Eine neue Employer-Branding-Kampagne von Rohde & Schwarz hat den Deutschen Preis für Online-Kommunikation (DPOK) gewonnen und dem Unternehmen mehr Aufmerksamkeit bei der Tech-Zielgruppe verschafft. Was waren die Erfolgsfaktoren? Interview mit der Verantwortlichen Nicola Hummler.
Markt&Technik: In der Kampagne »Rowdy & who?! – This is Rohde & Schwarz« berichten Ihre Mitarbeiter ohne Skript über ihren Arbeitsalltag. Dafür gab es nun eine Auszeichnung. Was waren die Erfolgsfaktoren und gibt es schon messbare Ergebnisse?
Nicola Hummler: Ja, die gibt es. Die Aufrufe unserer Karriereseite sind im Vergleich zum Vorjahr um 65 Prozent gestiegen. Zum Beispiel stieg der Bewerbungseingang von Softwareentwicklern um 132 Prozent, der von Hardware-Entwicklern um 31 Prozent und im Systems Engineering um 98 Prozent. Für unsere erste Kampagne zur Arbeitgeberpositionierung ist das ein toller Erfolg, besonders weil unser Employer-Branding-Team noch relativ neu ist. Traditionell hatten wir den Fokus eher auf das Hochschulmarketing gelegt und uns an Studierende gerichtet.
Was die Erfolgsfaktoren betrifft: Wir sind als Unternehmen sehr technologiegetrieben und scheuen oft das Rampenlicht. Unsere Ingenieure sprechen lieber über Produkte als über Marketing. Diese Voraussetzungen machten es schwer, die erste Kampagne zu starten. Wir verzichteten bewusst auf eine Agentur und setzten auf authentischen Content von unseren Mitarbeitern an ihrem Arbeitsplatz. Nach einem internen Workshop haben wir Themen und technische Herausforderungen festgelegt, über die unsere Experten berichten sollten, um damit auch ein bisschen über uns als Firma zu sprechen.
Die Hoffnung war, dass die Unternehmenskultur bei diesem Tech-Talk mitschwingt?
Ja, wir haben nur einen Rahmen gesetzt und den Inhalt frei gelassen. Bei der Auswahl der Mitarbeiter stand die Breite der Anwendungen im Fokus, um verschiedene Divisionen und Marktsegmente abzudecken. Natürlich wollten wir auch die Diversität der Mitarbeiter zeigen, einschließlich jüngerer und älterer Kollegen sowie weiblicher Mitarbeiter. Es war uns wichtig, ein authentisches Bild zu zeigen und nicht ein verfälschtes Verhältnis darzustellen.
Wie verlief der Dreh mit den Mitarbeitern?
Wir haben mit jedem Protagonisten einen halben Tag gefilmt und hatten insgesamt 23 Protagonisten, um unsere Diversität abzudecken. Es war eine Herausforderung, das viele Material zu sichten und zu bearbeiten. Wir haben bewusst kurze Videos erstellt, um ein Gefühl zu vermitteln und keine langen, geskripteten Inhalte zu produzieren. Unser externer Filmemacher, der seit 25 Jahren für Rohde & Schwarz arbeitet, hat dabei eine große Rolle gespielt.
Sie wurden von externen Filmemachern beraten?
Unser Filmemacher macht alles Mögliche für uns, von Produktvideos bis hin zu Employer Branding. Die Konzeption lag stark bei uns. Wir wollten eine hohe Qualität und Authentizität erreichen und haben deswegen viel Zeit in die Konzeption und Umsetzung investiert.
Was hat den Ausschlag gegeben, diesen authentischen Ansatz zu wählen?
Wir sind überzeugt, dass Authentizität der einzige wirkungsvolle Ansatz ist. Der Arbeitsmarkt ist transparent, und die Zielgruppe hochintelligent. Hochglanzbilder und Pathos funktionieren nicht mehr. Es geht darum, die Zielgruppe auf Augenhöhe anzusprechen und ernst zu nehmen.
Haben Sie bereits Erfolge gemessen?
Ja, wir haben 65 Prozent mehr Besucher auf unserer Karriereseite und signifikant mehr Bewerbungen erhalten. Das Feedback unserer Recruiter war sehr gut. Die Kampagne hatte über 110 Millionen Impressions auf Social Media und wurde positiv aufgenommen. Die Integration der Videos in alle unsere Kanäle, von Stellenanzeigen bis hin zur Bewerberkommunikation, hat dazu beigetragen.
Wo wird der Fokus der nächsten Kampagne liegen?
Wir haben einen neuen Aufhänger gewählt und arbeiten mit KI-generierten Bildern als »Entry Point«, um Aufmerksamkeit zu erregen. Wir haben die KI nach ihrer Vorstellung gefragt, wie die Arbeit eines Systementwicklers bei uns aussieht. Dabei sind natürlich sehr artifizielle und überzogene Bilder entstanden. Der Link von den Bildern führt dann zu unseren authentischen Videos, sozusagen als Auflösung in die echten Arbeit bei Rohde & Schwarz. Wir haben noch viele Stunden Material, das wir nutzen können, und planen, damit weiterzuarbeiten.
Wie sehen Sie die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt?
Die wirtschaftliche Situation ist herausfordernd, deswegen besetzen wir aktuell etwas vorsichtiger. Denn es geht uns ja darum, die Mitarbeiter auch lange zu halten. Wir hatten noch nie wirklich große Entlassungswellen. Und wir sind breit aufgestellt, was uns hilft. Im Mobilfunkbereich merken wir eine Schwäche, während wir zum Beispiel im Bereich Technology Systems viele Aufträge haben, genauso wie langfristige Projekte, etwa für die Bundeswehr. Wir haben noch viele offene Stellen und wissen, wie schwer manche davon zu besetzen sind. Deswegen investieren wir weiterhin in unser Talent-Relationship-Management, um frühzeitig gute Leute an uns zu binden.
Gibt es Profile, die besonders schwierig zu besetzen sind?
Ja, besonders im Bereich Großprojekte und Systemingenieure. Diese Profile sind selten und erfordern spezielle Kompetenzen. Auch gute Softwareentwickler und -architekten sind immer gefragt. Wir arbeiten kontinuierlich daran, unsere Bekanntheit in diesen Bereichen zu steigern.
Haben Sie auch schon Erfolge in der Gewinnung von Softwareentwicklern verzeichnet?
Ja, durch die Kampagne haben wir 132 Prozent mehr Bewerbungen im Bereich Softwareentwicklung erhalten. Dennoch haben wir noch einen langen Weg vor uns, um als attraktiver Arbeitgeber bei Informatikern bekannt zu werden. Wir arbeiten weiter daran, Transparenz zu schaffen und gezielt die richtigen Profile anzusprechen.