Arbeitsmarkt für Elektroingenieure

Attraktiv – aber es kommt keiner mehr

14. Januar 2022, 14:59 Uhr | Von Dr. Michael Schanz, VDE
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Arbeitslosigkeit unter E-Ing.s hat längst ihren Schrecken verloren

Arbeitslosigkeit unter Elektroingenieuren ist schon seit Mitte der 1990er-Jahre kein Thema mehr. Ein Studium der Elektrotechnik und Informationstechnik garantiert gute Berufsaussichten. Die Wenigen, die als arbeitslos gemeldet sind, befinden sich häufig in sogenannter Sucherarbeitslosigkeit. Dennoch ist die Arbeitslosenquote unter Elektroingenieuren ein aussagekräftiger Indikator; Forscher sprechen bei einer Arbeitslosigkeit von unter drei Prozent von Vollbeschäftigung.

Wie das Diagramm zeigt, haben wir Vollbeschäftigung schon seit einigen Jahren; regionale Unterschiede liegen um zwei bis drei Prozentpunkte. Spitzenabnehmer der E-Ingenieure sind stets an vorderster Stelle die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg. Hier liegt die Arbeitslosenquote nur bei rund 1,3 (!) Prozent. Die Berufsaussichten in den neuen Bundesländern sind gut, reichen aber nicht an diese beiden Spitzenreiter heran. Die Arbeitslosenquote hat, wenn man so will, in den Jahren von 2013 bis 2019 einen Konjunkturzyklus durchlaufen. Die Schwankungen betrugen dabei weniger als einen Prozentpunkt.

Schanz_Michael
Dr. Michael Schanz ist Spezialist rund um das Studium Elektrotechnik und Informationstechnik, für Arbeitsmarkt- und Karrierethemen sowie für Weiterbildung im VDE. Der studierte Elektroingenieur mit Vertiefung in theoretischer Nachrichtentechnik war nach dem Studium acht Jahre beim Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme in der Entwicklung von intelligenten optischen Sensorsystemen tätig und ist Träger diverser Patente und Forschungspreise. Kurz nach seiner Promotion zum Dr.-Ing. wechselte er 1999 zum VDE und hat zudem ein nebenberufliches Ergänzungsstudium zum Dipl.-Wirtsch.-Ing. abgeschlossen.
© VDE

Robust und krisenfest

Der Arbeitsmarkt von Elektroingenieuren hat die Coronakrise sehr schnell überwunden. Anfang 2020 berichteten Personalberater hier und da von Hiring Freeze bzw. krisenbedingter Zurückhaltung in der Besetzung von Stellen. Doch schon ein halbes Jahr später sprachen der VDE-Ausschuss „Studium, Beruf und Gesellschaft“ von einem Ende dieses Trends; bereits zu Beginn des Jahres 2021 war die Arbeitsmarktlage wieder so rosig wie vor Corona.

Bemerkenswert: Der Sondereffekt „Coronakrise“ hat gerade mal zu einem solchen Ausschlag geführt wie die Amplitude innerhalb eines Konjunkturzyklus. Wie auch schon die Weltwirtschaftskrise 2008 hat der Arbeitsmarkt für E-Ing.s die Coronakrise gut weggesteckt, er ist robust und krisenfest. Kein Wunder eigentlich, wenn man bedenkt, wie viele neue Stellen für diese begehrte Berufsgruppe durch die Energiewende, Industrie 4.0, E-Mobilität und die Digitalisierung entstanden sind. Dies und andere interessante Facts wird der Autor demnächst in einer umfangreichen Betrachtung zum Angebot und zur Nachfrage von E-Ing.s veröffentlichen.

In den letzten fünf Jahren ist die Zahl der Stellen für E-Ing.s um durchschnittlich 6 200 pro Jahr angewachsen. Diese Stellen galt es entsprechend zu besetzen. Außerdem müssen diejenigen E-Ing.s ersetzt werden, die in den Ruhestand eintreten. Diese Zahl steigt und wird 2022 um 13.000 liegen. Nimmt man den o. g. Durchschnittswert weiterhin an, so liegt der Gesamtbedarf 2022 bei knapp 20.000 Elektroingenieuren. Demgegenüber lässt sich die Zahl der Absolvierenden recht gut prognostizieren: Etwa 8 600 E-Ingenieure werden die Hochschulen 2022 auf den Arbeitsmarkt entlassen. Seit vielen Jahren war die Diskrepanz noch nie so groß. Diese Lücke zwischen Bedarf und Angebot wurde stets mit Elektroingenieuren aufgefüllt, die aus dem Ausland angeworben wurden.

Leider ist der Trend zum Studium der Elektro- und Informationstechnik rückläufig – unabhängig von der allgemeinen Zurückhaltung, ein Studium aufzunehmen –, sodass ein immer kleinerer Anteil der jungen Menschen sich für dieses Studium interessiert und in den kommenden Jahren nicht mit Besserung zu rechnen ist. 


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