Deutschland braucht auch Fachkräfte aus dem Ausland. Doch in deren Gunst landet Deutschland nicht unter den besten zehn OECD-Staaten. Anders bei Studierenden, die im internationalen Vergleich in Deutschland beste Möglichkeiten vorfinden, besagt eine OECD-Studie.
Die Studie „OECD Indicators of Talent Attractiveness“ hat für alle 38 OECD-Länder die Rahmenbedingungen analysiert, die für qualifizierte Migrantinnen und Migranten attraktiv sind. Es sind sieben Dimensionen: Qualität der beruflichen Chancen, Einkommen und Steuern, Zukunftsaussichten, Möglichkeiten für Familienmitglieder, das Kompetenzumfeld sowie Diversität und Lebensqualität. Mögliche Hürden bei der Visaerteilung wurden in der Erhebung auch berücksichtigt.
Im Vergleich mit der Vorgängerstudie aus dem Jahr 2019 zeigen sich neue Entwicklungen. Bei hochqualifizierten Fachkräften aus dem Ausland ist Deutschland in den vergangenen drei Jahren in der Beliebtheit vom 12. Platz 2019 auf den 15. Platz zurückgefallen. Die OECD-Staaten Neuseeland, Schweden, Schweiz, Australien und Norwegen sind am attraktivsten.
Die Bedingungen in Deutschland haben sich zwar gegenüber 2019 nicht verschlechtert, aber andere Länder haben stark aufgeholt. Verbessern sollte die Bundesrepublik auf Empfehlung der Studienautoren die Chancen ausländischer Akademiker, hochqualifizierte Jobs entsprechend ihrer Kompetenzprofile zu besetzen. Auch bei der zögerlichen Einbürgerungspraxis gibt es Punktabzug. Außerdem gibt es Kritik für die „schleppende Digitalisierung“.
Bei Unternehmerinnen und Unternehmern aus dem Ausland sind Schweden, die Schweiz, Kanada, Norwegen und Neuseeland in der Gunst ganz vorn. Deutschland fällt im internationalen Wettbewerb zurück und belegt gegenüber dem 6. Platz 2019 jetzt nur noch den 13. Platz. Auch hier spielt die schleppende Digitalisierung eine Rolle – außerdem fordert Deutschland anders als besser platzierte Länder weiter ein Mindestkapital. Zudem ist die gesellschaftliche Akzeptanz von Migranten geringer ausgeprägt.
Die Rahmenbedingungen für Start-up-Gründer wurden 2023 zum ersten Mal untersucht. Die attraktivsten Länder sind Kanada, USA, Frankreich, Großbritannien und Irland. Deutschland bleibt zurück und belegt auch in dieser Kategorie nur den 12. Platz. Die Gründe: geringere berufliche Chancen, vergleichsweise wenige Erfinder und fehlende maßgeschneiderte Visa, um unternehmerische Top-Talente für das laut OECD-Studie „durchaus attraktive“ Start-up-Ökosystem zu gewinnen.
Generell schneide Deutschland bei der Digitalisierung der Visaverfahren nicht gut ab, was die Attraktivität mindere, so die Autoren. Außerdem erhält es einen Punkteabzug wegen abgelehnter Visaanträge von hochqualifizierten Fachkräften.
Besonders attraktiv ist Deutschland hingegen für internationale Studierende. Hier ist die Bundesrepublik hinter den USA auf Platz 2 vor Großbritannien, Norwegen und Australien im internationalen Wettbewerb um Talente herausragend platziert. 2019 lag Deutschland in dieser Kategorie auf dem dritten Platz. Die Bundesrepublik kann mit exzellenten Universitäten, geringeren Kosten für das Studium und guten Arbeits- und Bleibemöglichkeiten während und nach dem Studium punkten.
"Deutschland ist mittlerweile ein offenes und attraktives Land für qualifizierte Einwanderung“, so Ulrich Kober, Migrations-Experte der Bertelsmann Stiftung. "Aber bei Visaerteilung, Digitalisierung, Einbürgerung oder im Umgang mit Vielfalt besteht Handlungsbedarf, wie der vergleichsweise geringe Zuzug von Fachkräften aus Drittstaaten und die Zurückhaltung der Unternehmen bei der Anwerbung im Ausland zeigen.“