Kommentar

Viele neue Fabs – wenig Ingenieure

28. Juli 2023, 8:54 Uhr | Heinz Arnold
Heinz Arnold, stv. Chefredakteur Markt&Technik, HArnold@weka-fachmedien.de
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Neue Fabs können nicht so schnell gebaut werden wie geplant, weil Fachkräfte fehlen, sowohl auf der Baustelle als auch für das Hochfahren – und jetzt kommen sogar noch fehlende Teile für Equipment wie spezielle Dichtungen hinzu.

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Kürzlich hat ASML die Ergebnisse des zweiten Quartals bekannt gegeben. Interessant waren weniger die neuen Rekordumsätze, sondern dass nicht so viele EUV-Maschinen ausgeliefert werden konnten wie erwartet. Allerdings machte ASML nicht die derzeitige geopolitische Situation und die schwache Nachfrage dafür verantwortlich – sondern schlicht den Mangel an Fachkräften, die die Fabs bauen und die Maschinen installieren. Deshalb können die Fabs nicht so schnell fertiggestellt werden wie geplant.

Besonders dramatisch scheint die Situation in den USA zu sein, wo der Chips Act dafür gesorgt hat, dass mehr als 200 Mrd. Dollar in den Bau neuer Fabs fließen. Wegen fehlender Fachkräfte muss TSMC die Eröffnung der neuen Fab bei Phoenix/Arizona, die für 2024 vorgesehen war, auf 2025 verschieben. Außerdem transferiert TSMC Ingenieure von Taiwan auf die Baustelle in den USA, um die Fertigstellung zu beschleunigen.

Doch der Ingenieurmangel dürfte sich auch in Europa bemerkbar machen, gerade auch in Deutschland, wo die Zahl der Absolventen der Elektrotechnik schon seit Jahren rückläufig ist.

Als wäre das noch nicht genug, weht den Herstellern noch aus einer ganz anderen Richtung der Wind ins Gesicht: Materialmangel – und zwar nicht wegen Problemen in der Lieferkette, sondern weil bisher verwendete Stoffe verboten werden. Hier geht es mal wieder um PFAS. Sie finden sich in vielen elektronischen Komponenten, von Leiterplatten über Kabel bis zu ICs.

Aber auch Maschinen für die Halbleiterfertigung sind auf PFAS, insbesondere auf Perfluorkautschuk (FFKM), als Materialien für Dichtungen angewiesen. FFKM ist hitze- und formbeständig, widerstandsfähig gegenüber aggressiven Chemikalien und gibt kaum Partikel ab, die die Chips kontaminieren könnten.

Sicherlich könnten Ersatzstoffe gefunden werden – falls es genügend Ingenieure gibt, die an dem Problem arbeiten. Hier schließt sich der Kreis. Unter diesem Aspekt wäre es angeraten, über das Rennen um die höchsten Subventionen nicht die Ausbildung zu vergessen. Wo sollen denn die Ingenieure herkommen, die die neuen Fabs am Laufen halten und dafür sorgen, dass die vielen Zulieferer sie mit den richtigen Materialien und Maschinen versorgen können?


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