Neueinstellungen geplant.  

Fachkräftemangel trifft viele Branchen  

Nicht nur die Energiewende leidet unter dem Fachkräftemangel – auch andere Branchen suchen händeringend Personal. Besonders betroffen sind weiterhin das Gesundheitswesen, die Pflege sowie die Kinderbetreuung. Trotzdem gibt es eine leichte Entspannung: Insgesamt sank die Zahl der unbesetzten Stellen 2024 um fast 15 Prozent auf rund 487.000.  

Um dem Fachkräftemangel langfristig entgegenzuwirken, plädieren Experten für zwei zentrale Maßnahmen: eine verstärkte Anwerbung internationaler Fachkräfte und die gezielte Qualifizierung von an- und ungelernten Arbeitskräften. Nur so kann der Personalbedarf gedeckt und die Energiewende mit der nötigen Geschwindigkeit umgesetzt werden.


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