Puls führt „New Work“ in China ein

»Damit sind wir Trendsetter«

28. Juni 2018, 10:36 Uhr | Corinne Schindlbeck
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

New-Work als Haltefaktor?

New Work soll ja Hierarchien abbauen. In Ihrem neuen Bürokomplex in München hat der neue Puls-Stil funktioniert, auch im neuen Office in Wien. Der Schritt in einen komplett anderen, hierarchisch geprägten Kulturkreis ist freilich eine andere Hausnummer.

Ich sage ja auch nicht, dass es einfach ist. Prinzipiell gilt in China: Wir können alles, und was wir noch nicht können, lernen wir. In Deutschland baut man ein Haus in fünf Jahren – in China baut man eine Stadt in dieser Zeit, auch wenn das zu Lasten der Qualität geht. Ein schönes Zitat von Grace.

Der Schlüssel heißt Aufklärung. Wir haben definiert, welche kulturellen Unterschiede es gibt und was zu berücksichtigen ist, um keine Zwei-Klassen-Hierarchie zu schaffen. Und wir haben den Nutzen von New Work für echte Innovation thematisiert. Damit konnten wir die chinesischen Mitarbeiter packen und mitreißen. Die Dynamik ist unglaublich. Dazu kommt: In China liebt man Veränderung, alles Alte kann man hinter sich lassen, um etwas Neues zu lernen! Das Warum, Wieso und Weshalb ist dabei nicht so wichtig. Darauf beruht die unglaubliche Schnelligkeit der Chinesen.

Wie sehen die New-Work-Ansätze denn aus?

Wir fragten, wer Lust habe, am New-Work-Konzept zu arbeiten. Dabei haben sich 50 von 400 Mitarbeitern gemeldet, eine stolze Anzahl. Mit ihnen ging es an die Analyse: Wann sie zur Arbeit kommen und mit welchem Verkehrsmittel. Was sie dann zuerst tun, ob sie trinken, sich umziehen, den Antrittsbesuch beim Vorgesetzten absolvieren? Wann sie kommunizieren und wo. Wir haben Listen dazu erstellt, es war ein knallharter Job, diese Dinge herauszufinden. Außerdem wollten wir unseren chinesischen Kollegen neue Arbeitsmethoden näher bringen: Was bedeutet Design-Thinking, was sind iterative Prozesse, was ist agil? Das kannten diese so in der Form nicht. Also haben wir ein pragmatisches Schulungskonzept entwickelt.

Resultat: Wir wollen den Trinkraum für Mitarbeiter zu einem Platz für Kollaboration umgestalten. Was bei uns der Kicker, ist in China die Ping-Pong-Platte. Auch Gesundheitsförderung in Form von Physiotherapie für die Hände unserer Mitarbeiter in der Fertigung wurde als wichtig erkannt, wir denken nun an einen Trainingshandschuh in einem kollaborativen Roboter, den wir mit einem Arzt gemeinsam entwickeln. Unser Vice President Manufacturing nimmt sich der Idee an, das wird als Vision weiter verfolgt.

Was haben wir dabei gelernt? Während eines solchen Prozesses kommt man auf Ideen, auf die man zu Beginn nicht gekommen wäre! Der erste Schritt ist wichtig, Iteration ist keine Schwäche oder Fehler, sondern ein Gewinn, der neue Perspektiven eröffnet. Dies zu vermitteln ist harte Arbeit.

Wo stehen Sie jetzt mit Ihrem New-Work-Konzept in China?

In unserem Workshop Mitte Juni war es uns wichtig, den Managern wie auch den Projektmitgliedern zu vermitteln, warum die Frage des „Wie und Warum“ so wichtig ist und was in diesem Zusammenhang Design-Thinking-Methoden und iterative Prozesse bedeuten. Einer unserer chinesischen Manager, David Jiang, sagte, dass er nun im Zusammenhang mit New Work die neuen Arbeitsweisen verstehe und es für ihn unglaublich inspirativ sei, über diese Arbeitsmethoden nachzudenken.

In China wechselt man gerne wegen des Geldes. Hegen Sie die Hoffnung, dass sich New Work in China irgendwann zum Halte-Faktor entwickelt, sich die Rolle des Geldes zugunsten von New Work verringert?

Es kommt tatsächlich auf die Hierachiestufe an. Im Management haben wir seit Jahren ein stabiles Team und keine Fluktuation, im Staff-Bereich sind wir vergleichbar mit Deutschland und dies ist ebenfalls gering. Anders sieht es im Operatorbereich aus, hier sind die Fluktuationszahlen natürlich deutlich höher. Wechselt man leichter für Geld? Natürlich ist es so, aber auch in unserer Region in Suzhou hat sich der Lebensstandard in den letzten Jahren deutlich verbessert und es spielen mehr und mehr auch andere Kriterien eine Rolle.

Wir wollen von 400 auf 700 Mitarbeiter wachsen. Chinesische Mütter bleiben 128 Tage zuhause und kehren dann in Vollzeit zurück. Auch in China werden Kinder länger gestillt, legt man Wert auf gesundes, schadstofffreies Essen. Das kann nie gut genug sein. Deshalb prüfen wir jetzt Nursery-Rooms, wo man Milch für sein Baby abpumpen kann, und eine Kantine, wo wir selbst nach unseren Qualitätskriterien kochen. Gesundes Essen als Mehrwert. Wir konkurrieren in China mit Bosch, Apple und BMW. Wir sind gegen diese namenhaften Unternehmen ein „No Name“ im chinesischen Arbeitsmarkt, der auf Brands, Reputation und Status steht. Wir wollen uns als mittelständisches Unternehmen ein Alleinstellungsmerkmal erarbeiten, um richtig tolle Leute anzuziehen.


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