Thermisches Management

Dem Verschleiß entgegentreten

30. Oktober 2014, 8:50 Uhr | Dr. Martin Schulz
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Auf Lebensdauer auslegen

Bild 3: Mikroskopaufnahme einer Bonddrahtabhebung als Folge von Power-Cycling
Bild 3: Mikroskopaufnahme einer Bonddrahtabhebung als Folge von Power-Cycling
© Infineon Technologies

Für den Fall, dass sehr kurzfristig Leistung ansteht, entsteht die größte Temperaturerhöhung nur in den Bonddrähten. Dieser Temperaturhub verändert – neben anderen Effekten – die Länge des Drahtes. Da beide Enden fixiert sind, entsteht eine mikroskopische Biegung, welche die Verbindungsstelle mechanisch stresst. Das kann dazu führen, dass der Bonddraht abhebt (Bild 3). Dieser Fehlermechanismus wird als Power-Cycling bezeichnet.

In der Entwicklungsphase praktisch jedes elektronischen Gerätes ergibt sich eine Einheit aus Leistungselektronik, Kühlkörper, Wärmeleitmaterial und Lastprofil. Aus dieser Betrachtung lässt sich die Chiptemperatur vorhersagen. In der Regel liefern Halbleiterhersteller Daten, die es dem Entwickler erlauben, die Anzahl der Zyklen zu bestimmen, die ein Halbleiter übersteht. Basis hierfür ist das zuvor ermittelte Temperaturprofil. Sind die Zyklen pro Zeiteinheit bekannt, lässt sich die Nutzungsdauer sehr genau vorausberechnen. Der wiederkehrende Kompromiss bei der Auslegung der Leistungselektronik ist, dass auch finanzielle Aspekte zu berücksichtigen sind, da sich ein zu konservatives Design eventuell als nicht wettbewerbsfähig erweist.

Über die vergangenen Jahre ist die Stromtragfähigkeit der Leistungshalbleiter kontinuierlich gestiegen, was zu größeren Leistungsdichten in Halbleitermodulen geführt hat. Obwohl sich das Volumen bei den Endgeräten nicht in gleichem Maße reduziert hat wie bei den Halbleitern, sind immer kleinere Chips die treibende Kraft hin zu kompakteren und kostenoptimierten Designs. Da die Stromdichte in den Halbleitern [A/cm²] schneller gewachsen ist als ihre Effizienz, ist die Verlustleistungsdichte [W/cm²] ebenfalls gestiegen. Dies hat dazu geführt, dass die Chiptemperatur kontinuierlich gestiegen ist. Die Möglichkeit, die sich für den Entwickler in diesem Zusammenhang auftut, ist eine Balance zwischen Vergrößerung entweder der Lebensdauer oder der Ausgangsleistung, gegebenenfalls auch beides in gewissem Rahmen.

Bild 4: Entwicklung eines PIM-Modules für 1200 V/15 A von 1989 bis 2006
Bild 4: Entwicklung eines PIM-Modules für 1200 V/15 A von 1989 bis 2006
© Infineon Technologies

In Bild 4 ist die Entwicklungsgeschichte eines Leistungshalbleiters mit 1200 V Sperrspannung und 15 A Nennstrom dargestellt. Das Modul beinhaltet einen Gleichrichter, den Brems-Chopper und einen B6-Wechselrichterteil. In weniger als 20 Jahren hat sich das Volumen der Baugruppe um 70% verkleinert, und das Gewicht sank von 180 g auf 24 g.

Bezüglich des zur Verfügung stehenden thermischen Budgets ergeben sich für das Design mehrere Optionen:

  • Der Betrieb der neuen Chipgeneration bei gleicher Temperatur führt zu einem Gewinn an Lebensdauer.
  • Die Verwendung kleinerer Kühlkörper bei Beibehaltung der Ausgangsleistung reduziert den Materialeinsatz und ermöglicht die gleiche Lebensdauer trotz höherer Temperatur.
  • Die Ausnutzung des vorhandenen Kühlkörpers und der höheren Temperatur ermöglicht bei gleicher Lebensdauer die Erhöhung der Ausgangsleistung.

Technologisch sind heutige Halbleiter bereits an den Grenzen dessen angekommen, was die Physik ermöglicht. Daher müssen neue Technologien angewendet werden, um mit den stetig wachsenden Anforderungen in Zukunft Schritt halten zu können.


  1. Dem Verschleiß entgegentreten
  2. Auf Lebensdauer auslegen
  3. Neue Möglichkeiten bei der Verbindungstechnik
  4. Probleme bei den Wärmeleitmaterialien

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